Duelltraining mit Lucien

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Neugierig sieht sich Jay in dem Raum um. Bisher hat er den Duellraum des Manors noch nicht wirklich gesehen. Er kann sich erinnern, dass es ihm gezeigt wurde, nur genutzt hat er den Raum noch nie. Entlang der Wände sind Runenkonstellationen zu sehen und Jay erkennt einige, wenige von ihnen. Eine ist Schutz, eine andere steht für Aufhalten.

Unter seinen Füßen ist dunkles Holz, auf dem sich hier und da Spuren von Duellen zeigen. Brandflecken, tiefe Kratzer und ausgetauschte Bretter. Doch alles in allem ist der Raum in einem Zustand, der Jay überrascht. Er hat ihn sich mit mehr Schäden durch Duelle vorgestellt.

Lucien steht in der Mitte des Raumes, beugt sich nach vorne und legt seine Hände auf den Boden. Jay kommt näher und hockt sich neben ihn.

„Was machst du da?" Lucien hebt das Gesicht, schlingt seine Arme aber um seine gestreckten Beine.

„Ich dehne mich. Das mache ich immer vorm Training. Ich zeige dir die Tage ein paar Übungen, aber du wirst sie häufiger machen, als du trainierst, um sie so durchführen zu können wie ich. Beweglichkeit und Ausdauer sind wichtig. Aber gut. Fangen wir mit den Übungen an, bis Lucius dann später kommt."

Lucien richtet sich auf und führt Jay durch ein paar Dehnübungen, bevor er ihn mehrmals um den Raum jagt. Keuchend bleibt Jay stehen und stützt sich auf seinen Knien ab. Lucien hüpft neben ihm weiter auf und ab und wirft mit stichelnden Bemerkungen nach Jay.

„Du bist extrem nervig, dass weißt du, oder?" faucht Jay und schlägt nach Lucien, der keckernd ausweicht. Laut lachend rennt er Kreis um Jay, dem nur vom Zusehen schon schwindelig wird. „Wo nimmst du diese Energie her? Du bist älter als ich. Ich sollte mehr Energie haben."

„Du bist nicht im Training. Natürlich bin ich besser. Komm schon, fang mich. DU willst doch nicht gegen einen alten Mann verlieren, oder doch?"

„Du klingst wie eine Hyäne. Die gackern auch so bescheuert." Doch selbst das bringt Lucien nicht dazu aufzuhören. Der ältere stichelt nur noch heftiger, bis Jay ihn dann doch weiter jagt, auch wenn seine Seiten stechen und brennen.

„Ich kann nicht mehr." keucht er und lässt sich auf den Boden fallen. Vor ihm erscheint ein Glas mit kühlem Wasser, dass er gierig herunterstürzt. Lucien setzt sich neben ihn und streicht ihm über den Kopf.

„Wenn du wieder bei Atem bist, dann können wir mit den ersten Zaubern anfangen. Aber an deiner Ausdauer müssen wir echt arbeiten. Das ist nämlich wirklich bemitleidenswert. Das wird aber besser werden, keine Angst. Dafür werde ich schon Sorgen."

Jay rappelt sich in eine sitzende Position und ist dankbar dafür, dass sein Glas erneut gefüllt wird. Mit kleinen Schlucken trinkt er das halbe Glas. „Du weißt aber, dass du in drei Wochen wieder nach Italien gehst? Du bist nur auf Ferien hier."

„Erinnere mich nicht daran. Du ruinierst meine gute Laune."

„Aber du magst Italien doch. Deine Briefe sprühen nur so davon."

„Aber meine Familie ist hier. Und ich will nicht weg von euch, wenn es hier gefährlich ist. Dann will ich hier sein, wenn ihr mich braucht."

„Und genau deshalb hilfst du Jay ja dabei zu lernen sich selbst zu verteidigen. Also los ihr beiden. Aufstehen." Beide Jungs sahen Lucius an und sprangen dann auf, während Lucius seinen Umhang ablegte und die Hemdsärmel hochkrempelte. „Ich sehe, dass Lucien bereits über die Wichtigkeit von Ausdauer und Beweglichkeit gegangen ist. Ich nehme an, du wirst ihn in den nächsten Wochen jeden Tag mit zu deinem Sport schleppen?"

„Natürlich. Der Kleine braucht dringend bessere Ausdauer. Wenn ich in Italien bin, dann musst du damit aber alleine auch weiter machen. Sonst bringt das alles gar nichts." Lucien stützt eine Hand in die Hüfte und wedelt mit dem Zeigefinger der anderen Hand von Jays Gesicht. Der kann das Funkeln in Luciens Augen sehen und versteht, dass der andere es als Scherz meint.

„So ihr beiden. Jay, wir fangen mit deinen Schildzaubern an. Du wirkst sie und Lucien wird sie mit harmlosen Zaubern bombardieren, bis sie brechen. Dann sehen wir wie stark sie sind. Anschließend zeige ich dir einen stärkeren Schildzauber, der aber auch mehr Magie zieht. Du kannst ihn also bei weitem nicht so lange aufrecht halten."

Jay hört Lucius aufmerksam zu und nickt. Neben ihm hat Lucien bereits seinen Stab gezogen und wirbelt ihn durch die Finger. Lucius verdreht die Augen, lässt sie dann aber anfangen. Jay wirkt einen Schildzauber und Lucien lacht, als er den Zauber wieder und wieder mit einem Farbzauber attackiert. Mit jedem Zauber, der an seinem Schild abprallt, spürt Jay Stolz in sich aufwallen.

Dann bricht einer der Zauber doch durch und trifft Jay an der Schulter. Er schaut an sich herab und entdeckt einen großen, roten Fleck. Lucien lacht nur noch lauter und hysterischer. Genervt wirft Jay einen Zwickzauber nach dem Älteren und der fasst sich an die Seite, wo der Zauber ihn getroffen hat.

„Nicht nett. Gar nicht nett, Kleiner." lachte Lucien, eine Hand an die Stelle drückend, an der Jays Zauber ihn getroffen hat. Jay wirft einen Seitenblick zu Lucius und als er sieht, dass dieser Lucien ansieht, streckt er Lucien die Zunge heraus.

„Lucien, bitte konzentriere dich. Das war jetzt zwar nur ein Übungsduell, aber du solltest niemals deine Verteidigung so fallen lassen. Jay, das war zwar eine gute Reaktion und es mag effektiv sein, den Gegner im Moment des Triumpfes zu treffen, aber du solltest gerade nur Schildzauber ausführen. Der Zauber war zwar einfach, aber effektiv. Bitte, mach mit dem nächsten Zauber weiter. Und diesmal nur einen Schildzauber bitte Jay."

Beide nicken auf die Ermahnungen von Lucius hin und stellen sich wieder in Position. Jay schließt einen Moment die Augen, atmet durch und zieht ein weiteres Schild hoch, diesmal einen deutlich schwereren Zauber als zuvor. Lucien grinst noch breiter, als er die Beschwörungsformel hört, und beginnt Zauber nach Zauber auf Jay zu werfen.

Die bunten Lichter prallen an dem Kuppelförmigen Schild über Jay ab und erzeugen ein buntes Feuerwerk in dem Raum. Jay unter dem Schild bestaunt die verschiedenen Farben, die ihm anzeigen, wie viele verschiedene Zauber Lucien nutzt, um sein Schild zu zerstören, doch noch schafft er es nicht.

Der Druck auf seinen noch gehobenen Stabarm nimmt zu und Jay konzentriert sich dazu sein Schild aufrecht zu halten. Er beißt die Zähne zusammen und ballt die Hand fester um seinen Stab, bis das Schild mit dem Geräusch von splitterndem Glas zerbirst. Jay springt instinktiv aus dem Weg des Zaubers, der sein Schild gesprengt hat, und rollt sich ab. Neben ihm schlagen weitere Zauber ein.

„Genug, Lucien. Das Schild ist zerstört. Und wenn du so weiter machst, dann lasse ich dich den Raum von Hand putzen." Lucien und Jay erstarren und drehen gleichzeitig den Kopf zu Lucius. Der steht noch immer, wo er zuvor auch stand, doch der Raum sieht ansonsten aus wie ein Schlachtfeld. Bunte Farben sind über alles verteilt, tiefe Schlitze in den Wänden und im Boden, funkelnde Spuren überall.

„Ansonsten eine sehr gute Leistung von beiden."

Gerüchte im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt