Nicht wie Weihnachten

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Vor dem Fenstern des Manors herrscht dicht fallender Regen, der die Welt in einen grauen Schleier hüllt. Es ist, als würde selbst das Wetter versuchen die trübe Stimmung des magischen Britanniens auszudrücken. Eine bedrückte Stimmung, bei der man sich in eine warme Decke kuscheln möchte, eine Tasse heißer Schokolade in der Hand und einfach vergessen, dass es eine Welt außerhalb des Zimmers gibt.

Jay Gedanken sind bei den Opfern des Anschlags, der am Morgen in den Zeitungen gestanden hat. Der 25 Dezember, Weihnachtsmorgen. Die Täter hatten die Familie unter ihrem Weihnachtsbaum zurückgelassen, etwas das Bände davon sprach, warum diese Familie gestorben war. Neben der Tatsache das sowohl der Vater als auch der älteste Sohn als Muggel identifiziert worden waren. Die Tat zeugte von Hass auf alle, die das neue, nichtmagische Fest feierten.

Er dreht den Kopf zu dem Weihnachtsbaum, der zwar geschmückt, aber unbeleuchtet im Raum steht. Jill und Lucius haben entschieden, dass er nicht erleuchtet werden soll, im Namen der Opfer des Tages. Auch die Geschenke darunter haben sie nicht geöffnet. Jay ist sich nicht sicher, ob er sich jetzt freuen könnte, wenn er weiß, dass ein Größenwahnsinniger Kinder hat abschlachten lassen, weil diese das Fest lieber mochten als das magische Gegenstück.

„Hey." Jay hebt den Kopf und sieht Jill an, die vor ihm steht. Er zieht die Füße an, sodass sie sich ihm gegenüber auf das Fensterbrett setzen kann. Ein paar Momente sehen sie gemeinsam nach draußen und hören wie die großen Tropfen gegen das Fenster schlagen.

„Es ist... es fühlt sich so falsch an. Gar nicht wie Weihnachten. Es fühlt sich... falsch an. Irgendwie schwer. Als würde alles schwerer sein." Mit einem plötzlichen Zittern zieht Jay die Decke fester um sich und Jill seufzt.

„Ich denke, genau das wollten sie mit dieser Attacke auch auslösen. Sie wollten, dass ein Fest der Hoffnung um genau diese gebracht wird. Das alle Freude aus dem Fest der Freude genommen wird. Das ist, was sie hier erreichen wollten und was sie erreicht haben. Leuten die Hoffnung zu nehmen. Und natürlich haben die meisten die Feiertage naiver Weise als Sicherheit genommen. Niemand würde an einem heiligen Tag angreifen, oder etwa doch?"

„Aber für die Tod... esser ist der Tag nicht heilig." Jay versteht, was Jill ausdrücken will. „Sie haben dafür gesorgt, dass es keinen sicheren Tag mehr gibt. Man muss immer Angst haben und das macht jeden anderen Tag kaputt. Ganz egal, für was der Tag eigentlich war oder ist."

„Richtig. Man kann jetzt spekulieren, ob sie die heiligen Sabbate in Frieden lassen, weil die ja zur magischen und alten Kultur gehören, aber das ist zu diesem Zeitpunkt reine Spekulation. Wir wissen es nicht, wir können es nicht wissen. Also werden alle in Angst leben." Jill lehnt sich gegen die kühle Fensterscheibe und sieht nach draußen.

„Man muss das aufhalten. So zu leben ist nicht richtig. Es zerstört alles. So will ich nicht leben. Wenn ich Angst haben muss aus dem Haus zu gehen, weil ich von jemandem angegriffen werden könnte. Oder mir Sorgen um jeden machen muss, den ich kenne, dass der am nächsten Morgen nicht mehr da ist."

