~Kai~
Schon seit ich denken konnte, war da immer so ein Gefühl in mir. Ein Gefühl, was ich nicht beschreiben konnte. Ich würde nicht sagen, das es eine Emotion war, auch kein Schmerz. Irgendwie einfach nur ein Gefühl.
Es kam immer unerwartet, wie aus dem nichts. Meistens wollte es mir immer etwas mitteilen. Ob dies gut oder schlecht war, konnte ich nie sagen. Es war wie eine innere Stimme, die mir sagte, dass in der nächsten Zeit irgendetwas passieren würde.
Und genau dieses Gefühl bekam ich, als ich vor unserer Haustür angekommen war. Was das wohl zu bedeuten hatte? Hoffentlich nichts schlimmes. Denn das letzte mal, als ich das Gefühl bekommen habe, war es der Tag, an dem sich mein ganzes Leben verändert hatte.
Ich spürte bereits meine ansteigende Nervosität, die mit meiner Angst einherging. Was wenn doch wieder etwas schlimmes passiert war? Aber das würde ich nur herausfinden, wenn ich ins Haus gehen würde. Also kramte ich in meinem Rucksack nach dem Schlüssel und schloss die Tür auf.
Und schon, als ich den ersten Schritt über die Türschwelle gesetzt hatte, wusste ich sofort, was los war. Es war der Geruch von Alkohol, der mir dies verraten hatte. Ich seufzte tief. Ich wusste nun, was auf mich zukommen würde.
Langsam ging ich Richtung Wohnzimmer, der Geruch von Alkohol wurde immer stärker und ich machte mich bereits auf das Bild gefasst, was sich mir gleich bieten würde.
,,Es tut mir leid Kai...ich verspreche dir, dass es niemals wieder passieren wird."
Ich erinnerte mich an Mums Worte zurück, als sie das letzte mal soviel Alkohol getrunken hatte. Sie musste ins Krankenhaus eingeliefert werden, da sie davon eine schwere Alkoholvergiftung erlitten hatte.
,,Ich wusste einfach nicht, was mit mir los war. Ich habe keine Kontrolle mehr über mein Handeln gehabt. Ich vermisse sie einfach so sehr."
Ein Kloß hatte sich in meinem Hals gebildet und da waren wieder Tränen, die sich auf den Weg zu mir machen wollten. Doch diesmal nicht! Ich musste stark bleiben. Diese Tränen werde ich nicht zulassen.
Und dann hatte ich auch schon das Wohnzimmer betreten. Ich zog scharf die Luft ein, als mein Blick auf meine Mutter fiel. Auch wenn ich diesen Anblick schon einmal miterlebt hatte, nahm er mich auch dieses mal wieder ziemlich mit.
Sie lag auf dem Boden, der Fernseher lief im Hintergrund und ich war mir nicht sicher, ob sie wieder bewusstlos war, oder doch nur schlief. Um sie herum lagen vier Weinflachen verteilt, drei davon waren geleert und nur eine davon war noch halb voll.
Ich musste schlucken. War es etwa meine Schuld, dass es so weit kommen musste? Sie musste sich verdammte Sorgen um mich gemacht haben...Und ich Idiot habe mich nichtmal bei ihr gemeldet, als ich die vielen Anrufe von ihr bemerkt hatte.
Und auch wenn mir bewusst war, dass das alles meine Schuld war, keimte sich dennoch Wut und Enttäuschung in mir auf. Sie hatte immer von Vertrauen gesprochen und das Versprechen nicht gebrochen werden durften....und jetzt? Jetzt fiel sie ihren eigenen Worten in den Rücken.
Verdammt, Kai! Was denkst du denn da?! Der einzigen Person, der du Vorwürfe machen solltest, bist ganz allein du selbst! Ich muss das wieder in Ordnung bringen. Doch ich wusste, dass ich dies niemals wirklich können würde.
Langsam und so leise wie möglich, lief ich auf sie zu und kniete mich neben sie. Ein paar nasse Haarsträhnen klebten ihr im Gesicht, was mich daraus schließen ließ, dass sie geweint hatte. Sie sah verdammt blass aus...
Ich biss mir auf die Lippe und atmete einmal tief ein. Wie schrecklich konnte ein Sohn nur sein? Ich hasste mich dafür, dass ich sie einfach ignoriert hatte, obwohl ich genau wusste, was sie in letzter Zeit alles durchmachen musste.
Und schon kam die erste Träne. Schnell hob ich meine Hand und wischte sie mir weg. Ich konnte noch später weinen, erstmal war es meine Aufgabe Mum zu helfen.
Ich packte sie an den Schultern und rüttelte sie sachte. ,,Mum...?", flüsterte ich, in der Hoffnung, dass sie nicht bewusstlos war. Doch sie regte sich nicht. Ich rüttelte sie ein zweites mal, aber immer noch nichts.
Ich tat es ein drittes mal und war gerade dabei mich meiner Panik komplett hinzugeben, doch dann bewegte sich ihr Arm etwas, was mich vor Erleichterung laut aufseufzen ließ.
,,Kai?", murmelte sie und hatte ihre Augen einen Spalt geöffnet.
,,Ja, Mum...ich bin es, ich bin hier."
Sie griff nach meiner Hand und drückte sie fest. Erneute Tränen liefen über ihre Wangen.
,,Du bist hier...du bist hier...", weinte sie mit gebrochener Stimme.
,,Ja...mir geht es gut. Ich bin hier...", murmelte ich und drückte ihre Hand noch fester. Was habe ich nur getan?
,,Ich bin ja so froh, dass dir nichts passiert ist...", mittlerweile waren es ein Wasserfall aus Tränen geworden.
,,Ich würde dich niemals alleine lassen...", flüsterte ich und sah ihr dabei fest in die Augen.
Sie nickte und ein leichtes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. Die Tränen wurden etwas weniger, dennoch zitterte sie am ganzen Körper.
,,Komm...Ich helfe dir, dich in dein Zimmer zu bringen.", sagte ich und lockerte meinen Griff um ihre Hand.
Sie nickte wieder und wischte sich zitternd ein paar Tränen von ihren Wangen.
Ich erhob mich und griff nach ihrer Hand, die sie mir hinhielt. Ich zog sie daraufhin hoch und legte ihren Arm um meine Schultern. Dann stützte ich sie Richtung Treppe, rauf in ihr Zimmer.
Ich war verdammt erleichtert, dass es nicht so schlimm wie beim letzten Mal geendet war. Wenn dieser Tag heute auch noch im Krankenhaus geendet wäre...das wollte ich mir gar nicht vorstellen.
In ihrem Zimmer angekommen, legte ich sie vorsichtig ins Bett und deckte sie zu.
,,Soll ich dir noch ein Glas Wasser bringen?", fragte ich sie, als ich ihr Zimmer wieder verlassen wollte.
Sie lächelte müde. ,,Danke...das wäre schön."
Ich nickte und schloss ihre Tür und fand meinen Weg zurück ins Wohnzimmer. Dort sammelte ich die Weinflaschen ein und nahm sie mit in die Küche. Ich holte ein Glas aus dem Schrank, was ich dann mit Wasser füllte.
Für einen kurzen Moment stützte ich mich auf der Arbeitsfläche ab und atmete einmal tief durch. Und wie aus dem nichts rannten mir Tränen über die Wangen, die ich aber beschloss zuzulassen. In innerhalb von einem Monat, war mein Leben so dermaßen den Bach runtergegangen, wie ich es mir hätte nie vorstellen können.
Und ich war müde. Ich war verdammt müde, von all dem Schmerz und der Trauer. Ich wünschte mir nichts mehr, als das es alles bald ein Ende nehmen würde.
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Ninjago ~Verlorene Seelen~
FanfictionDann ist da dieser eine Moment, wo einem bewusst wird, dass das Leben was man hat, nichts anderes als eine große Lüge ist. Das alles was man geglaubt hat zu sein, sich bloß als Schatten einer schrecklichen Wahrheit herausstellt. Und dann...beginnt m...