Wir denken immer, dass wir die Hauptdarsteller unserer Geschichte sind, und meistens sind wir das auch. Doch manchmal benutzt uns unsere eigene Geschichte, und gibt uns weiter als die Hauptperson aus, auch wenn wir das schon gar nicht mehr sind, und die Geschichte ohne uns weiterfließt. Und trotzdem vergessen wir, dass wir jeden Tag, jede Minute der Nebendarsteller einer komplett anderen Geschichte sind, die sich mit unserer kreuzt, sei es auch nur für ein paar Sekunden auf der Straße. Doch manche Geschichten kreuzen wir länger und hinterlassen unsere Spur. Bei manchen Leuten sind das Narben im Herz, bei anderen nur ein flüchtiger Eindruck von uns selbst. Und man vergisst, während man auf der Straße wandelt, und versunken ist, in Gedanken oder Musik, dass jeder Nebendarsteller, der in diesem Moment an einem vorbei eilt, seine eigene Geschichte hat. Und bei den Wenigsten ist sie durchgehend glücklich. All diese Menschen, mit ihren Geschichten, werden zu einem großen Ganzen. Einer undeutlichen Masse, in die einem immer nur kurze Einblicke gewährt werden. Immer wenn sich eine Linie mit der unseren kreuzt, verweben sie sich miteinander, bis ein Teppich entsteht. Ein unglaublich großer, bunter Teppich, der an jedem Zentimeter anders aussieht. Und immer wenn in diesen Teppich ein Loch gerissen wird, wird auch ein Mensch aus dem Leben gerissen. Doch dieses Loch wird gestopft. Auch die Löcher, die in unseren Herzen bleiben, nachdem ein weiterer Faden gerissen ist, werden wir versuchen zu stopfen. Das wird jedoch niemals ganz gelingen. So wie man einen Teppich niemals so flicken kann, dass man nicht mehr erkennt, dass dort ein Loch war. Doch gerade diese Risse und Löcher in unseren Herzen, die selbst bei kleinen Anlässen entstehen, machen uns zu dem was wir sind.
Wir sind angeritzte Fäden.
Wir sind ein gestopfter Teppich.
Wir sind unvollständige Geschichten, die verlangen geschrieben zu werden.