„Wir versuchen bereits alles, aber das ist nicht so einfach. Das Ministerium ist nun einmal das Ministerium und die wollen nur, dass sie wieder gewählt werden. Und da macht sich eine Rückkehr eines dunklen Lords ganz schlecht. Und den dunklen Lord dürfen wir natürlich auch nicht auf uns aufmerksam machen. Aber wir versuchen es."

Jay seufzt. „Ich weiß, aber... es fühlt sich an, als würde nichts voran gehen. Ich fühle mich so hilflos, weil ich nichts machen kann. Oder zumindest nichts tue. Und dann kommen auch noch immer wieder diese Nachrichten. Es ist einfach, ich weiß nicht. Ich kann es nicht wirklich erklären."

„Musst du auch nicht. Ich weiß, wie du dich fühlst. Aber im Moment ist es leider so. Uns sind die Hände gebunden. So lange es da draußen noch mehr Horkruxe geben könnte, können wir es uns nicht leisten Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen."

Zwischen den beiden breitet sich betretenes Schweigen aus. Es ist nicht die normale Stille, die sie beide genießen würden, sondern eine schwere, die wie Backsteine zwischen ihnen liegt. Jay rutscht hin und her.

„Wie geht es deiner Familie? Die sind dieses Jahr gar nicht gekommen." Jay sieht Jill an, die sich von ihm abwendet und aus dem Fenster sieht.

„Sie sind in den vereinigten Staaten beim Rest der Familie. Wir mögen in Britannien basiert sein, aber wir haben Verwandte in den Staaten und haben nicht so viele emotionale Verbindungen nach Britannien. Ich habe ihnen gesagt, dass sie wegbleiben sollen, weil ich sie nicht in Gefahr bringen möchte. Sie wollten, dass auch ich England verlasse, aber ich kann euch hier nicht alleine lassen. Sie mögen es nicht mögen, aber sie haben gemeint, dass es meine Entscheidung sei, die sie nicht für mich fällen könnten."

Jay streckt eine Hand aus nach Jill aus, zieht sie aber wieder zurück. Er kuschelt sich in der Decke zurück und folgt Jills Blick aus dem Fenster.

„Aber ich weiß, dass wenn ich sie brauche und sie bitten würde, würden sie sofort kommen. Das ist etwas, dass sie mir wieder und wieder versichert haben. Ich will sie aber nicht hier in Gefahr wissen, auch wenn ich weiß, dass sie dasselbe über mich denken. Aber jeder muss seine eigenen Fehler machen und manche mögen einen in Gefahr bringen, aber ich weiß, dass ich niemals alleine sein werde, auch wenn ich Fehler mache. Sobald ich nach Hilfe frage, werde ich sie auch bekommen. Und das beruhigt mich zumindest ein bisschen."

„Und deine Familie? Beruhigt sie das auch?" fragt Jay nach.

Jill wendet sich ihm zu und lacht. „Nein. Tut es nicht. Ich glaube, dass sie mich am liebsten von hier entführen würden und erst zurücklassen würden, wenn der Krieg vorbei ist, aber sie wissen, dass ich das nicht mögen würde. Ich würde ihnen sehr böse sein. Und das wissen sie. Ich liebe sie, aber meine Familie ist nicht mehr nur sie. Du gehörst dazu, Lucius, Lucien, sogar Draco. Und ich will meine Familie beschützen."

„Und sie wollen das auch. Aber sie verstehen dich."

„Richtig. Und so würde ich dich auch behandeln, wärst du bereits erwachsen. Als Kind kann ich dich noch vor allem beschützen, aber irgendwann musst du erwachsen werden, auch wenn ich es nicht mag. Aber ich kann dir versprechen, dass ich immer eine offene Tür und ein offenes Ohr für dich haben werde. Ganz egal was ist."

Jay verkneift sich ein Schluchzen und wirft sich in Jills Arme, die sich sofort um ihn schließen. Sie sagt nichts, sondern hält ihn einfach nur sicher und fest.

Gerüchte im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt