(Fr 26.08.1999) Die Wahrheit tut weh

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Ich lag auf einer Decke im Gras und war in einem Buch vertieft. Die Sonne brannte unbarmherzig auf meinen Körper, der nur von einem Bikini bedeckt war. Vor wenigen Minuten war ich noch im See schwimmen gewesen. Eigentlich wollte Remus mir Gesellschaft leisten, doch er bestand darauf, mir vorher eine Portion Eis zu besorgen. Von Severus Snape hatten wir bis jetzt noch nichts weiter gehört. Gestern hatte ich ihm eine Nachricht zukommen lassen, mit der Anfrage, ob er Remus wieder den Wolfbanntrank brauen könnte. Bis jetzt hatte ich aber vergebens auf eine Antwort gewartet. In einer Woche war Vollmond und ich hatte es noch immer nicht übers Herz gebracht, Remus die Wahrheit zu erzählen. Wie wird er wohl darauf reagieren, wenn er erstmal erfährt, dass er ein Werwolf war? Mir graute davor.

>>Der Eislieferant ist da. << Erschrocken fuhr ich aus meinen Gedanken. Blinzelnd hob ich meine Hand über die Augen, doch gegen die Sonne, konnte ich meinen Mitbewohner nur schwerlich ausmachen.

>>Das hat aber lange gedauert<<, sagte ich lächelnd und setzt mich auf. Remus ließ sich neben mir nieder und reichte mir mein Eis.

>>Ja, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie voll es heute im Honigtopf war<<, antwortet er ebenfalls lächelnd. Eine Weile saßen wir nur schweigend im Gras, aßen unser Eis und blickten auf den großen See. Es war ein herrlicher Tag. Die Vögel zwitscherten, eine kühle Brise wehte uns entgegen, vom See hörte mal leises Wellenrauschen und hin und wieder flatterte ein Insekt vorbei. Einfach nur traumhaft.

>>Warst du schon eine Runde schwimmen? <<, durchbrach Remus die Stille, als wir unser Eis aufgegessen hatten.

>>Ja, war ich. Solltest du auch machen, es ist herrlich erfrischend<<, meinte ich und griff wieder nach meinem Buch.

>>Weißt du was? Das ist eine super Idee<<, verkündete er gut gelaunte. Schnell streifte er sich seine abgewetzten Turnschuhe und Socken ab. Darauf folgten sein blaues T-Shirt und seine zerrissene Jeans.

>>Also, bis gleich dann<<, sagte er zu mir, ehe er aufstand und zum Seeufer schlenderte. Ich ließ meinen Blick kurz über seine kräftigen, langen Beine, seinen flachen Bauch, seine Brust und seine breiten Schultern wandern. Eine Weile blickte ich ihm hinterher, schüttelte dann aber selbst den Kopf über mich und wandte mich wieder meinem Buch zu. In den letzten Tagen hatte ich viel über Remus nachgedacht. Doch was war er für mich? Ein guter Freund? Nein...da war mehr. Doch ich konnte es nicht genau definieren. Es war dasselbe Dilemma wie bei Ron.

>>Na Schönheit, was machst'e denn hier ganz alleine? <<, sprach mich plötzlich eine fremde Stimme an. Erschrocken blickte ich auf. Vor mir stand ein breit gebauter Mann, mit verfilzten grauen Haaren und schmutzigen Klamotten. Er erinnerte mich an Greyback.

>>Was wollen Sie? <<, fragte ich und setzte mich nervös auf.

>>Dir etwas Gesellschaft leisten, wo du doch ganz alleine hier bist. << Er grinste mich mit seinen gelben Zähnen an. Schlagartig wurde mir schlecht. Fluchtartig stand ich auf. Plötzlich kam ich mir seltsam nackt vor. Warum hatte ich auch nur einen Bikini an?

>>Ich bin nicht alleine! <<, sagte ich schnell und versuchte selbstsicher zu wirken. Mein Blick suchte währenddessen hektisch den See ab.

>>Ach ja? Aber ich sehe hier sonst niemanden, außer dir. << Lachend blickte sich der Mann um. Wo war nur Remus? Ich fing an zu schwitzen. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe rum.

>>Das liegt daran, dass mein Freund gerade eine Runde schwimmen ist<<, meinte ich mit zitternder Stimme und hoffte, dass der Typ jetzt abhauen würde. Mein Herz schlug mir bis zum Halse. Alles in mir schrie danach, dass ich weglaufen sollte.

AmnesieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt