Kapitel 5

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~Kai~

Skylor hatte mich zurück ins Schulgebäude geführt, wo sich aufgrund der Mittagspause keine Menschenseele befand. Nun liefen wir schweigsam durch einen der leergefegten Flure und mein Unbehagen wuchs mit jeder Sekunde stetig weiter. Irgendwie hatte ich ein ganz mieses Gefühl bei der Sache...Und mittlerweile bereute ich es auch mit ihr mitgegangen zu sein. Denn so wie ich Skylor kannte, konnte das ganze nichts gutes bedeuten.

Am Ende des Flures blieb sie letztendlich stehen und drehte sich zu mir, sodass sie mir genau gegenüber stand. Ich bemerkte noch, wie sie einen kurzen Blick über meine Schulter warf, wahrscheinlich um zu kontrollieren, das uns auch bloß keiner gefolgt war. Okay...jetzt konnte ich mir definitiv sicher sein, dass sie nichts gutes im Schilde führte.

Und als sie mir letztendlich in die Augen sah, änderte sich ihr zuvorkommendes und freundliches Gesicht schlagartig in einen Gesichtsausdruck, der ihre wahre Persönlichkeit preisgab. Es war, als hätte sie eine Maske getragen und sich nun entschieden sie abzunehmen, nur um mir ihr wahres Gesicht zu offenbaren. Eins musste ich ihr lassen, sie war eine verdammt gute Schauspielerin.

,,Ich möchte jetzt nicht lange drumherum reden, Kai...also sage ich es dir jetzt einfach direkt", sie machte eine kurze Pause und blickte mir noch um einiges Intensiver in die Augen, was ich verdammt gruselig fand. ,,Halt dich von Lloyd fern, sonst wirst du mich richtig kennenlernen."

Warum habe ich schon geahnt, dass so etwas in dieser Richtung kommen würde. ,,Und wenn ich das nicht tue?"

Sie funkelte much wütend an. ,,Wie ich bereits gesagt habe, du wirst mich richtig kennenlernen. Und du weißt wozu ich fähig bin!"

Ja, das wusste ich. Und wie ich das wusste. Doch sie hatte nicht das Recht mir auch nur irgendetwas vorzuschreiben!

,,Und wer gibt dir das recht mir das vorzuschreiben?", fragte ich sie wütend.

,,Ich dachte Lloyd würde dir was bedeuten."

Was sollte das denn jetzt?! ,,Das tut er auch!"

Skylor blickte mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. ,,Das sah die letzten Jahre aber anders aus."

Was bitte wollte sie damit erreichen?! ,,Ich denke nicht, dass du das beurteilen kannst!"

,,Ach wirklich? Wer hat sich denn die letzten sechs Jahre kein einziges mal bei seinem ,,angeblichen" besten Freund gemeldet?"

Ich schwieg. Plötzlich machte sich ein erdrückendes Gefühl in mir breit.

,,Keine Nachricht, kein Anruf, nichtmal einen Brief. Absolut rein gar nichts." Sie lächelte mich scheinheilig an. ,,Und du willst mir sagen, dass man so mit seinem besten Freund umgeht?"

Ich biss mir fest auf die Lippe und ballte meine Hände zu Fäusten. Nein, das tut man nicht, verdammt!

,,Ich frage mich ja, was es für einen Grund geben muss...Welcher Grund ist gut genug, dass du ihm so etwas antun musstest."

Ich spürte ein brennen in meinem Inneren. Ein unerträgliches brennen von Schuldgefühlen. Ja, Kai! Erkläre es mir! Was war der Grund?!

Skylor lächelte mich gespielt verständnisvoll an. ,,Hör zu Kai...Lloyd leidet wegen dir. Das hat er in der Vergangenheit, in der Gegenwart und das wird er auch immer noch in der Zukunft tun, wenn du nicht endlich mal aus seinem Leben verschwindest. Du tust ihm nicht gut. Wegen dir geht es ihm schlecht. Er war heute wie ausgewechselt, als er dich gesehen hat. Allein unter deiner Anwesenheit leidet er."

Ihre Worte fühlten sich wie Messerstiche an. Wie tiefe Schnitte und Schläge, die sich in mein innerstes hineinbohrten und mir die Luft zum atmen nahmen. Und das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass sie recht hatte. Und das war ihr bewusst, denn sie grinste mich mich mit solch einem Triumph und solch einer Schadenfreude an, dass man da drin hätte ertrinken können.

Ich wollte mich wehren, irgendetwas kontern. Ich wollte mich so verhalten, wie es der Kai von früher getan hätte. Doch ich war zu nichts anderem Fähig, als sie gelähmt und schweigend anzustarren.

,,Lass dir einfach eins gesagt sein, Kai. Die Zeiten haben sich geändert. Du bedeutest Lloyd rein gar nichts mehr. Er würde dir das alles sowieso nie verzeihen. Also tue euch doch beiden den gefallen und verschwinde einfach aus seinem Leben. So bleibt euch beiden viel Leid erspart."

Ihre Worte hatten mich so sehr benebelt, dass ich nichtmal die näher kommenden Schritte wahrnahm, die Skylor dazu gebracht hatten, ihre Maske wieder aufzusetzen.

,,Also Kai, denke am besten nochmal in Ruhe über meinen Worte nach", sagte sie so laut, sodass es auch die näher kommende Person hören konnte. Dabei lächelte sie mich wieder so freundlich und zuvorkommend an, als hätten die letzten paar Minuten nie existiert.

,,Kai? Skylor? Alles in Ordnung? Was macht ihr beide überhaupt hier?", fragte uns niemand geringeres als Sensei Garmadon, der bei uns zum stehen gekommen war.

Ich war immer noch nicht in der Lage zu sprechen, was der Sensei scheinbar bemerkte, da er uns beide misstrauisch musterte.

,,Alles bestens, Sensei Garmadon. Wir haben uns gerade nur ein wenig unterhalten, nicht wahr, Kai?", dabei blickte mich Skylor erwartungsvoll an.

Ich redete immer noch nicht und ich hatte dies auch nicht mehr vor, darum nickte ich. Natürlich hätte ich dem Sensei erzählen können, was hier wirklich vorgefallen war, aber das hätte alles sicherlich nur noch schlimmer gemacht. Außerdem hatte Skylor auch irgendwie recht...hier hatte nur eine Unterhaltung stattgefunden. Ich musste mich selbst darum kümmern.

Doch der Sensei schien dem ganzen immer noch nicht recht zu glauben. ,,Sicher, Kai?", fragte er mich und legte seine Stirn in Falten.

,,Ja", murmelte ich leise, obwohl ich doch eigentlich nicht vorgehabt hatte, meine Stimme zu benutzen.

,,Sie wissen doch, wie schweigsam Kai momentan ist", erwiderte Skylor daraufhin und blickte zu mir. ,,Aber ich bin mir sicher, dass es schon wieder wird", dabei grinste sie und zwinkerte mir zu.

Wie falsch konnte ein Mensch nur sein...ich spürte schon den kommenden Würgereiz, der sich seinen Weg zu mir bahnte.

Garmadon blickte Skylor eine zeitlang schweigend an und richtete seinen Blick dann auf mich. ,,Skylor, ich denke es wäre besser, wenn du jetzt zum nächsten Unterricht gehst", sagte er ohne sie dabei anzusehen, da sein Blick immer noch auf mir lag.

,,Natürlich, Sensei, wie Sie wollen." Mit diesen Worten machte Skylor kehrt und lief den Flur entlang zurück, bis sie irgendwann nicht mehr in unserem Blickfeld war.

Dann richtete Garmadon seine Aufmerksamkeit wieder mir zu. ,,Du weißt, dass ich dir kein Wort glaube, oder? Schon gar nicht nachdem, was heute in der Klasse passiert ist."

Ich sah ihn kurz an, dann senkte ich meinen Blick und seufzte.

,,Kai? Was ist passiert?"

Warum fragte er mich so aus? Er hatte doch sonst nie so große Interesse an einem Schüler gezeigt.

,,Es war wirklich nichts. Wie Skylor schon sagte, lediglich eine Unterhaltung."

,,Ich denke nicht, dass Tränen deine Wangen runterlaufen würden, wenn nichts gewesen wäre."

Was? Tränen? Schnell fasste ich zu meiner Wange, die tatsächlich nass war. Bemerke ich jetzt nichtmal mehr, wenn ich weinte?! Hoffentlich hatte Skylor das nicht gesehen, das wäre nur noch mehr Genugtuung für sie gewesen. Wie ich Tränen hasste! Ich muss mich dringend unter Kontrolle bekommen!

Ich war absolut überfordert mit der Situation. Das einzige was ich wusste war, dass ich weit weg von hier wollte. ,,Ich sollte jetzt besser auch zum nächsten Unterricht gehen", sagte ich zum Sensei gewannt und war auch schon losgelaufen.

,,Kai, jetzt warte!", hörte ich ihn noch rufen.

Doch ich ignorierte ihn und lief nur noch schneller. Aber nicht zum nächsten Unterricht, sondern wirklich weg von hier. Denn das wollte ich, nur noch weit weg von hier.

Ninjago ~Verlorene Seelen~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt