(Do 19.08. 1999) Die Wohngemeinschaft

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>>Aua...Hermine, das tut weh! <<, klagte Remus, als ich sein blaues Auge behandelte. Es war mittlerweile Nachmittag und ich hatte mich wieder einigermaßen gefangen. Jedoch schämte ich mich noch immer zu Tode. Zum einen, weil ich Remus geschlagen und zum anderen, weil er das alles im Badezimmer miterlebt hatte. Bei Merlin, ich war splitternackt vor ihm rumgelaufen. Schon wenn ich daran dachte, schoss mir wieder die Röte ins Gesicht.

>>Au...bei Merlin. Dafür das du Heilerin bist, ist dein Umgang mit einem Patient echt miserabel<<, beschwerte er sich erneut, als ich abermals etwas zu fest zugedrückt hatte. Grinsend sah ich ihn an.

>>Und du willst ein Werwolf sein? Jammerst hier rum wie ein kleines Mädchen<<, lachte ich und fuhr mit meinem Zauberstab weiter die Wunde ab.

>>Pass ja auf was du sagst, Fräulein! Sonst komme ich eines Nachts und fresse dich mit Haut und Haar<<, knurrte Remus zurück und schaute mich gespielt wütend an.

>>Das will ich erstmal sehen, mein lieber Freund. So schwächlich wie du bist, kommst du ja nicht eimmal bis zu meinem Fenster hoch <<, neckte ich ihn. Es machte Spaß mit ihm rumzualbern. Es ließ mich meine Probleme für einen kurzen Moment vergessen.

>>Wer ist hier schwächlich? Glaubst du etwa ich pflücke im Wald nur Blumen und sammle Pilze? Ganz bestimmt nicht <<, meinte Remus amüsiert.

>>Das sieht man dir aber nicht an<<, sagte ich wahrheitsgetreu und musterte seine abgemagerte Statur.

>>Das liegt nur dran, weil ich zu wenig Fleisch ...aua...verdammt, Hermine! Pass auf was du mit dem Ding anstellst und steche mir damit kein Auge aus! <<, beklagte er sich, als ich einen kurzen Moment unaufmerksam war.

>>Entschuldige<<, sagte ich schnell und sah dabei zu, wie das Hämatom langsam verblasste.

>>Unterschätze bloß keinen Werwolf! Eigentlich sind wir von Natur aus schon recht muskulös, aber mit zu wenig Nahrung...naja...<< er klang leicht verbittert darüber, was mich schmunzeln ließ.

>>Also musst du von nun an gut essen und schon siehst du aus wie Herkules<<, scherzte ich und ließ von ihm ab, da sein Auge nun wieder komplett verheilt war. Er fing darauf an zu lachen, und seine bernsteinfarbenen Augen blickten mich belustigt an. Grinsend ging ich in Richtung Küche, um Krummbein zu füttern. Remus folgte mir.

>>Wenn du magst, kannst du eine Weile hier wohnen. Wir könnten mein Arbeitszimmer umbauen. Das brauche ich eh nur ganz selten<<, plapperte ich einfach drauflos, ohne große darüber nachzudenken. Es war eine spontane Idee. Remus brachte mich auf andere Gedanken. Also, wieso sollte er nicht für eine Weile hier bei mir bleiben?

>>Das ist nicht dein Ernst!? Ich kann dir doch nicht die Haare vom Kopf fressen. Nein, nein! Danke fürs Angebot, aber ich muss es dankend ablehnen<<, meinte er überrumpelt.

>>Ach Quatsch! Du isst mir doch nicht die Haare vom Kopf. Nur kurz etwas umräumen und schon hast du dein eigenes Zimmer. Wie in einer WG <<, sagte ich fröhlich und strich Krummbein übers Fell. Remus sah mich derweilen an, als wäre ich verrückt geworden.

>>Hermine, ich verdiene keinen lausigen Knut im Monat. Ich kann doch nicht einfach auf deine Kosten hier leben<<, verneinte er und steckt seine Hände in die Hosentaschen.

>>Nun mach dir darüber doch keine Sorgen! Es dauert nur noch ein paar Wochen, bis die neuen Gesetzte in Kraft treten, und dann kannst du wieder normal arbeiten gehen. Wenn du willst, machen wir Hälfte-Hälfte was Miete und Einkauf angeht und du zahlst es mir einfach später zurück<<, erklärte ich ihm und sah ihn zuversichtlich an.

>>Außerdem muss doch einer ein Auge auf mich haben, falls ich wieder eine Panikattacke bekommen sollte. << Offensichtlich war das das Argument, was Remus schlussendlich überzeugte, wenn auch nur zögerlich.

Denn Rest des Nachmittags verbrachte ich damit, für meinen ehemaligen Professor, das Büro herzurichten. Meinen Schreibtisch stellte ich ins Schlafzimmer, die alte Couch baute ich zum Bett um, eine antike Vase wurde zum Nachtschrank verwandelt und aus einem nicht benutzen Regal wurde ein Kleiderschrank gezaubert. Als ich endlich fertig war, sah mein Büro wie ein brauchbares Gästezimmer aus. Ich klopfte mir selbst auf die Schulter, als es überraschend läutete. Eigentlich konnte es nur Remus sein. Er wollte noch seine Sachen holen gehen. Zügig schritt ich zur Haustür.

>>Wer ist da? Gibt dich zu erkennen! << fragte ich vorsichtshalber.

Nicht dass ein Todesser vor meiner Tür stand.

>>Remus Lupin, 38 Jahre alt, Werwolf, zurzeit arbeitslos. Du bist Hermine Granger, wirst im September 20 Jahre alt. Wir kennen uns seit deinem dritten Schuljahr, und ich bin sehr stolz auf dich, dass du an die Sicherheitsfrage gedacht hast<<, hörte ich Remus Stimme und musste lächeln. Ja, das konnte nur er sein. Als ich die Tür öffnete, war ich jedoch ziemlich überrascht, dass er nur einen Rucksack dabei hatte.

>>Wolltest du nicht deine Sachen holen gehen? << Verwirrt machte ich ihm Platz, damit er eintreten konnte.

>>Das sind all meine Sachen<<, antwortete er gepresst und marschierte an mir vorbei.

>>Oh, tut mir leid. << Da bin ich wohl voll ins Fettnäpfchen getreten. Toll gemacht Hermine.

>>Ich hab im Büro schon alles fertig. Du kannst also sofort auspacken <<, wechselte ich schnell das Thema. Er schenkte mir ein schiefes Lächeln, bedankte sich herzlich und verschwand dann.

Ich war etwas nervös, musste ich zugeben. Ich mochte Remus sehr und freute mich auch über seine Gesellschaft, doch bald würde wieder Vollmond sein. Nicht das ich Angst vor ihm hatte, aber etwas unwohl war mir trotzdem. Die letzte Begegnung mit seinem Werwolf, war nicht gerade ein Spaziergang gewesen. Vielleicht konnte ich ja irgendwo den Wolfsbanntrank für ihn besorgen? Das wäre doch eine super Idee. Vorsichtig klopfte ich an seine Tür.

>>Komm ruhig rein, Hermine. Ist ja schließlich dein Zimmer<<, bat er mich höflich herein. Offensichtlich war er schon fertig mit Auspacken. Neugierig schaute ich mich um. Auf einer Kommode standen mehrere Fotos verteilt, auf dem Nachttisch stapelten sich ein paar Bücher, und an der Wand hing ein Mondkalender. Die Türen seines Kleiderschrankes standen noch offen, und ich sah eine mickrige Anzahl an Kleidungsstücken darin.

>>Du, mir ist gerade eingefallen, dass ich ja versuchen könnte, den Wolfsbanntrank zu organisieren<< schlug ich vor, erntete aber nur einen skeptischen Blick.

>>Hermine, der Wolfsbanntrank ist unheimlich teuer, und bitte nehme mir es nicht übel, wenn ich dir sage, dass selbst du ihn dir nicht leisten kannst. Ich komme auch ohne ihn aus! <<, meinte Remus bestimmend.

>>Gut, dann sollten wir dir aber wenigstens ein paar neue Klamotten besorgen<<, wechselte ich schnell das Thema.

>>Kommt gar nicht in Frage! Ich kauf mir selber welche, wenn ich wieder einen anständigen Job habe<<, sagte er ernst und schloss die Türen seines Schrankes.

>>Wie du meinst. Kommst du trotzdem morgen mit in die Winkelgasse? Ich muss noch ein paar Sachen besorgen. << Um ehrlich zu sein, hatte ich Angst allein zu gehen, nachdem was letztes Mal passiert war.

>>Sicher, gerne doch. Sag mal, wolltest du mir nicht noch deine Unterlagen zeigen? << Ach, stimmt ja. Die hatte ich vor lauten Aufregung ganz vergessen. Ich stürmte also in mein Schlafzimmer und suchte nach dem entsprechenden Ordner. Eigentlich konnte ich es noch gar nicht richtig fassen. Ich hatte Remus über ein Jahr lang nicht gesehen und jetzt war er mein Mitbewohner... unglaublich.

AmnesieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt