Gerüchte im Haus der Schlangen

Sommerferien

„Meine Güte, bin ich froh, dass die Prüfungen für dieses Jahr vorbei sind. Die waren wirklich stressig. Ich meine, ich verstehe es ja. Die Prüfungen sind wichtig für uns und all das, aber trotzdem." Dana lässt sich in den Sitz fallen und streckt die Füße auf den Sitz gegenüber.

„Es könnte etwas damit zu tun haben, dass du zum Ende des Jahres meintest, dass du unbedingt Nick Potter beschatten müsstest und dass noch zu dem Prüfungsstress kam." kommt es trocken von Nevio, der Danas Füße von dem Sitz schubst und sich selbst setzt.

„Ach sei doch nicht so. Wir waren uns ja alle einig, dass man Potter im Auge behalten muss. Also schieb jetzt nicht die ganze Schuld zu mir."

„Dana, wir beide hatten noch am wenigstens Stress. Die beiden hatten viel mehr Stress. Also hör auf zu meckern." murmelt Nevio und deutet zu Theo und Jay, die ins Abteil kommen und sich setzen.

„Ach hört doch damit auf. Die Prüfungen sind ja jetzt vorbei. Da müssen wir jetzt wirklich nicht auch noch drüber reden." sagt Theo.

„Aber eine Frage habe ich noch. Stimmt es, dass sich die Löwen bei den Prüfungen ein bisschen blamiert haben? Ich habe Gerüchte gehört, dass Potter und der rote Trottel vielleicht sogar durchgefallen sind in ein paar Fächern. Wäre es nicht lustig, wenn die durchfallen würden und deswegen nicht mehr da wären?"

„Was soll daran so lustig sein, Dana? Wir wären sie los, aber das wäre dann auch alles. Und du warst ja dabei, wie sich Potter vor der Halle aufgeführt hat. Drinnen ist es nicht besser geworden. Manche sagen, er wollte schummeln, aber er saß direkt ganz vorne. Also keine Chance." antwortet Jay und lässt Keks aus ihrem Korb. Sie springt direkt auf seine Schulter und reibt sich an ihr.

„Auch wahr. Na, meinetwegen. Dann reden wir eben über die Ferien. Hat jemand was vor? Ich habe gehört, dass die Hochzeit von Jill und Lucius ansteht." Dana sieht Jay mit großen Augen an, doch der sieht aus dem Fenster.

„Ja, tut sie. Aber aufgrund der unsicheren politischen Lage wird sie extrem klein sein, nur im engsten Kreis. Ich weiß auch nicht, wo sie stattfinden wird. Also sagt bitte dazu nichts. Ich will Jill diesen Tag wirklich nicht verderben."

„Scheiß Krieg. Jill hätte die Hochzeit einer Kaiserin verdient." flucht Theo und die beiden Jüngeren nicken zustimmend.

„Da hätte sie selbst am allermeisten etwas dagegen. Sie steht doch nicht so gerne im Mittelpunkt. Ich glaube sogar, dass sie ganz froh darüber ist, dass sie keine große Hochzeit feiern muss, sondern alles im kleinen Rahmen halten kann."

„Heißt das dann, dass du nicht mal Cedric einladen darfst? Hat der dich eigentlich im Krankenhaus besucht?" Dana beugt sich vor, ein Funkeln in den Augen.

Jay seufzt und nimmt Keks von seiner Schulter. „Nein. Cedric ist eingeladen. Ich glaube Jill will nicht, dass ihre Brüder mich in die Finger bekommen. Ich meine, sie sind okay und ich mag sie auch, aber einen ganzen Tag mit einem von beiden oder gar beiden? Lieber nicht. Zudem wird Anthony mit Sicherheit Nicolai mitbringen und dann kann ich auch Cedric mitbringen." Jay zuckt mit den Schultern.

„Das ist auch wahr. Ich hab nach der Sache mit dem Ministerium erstmal Stubenarrest. Das kotzt mich so an, weil es war ja das richtige zu tun. Auch wenn das Resultat vielleicht ein bisschen fragwürdig war. Aber ich darf nicht mal raus. So ätzend. In den Sommerferien die ganze Zeit drinnen zu bleiben ist doch auch kein Leben, oder? Und in den Urlaub fahren wir auch nicht." Dana verschränkt schmollend die Arme und lehnt sich zurück.

„Ich weiß nicht, ob wir etwas machen. Mit dem ganzen politischen Debakel und all dem. Vielleicht sagen meine Eltern unseren Urlaub ab. Oder verlängern ihn, damit wir möglichst wenig damit zu tun haben müssen. Ich glaube, dass würde mir besser gefallen. Und bei dir Theo?" Nevio sieht zu dem Älteren, der das Gesicht wie so oft zur Seite gedreht hat und seine Narben nicht zeigt.

„Meine Eltern fahren mit mir ins Ausland, um nach einem Heiler zu suchen, der mit den Narben helfen kann. Sie sind nicht bereit aufzugeben, auch wenn ich der Meinung bin, dass es vielleicht besser wäre. Ich will meine Hoffnung nicht haben, nur um wieder enttäuscht zu werden. Sie scheinen nicht einmal Jill zu trauen und ich weiß, dass sie alles versucht hätte."

„Hat sie. Sie hat alle Kollegen bei bekannten Heilern im Ausland nachfragen lassen, aber nichts gefunden. Die Narbe stammt von einem dunklen Fluch. Nicht mal die Schönheitschirurgie der Muggel könnte da viel machen. Die Narben würden wieder entstehen und wieder unter denselben Schmerzen, die du hattest, als du sie bekommen hast." murmelt Jay.

Theo ihm gegenüber wird mit jedem Wort blasser. „Nein. Ich werde definitiv nicht noch einmal durch diese Schmerzen gehen. Nicht wenn ich es verhindern kann." Er wirft einen Seitenblick zu Dana, die in Gedanken versunken aus dem Fenster starrt, und sieht dann wieder in die andere Richtung.

Jay sieht zwischen seinen Freunden hin und her und verkneift sich ein Seufzen. Seit ihrem Ausflug ist Dana sehr leise, wenn sie als Gruppe zusammen sind und wirkt immer, als sei sie von irgendetwas abgelenkt. Wann immer Theo es bemerkt, wird auch er still und ist kaum noch zu etwas zu gebrauchen. Aber wehe er bekommt mit, dass Dana mit jemand anderem ihr normales ich ist. Dann ist er sauer.

Er überlegt sich, ob er etwas sagen soll, ob er ein Gespräch anfangen soll. Doch er trifft Nevios Augen, die von Theo zu Dana wandern und dann Jays Grüne festhalten, und dieser schüttelt den Kopf. „Nicht heute." formt der Jüngere mit den Lippen und Jay nickt zustimmend. Er muss Nevio zustimmen, dass es vermutlich nicht das Beste wäre, wenn er die beiden vor den Ferien darauf anspricht. Das würde es vermutlich auch nicht besser machen.

Er hofft einfach nur, dass sie zurück in die Schule kommen und sie alle mit der längeren Zeit, die Verletzungen auch mental zu verarbeiten, wieder normal sind und ganz normal miteinander interagieren können. Er glaubt es zwar nicht, aber er hofft es.

ENDE