In letzter Sekunde

259 21 0
                                    

Jay versucht verzweifelt sich zu konzentrieren. Warmes, klebriges Blut läuft aus einer Wunde an seiner Schläfe und immer wieder in sein Auge, das deshalb wie wild blinzelt. Sein Kopf dreht sich und seine Magie scheint immer schwerer zu ihm zu kommen. Als müsse er sich immer tiefer ein leeres Fass beugen, um noch etwas herauszuholen.

„Du kannst dich nicht ewig verstecken, Baby. Gleich habe ich dich und dann kannst du was erleben." Die süßliche Singsangstimme jagt Jay aus irgendeinem Grund ein Schaudern über den Rücken. Er ist sich ziemlich sicher, dass er die Stimme nicht kennt, aber sie macht ihm mehr Angst als die tiefe Stimme des Mannes, der die Frau begleitet.

Seine Faust schließt sich noch enger um seinen Zauberstab. Er muss nur durchhalten, bis Hilfe kommt. Lucius wird kommen. Er muss daran glauben. Und nur so lange muss er sich und Nevio noch verteidigen. Sein Atem wird schwer, als er auf seine Magie zugreift und vor seinen Augen beginnen schwarze Flecken zu tanzen, aber er beißt die Zähne zusammen.

„Jetzt haben wir dich, kleines Baby. Du brauchst auch keine Angst zu haben. Es geht ganz schne... Argh." Jay reist die Augen auf, als die Frau von einem bunten Licht getroffen und zur Seite geschleudert wird. Er atmet erleichtert auf, als auch der Mann in sich zusammenbricht und zu Boden sinkt.

„Jay! Oh mein Gott. Bleib wach, komm schon. Bleib bei mir." Jay öffnet die Augen, als er Jills besorgt Stimme hört und ihre Hand fühlt, wie sie leicht gegen seine Wange schlägt. Ein erleichtertes Lächeln ziert ihr Gesicht, als sich Jays Augen auf sie richten. Sie zieht ihn in ihre Arme und drückt ihn an sich. „Weißt du wo die anderen sind? Wenn ihr zwei hier seid, dann sind die anderen beiden sicher auch hier."

„Dana ist am Anfang in Richtung der Mysteriumsabteilung gelaufen und Theo ist ihr hinterher, um sie zu beschützen. Wir sollten Hilfe holen und wollten zu Lucius Büro. Ich wusste, dass da Flohpulver ist und ich euch erreichen kann." murmelt Jay schläfrig und Jill gibt ihm wieder einen leichten Klaps.

„Bleib wach. Komm schon! Hier sind noch mehr, angeblich bei der Mysteriumsabteilung. Und ich brauche jemand, der die beiden ins Mungos bringt. Notdienst sollte auf Station sein." ruft sie über die Schulter und Jay erkennt im schummrigen Licht, wie sich einige Gestalten entfernen.

Jill zieht ihren Zauberstab und spricht ein paar leise Zauber. Einen erkennt Jay als Diagnosezauber, für den Rest ist er zu müde. Dann wendet sich Jill Nevio zu, der noch immer ausgeknockt ist. „Okay. Ihr beiden seid so weit stabil. Ich schicke euch mit einem der Auroren zum Mungos, aber ich werde hier gebraucht. Wir reden über das aber nochmal." grummelt sie und richtet sich auf.

Jay zuckt. Er mag weder die Tonlage noch den Inhalt der Aussage, nickt aber. Er weiß, dass er darum nicht herumkommt. Jill hilft zwei Auroren die beiden Jungs auf die Arme zu nehmen und sie werden zu Lucius Büro geschickt, um durchs Floh das Mungos zu erreichen und darauf vorzubereiten, dass noch mehr Patienten kommen.

Jill sieht Lucius an, der ihre Hand ergreift. „Er ist in Sicherheit und wir werden auch die anderen in Sicherheit bringen. Mach dir da keine Sorgen." Gemeinsam eilen sie die Gänge entlang und bald schon können sie den Lärm von den Kämpfen hören. Die Falten auf Jills Stirn werden tiefer und sie beschleunigt sofort ihre Schritte.

Lucius schiebt sie hinter sich und hält seinen Stab griffbereit. „Wie sind die hier überhaupt reingekommen? Oh, verdammt." Jill geht neben einem zu Boden gegangenen Mann auf die Knie und lässt einen Diagnosezauber über ihn waschen. „Nichts schlimmes. Nur die Wunde und ein Ausknockzauber." Sie lässt die Wunde sich selbst verbinden und steht wieder auf.

Eine Explosion erschüttert den Gang und ohne Verständigung eilen beide weiter. Ein Zauber kommt auf sie zu, beide weichen aus und Lucius feuert einen Stunner in die Richtung, aus der der Zauber kam. Irgendetwas geht mit einem dumpfen Geräusch zu Boden.

Eine erneute Explosion erschüttert alles und eine Staubwolke quillt aus dem Gang. Jill ist schnell genug mit einem Zauber, der ihre Atemluft filtert. Lucius wirft ihr einen Blick zu. „Weiterbildung zur Notheilerin. Notwendige Zauber für ein Schlachtfeld." murmelt Jill und zuckt mit den Schultern.

Sie gehen den Gang hinunter, vorsichtig, da man durch den Rauch kaum etwas sieht. Irgendjemand wirkt einen Zauber und der Rauch verzieht sich. Die Halle, die sie betreten, liegt zu großen Teilen in Trümmern. Herausgebrochene Steine liegen herum, Risse und Löcher in den Wänden und der Decke, die Türen aus dem Angeln gesprengt. Mehrere Personen liegen herum, aber die Auroren haben das Schlachtfeld unter Kontrolle.

Jill drückt sich an Lucius vorbei zu einer am Boden liegenden, zu kleinen Person. Unter dieser breitet sich in einem dunklen rot, nach Eisen riechend eine Blutlache aus, die ihre Klamotten durchdringt. In dem ganzen rot wirkt ihre Haut tödlich blass. Jill wispert fieberhaft Sprüche vor sich hin und aus dem Nichts schlingen sich Verbände um Wunden und Zahlen und Symbole, die niemand außer ihr versteht, flammen vor ihr in der Luft auf.

„Sie muss ins Mungos. Schnell." Aus Jills Tasche fliegt eine Phiole in ihre Hand und sie massiert deren Inhalt durch die Kehle des Mädchens. Ein Auror taucht neben ihr auf und nimmt das Mädchen in die Arme, ihre Locken durch das Blut verklebt und vor Hitze geschmolzen. „Es ist wichtig, dass sie sofort versorgt wird. Wer hat einen Schwerverletzten?!" brüllt sie durch die Halle.

„Hier!" Jill eilt auf die Stimme zu, während der Auror mit dem Mädchen verschwindet. Der Verletzte hat eine tiefe Wund ein seinem Bein, das aussieht, als wäre keiner der Knochen in dem Bein noch ganz. Weiße Splitter in der offenen Wunde zeigen an, dass Knochensplitter durch das gesamte Bein verteilt sind. Jill keucht auf und beginnt wieder Zauber über Zauber zu murmeln.

Die Halle wackelt mit einer weiteren Explosion, die unter der Halle losgeht. Jill lässt sich nicht stören. Sie flickt ihren Patienten wieder zusammen und schaut erst auf, als der Lärm näher zu der Halle kommt. „Heiler!" brüllt jemand, der eine andere Person halb stützt, halb in die Halle schleift.

„Hier." Jill eilt zu ihm hinüber.

„Der Kampf ist so gut wie vorbei, aber ihn hat es schlimm erwischt. Ich weiß nicht, was das für ein Zauber ist, der ihn getroffen hat. Es sind einige Verletzte unten."

Jill macht sich an die Arbeit. „Den Zauber kann ich hier nicht behandeln. Er ist in Stasis, bring ihn so schnell wie möglich ins Mungos. Lucius, wir gehen nach unten." Der Mann eilt mit seinem verletzten Kollegen weg und Lucius stößt zu Jill, bevor sie in den anderen Raum gehen, in dem genug Verletzte sind, die sofort Jills Aufmerksamkeit haben.

Gerüchte im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt