Kapitel 18

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Lulu hielt ihren Bogen weiterhin gespannt. Die Pfeilspitze zeigte auf den Boden, aber Sie war jederzeit bereit den Pfeil auf Joyce zu richten. „Hört auf mit dem Quatsch, das führt doch zu nichts!“, versuchte Joel die beiden zu überzeugen. Niemand von beiden wagte es jedoch, sich auch nur ein wenig aus seiner jetzigen Position zu befreien. „Das ist kein Quatsch, Joel! Es sind nicht mehr viele am Leben. Wir können ihr nicht trauen.“ Misstrauisch blickte Joyce zu Lulu. Diese nahm jedoch den Pfeil aus der Sehne und ließ ihn sinken. „Wenn du meinst, dass ich eine Bedrohung bin…bitte. Hier hast du den Beweis, dass es nicht so ist. Töte mich ruhig, aber du wirst es eh nicht schaffen.“ Sie ließ ihren Bogen samt Pfeile und Köcher zu Boden fallen. Ebenso ihren Rucksack. Joyce war sich auf einmal nicht mehr ganz sicher, was Sie tun sollte. Einen Moment später lockerte Sie dann ihren Griff um die Machete und ihre Muskeln entspannten sich wieder ein wenig. „Was tust du hier?“ „Was wohl? Rum laufen und auf den Tod warten.“, sagte Lulu und rollte innerlich mit den Augen. Joyce musterte Sie immer noch von oben bis unten. „Bist du alleine?“ „Kann man wohl sagen. Eigentlich war ich mit Jordan zusammen auf dem Weg zum See, um unsere Flaschen aufzufüllen, aber er hat sich von mir getrennt.“ Joel runzelte die Stirn. „Wieso das denn?“ Lulu zuckte mit den Schultern. „Ist doch egal.“, antwortete Sie knapp. „Na gut, wenn du meinst. Aber das passt doch.“ „Inwiefern passt es, dass Jordan gegangen ist?“ Lulu blickte Joel an. „Nein, nicht das. Ich meine, dass du zum See musst. Wir müssen nämlich-" „-Nicht dahin.“, unterbrach Joyce ihre Schwester mitten im Satz. „Geh du nur zum See, wir kommen schon alleine klar.“ Lulu wusste genau, dass Joyce Sie nicht da haben wollte und ihr nicht traute. Sie selbst mochte Sie auch nicht, also nickte Sie nur. „Schon klar, ich versteh schon.“ Bevor Joel noch etwas erwidern konnte schnappte Sie sich ihre Sachen vom Boden und ließ die beiden alleine stehen. Sie machte sich auf den Weg zum See.

Wie lange würde es wohl noch dauern, bis Sie tot war? Wann war ihr Leben zu Ende? Wer würde ihr Mörder sein, wenn es so weit war? Unzählige Fragen schossen ihr durch den Kopf. Erst jetzt realisierte Sie, dass das schlimmste wahrscheinlich erst kommen würde. Die Handteller großen Käfer fand Sie schon widerlich. In den letzten Jahren hatte Sie die Hungerspiele durch das Fernsehen verfolgt und wusste, dass die Spielemacher immer etwas für die Tribute bereit hielten. Es war bis jetzt noch nie vorgekommen, dass ihnen keine Ideen mehr eingefallen waren. Schon immer hatten Sie ein Ass im Ärmel gehabt, um es den Jugendlichen schwieriger zu machen. Durch das viele Nachdenken war Lulu plötzlich unaufmerksamer geworden. Sie zuckte vor Schreck zusammen, als ein Vogel durch die Baumkronen in den Himmel flog. Ängstlich drehte Sie sich im Kreis, doch es war nur der Vogel gewesen. Niemand war in der Nähe. Lulu spähte zwischen den Kiefern hindurch und konnte das steinerne Seeufer erkennen. Das Wasser schien ruhig, als wenn eine Glasplatte darüber gelegt wurde. Leise schlich Lulu näher heran. Sie schaute kurz nach links und rechts. Niemand war zu sehen. Also rannte Sie etwas gebückt zum Ufer. Schnell ließ Sie das Wasser in ihre Flasche laufen. Für einen kurzen Moment schweifte ihr Blick hoch zum Himmel. Die Sonne war schon wieder dabei unterzugehen. Kam es ihr nur so vor oder wurden die Tage in der Arena immer kürzer? Schließlich sah Sie am Horizont etwas seltsames. Die Wolken färbten sich dunkel und sahen so schwer aus, dass Lulu fast glaubte Sie würden gleich vom Himmel fallen. Das bedeutete nichts Gutes. Sie verharrte kurz in der Position. Dann schraubte Sie den Deckel auf ihre Flasche und wollte aufstehen, um zurück in den Wald zu laufen. Doch soweit kam es erst gar nicht. Hinter sich auf den Steinen hörte Sie schnelle Schritte. Sofort drehte Sie sich um. Joel kam auf Sie zu gesprintet. Blanke Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben. Keuchend kam Sie vor Lulu zum stehen. „Was ist passiert?! Wo ist Joyce?“ Joels Augen funkelten vor Trauer, doch Lulu erkannte, dass da auch etwas anderes war. Angst. Pure Todesangst.

„Joel, wo ist Joyce!?“ Lulu fing ebenfalls an Panik zu kriegen. Joel zitterte. „Wir…Wir waren im Wald. D-da...“ Joel holte Luft, um weiterzusprechen. „Riesig! Sie hatten gelbe Augen!“ „Wer?! Joel, wer war da?!“ Aus der Ferne ertönte plötzlich ein Jaulen. Panisch drehte Joel sich zum Wald. Gleichzeitig erklang ein Schuss. Danach erschien ein Bild am Himmel. „Sie ist tot! Sie haben sie getötet! Ich konnte ihr nicht helfen, wir müssen hier weg! Weg vom Ufer, weg vom Wald!“ Joel brach in Tränen aus. Das Jaulen kam näher. „Du meinst zur Insel?“ Schnell nickte Joel. „Aber das geht nicht. Dort sind Raffael und Tulip. Die würden uns doch sofort töten!“, widersprach Lulu. „Wir haben aber keine andere Wahl!“ Joel sah wieder zum Wald. Lulu blickte zur Insel hinüber. Aus dem Augenwinkel bemerkte Sie eine Bewegung im Wasser. Erschrocken griff Sie nach Joels Hand. „Jetzt haben wir ein weiteres Problem.“, sagte Sie leise. Der Himmel war bereits fast so dunkel wie in der tiefsten Nacht. Aus dem Wasser erhoben sich zwei Gestalten. Doch das war nicht das Erschreckendste. Hinter den beiden Gestalten erschien noch eine dritte. „Jordan…!“, hauchte Lulu fassungslos. Er hatte sich also den Karrieros angeschlossen. Lulu konnte es einfach nicht glauben.

Doch es blieb keine Zeit mehr, um weiter darüber zu grübeln. „Überraschung!“, grinste Tulip und blickte die beiden Mädchen mordlustig an. In beiden Händen hielt Sie ihre Wurfmesser bereit. Sofort warf Sie eines davon in Lulus Richtung. Gerade so konnte diese ausweichen und das Messer blieb etwas weiter entfernt in einem der Bäume stecken. „Lauf!“, schrie Lulu und rannte ein Stück auf den Waldrand zu. Sie stoppte, als ein Paar funkelnder Augen zwischen den Bäumen in der Dunkelheit erschien. Daraufhin tauchten noch mehr auf. Ihre Augen leuchteten gelb und Sie entblößten eine Reihe scharfer, spitzer Zähne. Ein Schock fuhr durch Lulus Körper. „Wölfe.“, hauchte Sie. „Na das wird ja immer besser! Jetzt könnt ihr nirgendwo mehr hin.“ Belustigt sah Tulip zu Raffael und Jordan. Raffael hielt bereits einen Speer in der Hand und grinste ebenfalls, doch Jordan sah nur entschuldigend zu Lulu. Raffael warf seinen Speer auf Joel. Sie konnte sich gerade noch davor retten. Der Speer erwischte einen der Wölfe, die im Schatten der Bäume lauerten. Sofort begann einer von ihnen laut zu Jaulen und das Rudel stürmte auf die fünf zu. Auf einmal waren auch die Karrieros nicht mehr so gelassen wie vorher. „Du Dummkopf! Jetzt sind wir alle erledigt!“, schrie Tulip ihn an. Sie sprintete los und lief nahe dem Wasser am Ufer entlang. Einer der Wölfe folgte ihr. Jordan wehrte zwei der Wölfe mit seiner Machete ab und rannte Tulip anschließend hinterher. Lulu erkannte in der Ferne, dass Sie in den Wald flüchteten. Dicht gefolgt von zwei Wölfen. Sie und Joel standen dicht bei einander. Raffael versuchte verzweifelt gegen die Wölfe anzukämpfen. Er schrie auf, als er von einem am Bein gepackt wurde. Der Wolf war fast noch größer als er. „Hilfe! Helft mir, bitte!“, flehte er verzweifelt, doch Lulu konzentrierte sich darauf, was Sie als nächstes tun würde. Plötzlich erhellte sich der Himmel und ein Blitz zuckte über ihnen durch die Dunkelheit. Jetzt mussten Sie sich entscheiden: Entweder Sie flüchteten in den Wald voller Wölfe oder Sie schwammen durch den See rüber zur Insel, was jedoch viel zu gefährlich war, da mittlerweile noch mehr Blitze Die Nacht erhellten. Doch Sie war sich sicher. „Wir müssen sofort ins Wasser!“, rief Sie und rannte ins Wasser, bis ihr Körper ganz darin verschwunden war. Joel folgte ihr so schnell Sie konnte. Hinter sich hörten Sie Raffaels Schreie vom Ufer, während er von den mutierten Wölfen zerfleischt wurde.

Letztendlich ertönte die Kanone, zwischen dem Gejaule der Wölfe. Lulu und Joel waren fast an der Insel angelangt, da erhellte ein weiterer Blitz den Nachthimmel.  

Fear of Death | Hunger Games ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt