5. Kapitel

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Der nächste Tag in der Schule begann ganz normal, wofür ich echt dankbar war.
Kein leises, schleichendes Gefühl, keine Übelkeit, kein plötzliches Verschwinden sonst wo hin.

Als ich die Klasse betrat und mich an meinen Platz setzte, konnte ich die stechenden Blicke praktisch spüren, die mir in den Rücken gebohrt wurden.
Anscheinend fragte sich hier jeder, warum ich gestern erst einen Schwächeanfall bekommen hatte und danach Hals über Kopf aus dem Zimmer gerannt war.

Naja gerannt war ich ja nicht ganz.
Aber es kam dem ganz nahe...

Ich steckte mir die Kopfhörer in die Ohren und machte die Musik laut.
Vielleicht würden sie mich ignorieren, wenn ich sie ignorierte.

Plötzlich stand Isa vom anderen Ende des Raumes auf und stellte sich vor meinen Tisch, ihre Freundin, Jessi Hale folgte ihr.

Das mit dem Ignorieren schien dann wohl nicht zu funktionieren.

Ich hob meinen Kopf und sah Isa in die Augen, dabei nahm ich einen Kopfhörer raus und lies den anderen absichtlich drin.

,,Hallo Isa", begrüßte ich sie, Jessi nickte ich höflich zu.

Isa und ich konnten uns seid Jahren nicht leiden. Das Ganze hatte wohl damit begonnen, dass ich ihr damals, in der fünften Klasse, versehentlich meinen Tee über das neue Handy geschüttet hatte, welches darauf hin nicht mehr funktionierte.

Natürlich hatte ich mich tausend Mal bei ihr entschuldigt, aber sie war der festen Überzeugung gewesen, ich hätte es mit Absicht gemacht und nahm mir den verschütteten Tee sehr persöhnlich.

Am Tag darauf hatte ich Nacktschnecken in meinem Spint gefunden.
Nacktschnecken!

Die hatte sie mit Sicherheit nicht selber aufgesammelt und darein gelegt, dafür hatte sie schon damals ihre Freunde gehabt, die alles machten was sie sagte.

,,Hallo April", erwiederte sie und verzog ihre Lippen zu einem unechten Lächeln.
,,Geht es dir heute besser?"

Ich lächelte genau so unecht zurück.

,,Ja, danke der Nachfrage", antwortete ich.

,,Das muss dir gestern ziemlich unangenehm gewesen sein", mutmaste sie.

,,Was den ?", fragte ich, als ob ich keine Ahnung hätte, was sie meinte.

,,Der kleine Schwächeanfall. Und dass du danach einfach gegangen bist. Das hat für ziemlich großes Aufsehen gesorgt, weisst du", säuselte sie und warf mir einen gespielten, mitleidigen Blick zu.
Jessi im Hintergrund nickte heftig, wie zur Bestätigung.

,,Isa, was möchtest du damit erreichen?", fragte ich ganz ruhig. Ich war heute nicht in der Laune für Spielchen. Wenn sie mich demütigen wollte, gerne. Aber das würde ich nicht so einfach hinnehmen.

Sie blinzelte unschuldig.
,,Gar nichts, wirklich gar nichts! Ich wollte dir doch nur sagen, wie leid es mir tut!", sie wurde bei jedem Wort lauter und hob nun theatralisch ihre Hand auf die Brust.

Ich sah mich um.
Ein paar einzelne Blicke richteten sich auf uns.

,,Das ist nett von dir", sagte ich genau so laut und in leisem Ton fügte ich hinzu : ,,Dann kannst du ja jetzt gehen".

Ihre Augen blitzen auf.
,,April, du bist ja so unhöflich! Da möchte einmal jemand nett zu dir sein und du musst ihn direkt beleidigen!"

Wieder ein heftiges Nicken von Jessi und ein enttäuschtes Seufzen von Isa.

Beleidigen!? Wo hatte ich sie den beleidigt?

Bevor ich richtig wütend werden konnte, betrat unsere Lehrerin den Raum. 

Timeless - a journey through all timesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt