Tränke

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„Glaubst du, wir machen heute etwas Spannendes? Ich hoffe es wirklich, weil die letzten paar Stunden waren schon ziemlich langweilig. Nur Theorie. Und ich habe wirklich keine Ahnung, wie ich auf die Länge für die Hausaufgaben hätte kommen sollen. Es war ja nur Theorie und da gibt es eben nur so viel, wie man darüberschreiben kann. Ich habe es auch nicht geschafft. Ich habe nur etwa dreiviertel der geforderten Länge." Natascha plappert auf Jay ein, der an die Wand des Kerkerganges gelehnt steht.

Er weiß nicht, warum sie ihn volltextet, denn ihre Freunde stehen nur ein paar Schritte entfernt und in ein eigenes Gespräch vertieft, aber sie tut es. Dabei schenkt er ihr nicht einmal wirklich Aufmerksamkeit, sondern macht nur ab und an ein Geräusch. Erleichtert registriert er, dass sich die Tür zu ihrem Klassenzimmer geöffnet hat.

Jay setzte sich auf seinen Platz, richtet seine Sachen und sieht sich nach Theo um, der erst als einer der letzten durch die Tür kommt und auf seinen Platz neben Jay rutsch. „Wo warst du?" will Jay wissen, als Theo seine Sachen auspackt.

„Ich war in eine Diskussion mit Dana vertieft. Sie wollte einfach nicht einsehen, dass sie Unrecht hatte." erklärt Theo atemlos, während er noch in seiner Tasche kramt.

„Was sich liebt, das neckt sich." murmelt Jay leise.

„Was war das?"

„Nichts. Nichts. Nicht wichtig." winkt er auf Theos Frage ab und im nächsten Moment wirbelt Professor Snape herum und jedes Gespräch verstummt sofort. Selbst die Slytherin werden unter den Kohlenaugen still und der gesamte Klassenraum verfällt in Stille.

„Legen sie ihre Hausaufgaben heraus. Und hoffen wir, dass es diesmal mehr war als den Mist, den ich das letzte Mal erhalten habe. Den erhalten sie am Ende der Stunde zurück. Holen sie sich ihre Zutaten und beginnen sie. Das Rezept steht an der Tafel." Der Professor berührt die Tafel mit seinem Zauberstab und das Rezept für den Trank erscheint an der Tafel.

Jay überfliegt die angegebenen Zutaten und registriert, dass es derselbe Trank ist, über den ihre Hausaufgabe ging. „Ich geh die Zutaten holen. Du bereitest den Kessel vor." raunt er Theo zu und macht sich wie jeder zweite seiner Klassenkameraden auf den Weg zum Vorratsschrank. Wie alle anderen stellt er sich an und entdeckt Nick vor sich.

Dieser schwankt leicht und Jay stellt fest, dass er tatsächlich blass ist. In seinem Nacken kann er Schweißperlen erkennen und er glaubt, dass seine Augen einen fiebrigen Glanz haben. „Alter, du solltest echt zum Krankenflügel. Die schleimige Fledermaus hasst dich eh schon. Du hast die perfekte Ausrede. Geh schwänzen."

„Halt die Schnauze. Ich weiß, was ich tue und warum. Du hast kein Recht das in Frage zu stellen. Und du weißt genau, warum ich nicht gehen kann. Das würde der fetten Kröte Genugtuung geben und das will ich am allerwenigsten. Also beweg dich." schnauzt Nick Ronald an und der zieht den Kopf ein.

Jay nimmt seinen Blick nicht von den beiden. Er registriert das Zittern in Nick Potters Hände, dass dieser ein Glas beinahe fallen lässt und gerade noch so auffängt und den Verband um seine rechte Hand. Es ist seine dominante Hand. Seine Stabhand. In Jays Augen macht es absolut keinen Sinn, dass Nick sie nicht behandeln lässt, sondern sie einfach nur verbindet.

„Was ist los? Du wirkst so zerstreut. Und das in Tränke." raunt Theo, als Jay mit den Zutaten zurückkommt und sie machen sich beide daran, die Zutaten vorzubereiten. Jays Blick schweift immer wieder zu Nick Potter, der mit Hermine Granger an einem Tisch in der ersten Reihe sitzt und zusammenarbeitet.

„Dana meinte doch, dass Potter komisch blass, aber auch aggressiv sei. Sie hat Recht. Er ist blass, verschwitzt und ich glaube er hat Fieber. Aber er hat das Wiesel zusammengeschissen, weil der wollte dass Nick in den Krankenflügel geht. Irgendwas ist da komisch. Schau es dir einfach an. Du wirst es sehen. Und dann der Verband an seiner Stabhand."

„So interessant das auch sein mag, ich mache mir mehr Sorgen um meine Note. Ich kann nicht zulassen wegen Nick bloody Potter eine schlechte Note zu bekommen. Also konzentriere dich bitte." Theo schaut auf seine Hände, die gerade lange Bohnen zu zerhacken.

Jay macht ein zustimmendes Geräusch, wirft einen Blick zur Tafel und fügt drei Tropfen Krötenmilch in den Trank, wie im Rezept gefordert. Der nimmt eine blassgelbe Farbe an und riecht nach fauligen Eiern.

„Gut, dass man den nicht trinken muss, sondern dass der zum Einreiben ist." kommentiert Natascha an ihrem eigenen Tisch und erntet dafür von allen in Hörweite Gelächter.

„Bei dir macht das auch schon keinen Unterschied mehr. Du stinkst auch so wie der Trank." höhnt Ronald und grinst sie triumphierend an. Natascha ballt eine Faust und schüttelt sie wütend in Ronalds Richtung.

„Mister Weasley. Wir alle wissen von ihrem Fehlen an Manieren. Sie müssen dies nicht jeden Tag aufs Neue demonstrieren. Ebenso wenig wie das Fehlen eines Talentes für Tränke oder auch nur der Fähigkeit einfache Anweisungen zu lesen und zu verstehen. Ihr Trank ist einmal mehr eine nicht zu rettende Katastrophe! Zur Sicherheit aller Anwesenden."

Ronald zuckt zusammen, als direkt hinter ihm die Stimme ihres Professors ertönt, höhnend. Mit einem Schlenker seines Zauberstabs lässt der Professor den dampfenden Trank, Jay fragt sich wirklich wie die beiden Löwen es hingebracht haben, dass der Trank dampft, verschwinden. Natascha gackert, während es nun an Ronald ist seine Faust zu ballen.

Jay beobachtet wieder Nick. Der zuckt zwar zusammen, als der Trank seines Freundes verschwindet, aber er regt sich nicht darüber auf, wie er es sonst tun würde. Stattdessen arbeitet er mit gesenktem Kopf weiter. Jedes Mal, wenn er die verbundene Hand bewegt, zuckt er zusammen und schaut sich schnell um.

Jay ist nicht der Einzige, der Nicks seltsames Verhalten bemerkt. Wann immer er zuckt, wendet sich Hermine zu ihm um und redet auf ihn ein, während sie mit der anderen Hand weiter in ihrem Kessel rührt. Doch jedes Mal schüttelt Nick sie rüde ab und versteift sich in seine Arbeit. Aber die ist schlampig, dass kann Jay erkennen. Seine eigenen Blüten verwandeln sich unter seinen Händen und dem scharfen Messer in die geforderten langen, hauchdünnen Streifen. Nicks wirken wie ein Haufen zerfledderter und zerrissener Schnüre.

Jay und Nick streuen die Blüten gleichzeitig in ihre Kessel, während ihre Partner weiter rühren. Der Trank von Theo und Jay wird dunkelblau und riecht nach Veilchen. Der von Nick wird hellblau und stinkt verbrannt. Professor Snape registriert es sofort und eilt zu den Löwen, um denen eine Standpauke zu haben, die Nick einmal in seinem Leben mit gesenktem Kopf über sich ergehen lässt.

Gerüchte im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt