4. Kapitel

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Ich kam Zuhause an und lies meine Schultasche achtlos in die nächst beste Ecke fallen.

,,Bin Zuhause!", rief ich

Keine Antwort.
Ich runzelte die Stirn. Sonst antwortete mir immer jemand. War keiner Zuhause?

,,Hallo?"

Immer noch nichts.

Nachdem ich das leere Wohnzimmer abgecheckt hatte, ging ich die Treppen nach oben und suchte die gesamte Etage ab.
Ich öffnete die Tür zum Zimmer meines Bruders, welches stockdunkel war.

Blind suchte ich die Wand nach dem Lichtschalter ab und als meine Finger ihn fanden, knipste ich das Licht an.

,,April! Mach das aus!", eine beleidigte Stimme kam vom anderen Ende des Raumes.
Schmunzelnd schaltete ich es wieder aus, dann setzte ich mich an das Bett meines Bruders.

,,Na? Wie war die Schule?", fragte ich ihn.

Er war sechs Jahre alt, vor wenigen Monaten eingeschult worden und hatte es bereits geschafft, jede Menge Freunde zu haben.
In dem Punkt war er begabter als ich.

,,Gut", grummelte er.

Ich schien ihn geweckt zu haben.

,,Wo ist Dad?", fragte ich.

,,Nicht hier", antwortete er.
Ich verdrehte die Augen.
Hilfreiche Antwort.

Dann stutzte ich. Seid wann lies mein Vater einen sechsjährigen schlafend und allein Zuhause?

Ich knipste das kleine Lämpchen auf dem Nachttisch neben dem Bett an, um ihn besser sehen zu können, das war wenigstens nicht ganz so grell.
Mein kleiner Bruder wollte wieder anfangen rumzumurren, doch ich unterbrach ihn.

,,Jakob, Dad hat dich hier allein gelassen?"

Er zuckte mit den Schultern.
,,Er meinte er muss dringend los. Und ich war zu müde, also bin ich hoch gegangen".

Nachdem ich ein paar Mal nachdenklich geblinzelt hatte, trat Stolz in meine Augen. Er traute sich eigentlich noch gar nicht, alleine Zuhause zu sein. Leise stahl sich ein Lächeln auf meine Lippen.
Anscheind änderte sich das gerade.

Langsam stand ich auf und bemühte mich um einen betont gleichgültigen Blick. Jakob musste ja nicht denken, ich würde nicht glauben, er könne allein Zuhause sein.

,,Soll ich uns Nudeln machen?"

Seine Miene erhellte sich, mit leuchtenden Augen sprang er auf.
,,Ja!"

Als ich nach dem Essen meinem Bruder bei seinen Hausaufgaben zusah, musste ich wieder an meinen Vater denken.
Ich war zwar seine leibliche Tochter, Jakob aber war adoptiert.

Nachdem meine Mutter Susan verschwunden war, war mein Vater für lange Zeit in ziemlich tiefer Trauer versunken und hatte aufgehört sich um mich zu kümmern, damals gab es Jakob noch gar nicht. Vorübergehen war ich zu meinen Großeltern gekommen, solange bis mein Vater sein Leben wieder auf die Reihe bekam.

Es hatte fast ein ganzes Jahr gedauert, bis er irgendwann vor der Tür stand, mit einem breiten : Hey-dein-Vater-ist-zurück-Grinsen und mich daraufhin wieder zu sich nahm.

Das Ganze war nun schon sieben Jahre her.
Ein Jahr später adoptierte er meinen kleinen Bruder Jakob, als Baby.

Er wollte mir wohl ein Geschwisterkind ermöglichen, meine Großeltern hatten mir aber mal stolz erzählt, dass er in mir soviel Glück gefunden hat, dass er ein weiteres Kind großziehen wollte.
Er liebte uns abgöttisch und ich konnte mir keinen besseren Vater vorstellen.

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