Eins

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Minuten lang starre ich mit der Waffe im Schoß auf das mittlerweile wieder dunkle Display meines Handys, welches neben mir auf dem Beistelltisch ruht. Bis ich mich dazu entschließe, endlich nach dem Smartphone zu greifen und die Mitteilung aufzurufen. Ein vorsichtiges Schmunzeln macht sich auf meinem Gesicht breit, als ich sehe, dass die Nachricht einem Google Alert von vor einigen Wochen entspringt. Nach meinem ausschied aus den Streitkräften, hatte ich mir fest vorgenommen, wieder einen Job im selben Segment anzunehmen. Denn dass ist es, was mir liegt. Also richtete ich einen Google Alert ein, sollte es irgendwo in Amerika Angebote einer seriösen Sicherheitsfirma geben, die Personenschützer beschäftigt. War heute dieser Tag? Nervös lege ich die Pistole zurück an ihren Platz und richte mich räuspernd auf, um nicht komplett im weichen Leder des Sessels zu verschwinden.

Mitarbeiter M/W/D für Job als Personenschützer gesucht!

Profil:
-Erfahrung im Bereich der Sicherheit, CQC Fortbildung und medizinische Grundkenntnisse

- Militärischer Hintergrund erwünscht.

- Waffenschein der Klasse B2 wird vorausgesetzt.
Carry permit/ concealed carry permit erwünscht.

Auftrag:
Tägliche Begleitung und umfangreicher Schutz einer weiblichen Schutzperson. Diskretion und Loyalität werden vom Auftraggeber erwartet.

WICHTIGE INFORMATION

Durch den Auftraggeber wird ein enges Zusammenleben zwischen der Schutzperson und ihrem Leibwächter gewünscht.
Die Unterbringung in der unmittelbaren Nähe zum Protectee wird als Teil des Auftrages angesehen.

Vergütung:
Die genaue Höhe des Gehalts wird nur vom Auftraggeber im persönlichen Gespräch preis gegeben.
Für einen fairen und hochklassigen Lebensstandard, als Mitarbeiter wird ebenfalls gesorgt. Unterbringung und Verpflegung inklusive.

Bewerbungen sind nur telefonisch und mit Identitätsprüfung zulässig.
Wenden sie sich bitte an unten stehende Geschäftsadresse.

RED WING SOLUTIONS PROTECTION
& DEVELOPMENT GROUP
2928 Peachtree Avenue
30304 Atlanta / Georgia

TEL.: 404 381 2016

Ich brauche einen Moment um zu begreifen, dass sich mir mit diesem Jobangebot eventuell eine ganz neue Chance auftut. Sofort öffne ich einen weiteren Tab in meinem Browser um nach dieser Firma zu suchen. Und was ich finde, ist tatsächlich mal etwas dass sich sehen lassen kann. Die meisten Sicherheitsfirmen, mit denen ich während meiner Laufbahn beim Militär zu tun hatte, waren nicht mehr als ein Haufen zusammen gewürfelter Möchtegern Soldaten, die sich zehn Minuten Zeit genommen hatten um einen eindrucksvollen Namen auf ihr Türschild zu zimmern. Doch diesmal habe ich wirklich ein gutes Gefühl. Ich beschließe sofort anzurufen und mein Glück zu versuchen.

Dreimal klingelt die Leitung am anderen Ende, während meine Nervosität bei jedem Mal steigt. Ich bin es gewohnt die Ruhe im Chaos zu sein, doch meine Aufregung gilt viel mehr den Möglichkeiten, die ich mit diesem Job haben würde. „Guten Abend, Red Wing Solutions, sie sprechen mit Cara Loughlin, was kann ich für sie tun?",begrüßt mich eine klare, weibliche Stimme, die irgendwie so gar nicht in das Klientel dieser professionellen Sicherheitsfirma passt. Einige Augenblicke vergehen, bis ich den Gedanken zur Seite schiebe und antworte. „Ja...guten Abend. Jack Thornton. Ich habe ihr Jobangebot im Atlanta Journal gesehen.",sage ich fürs erste um abzuwarten, ob die Dame schon Einwände entgegen bringt. „Sie sind aber ganz schön schnell, was?",scherzt sie.

„Gründlich, Ma'am.",antworte ich wahrheitsgemäß. „Also gut, gründlicher Mr. Thornton. Vorher benötige ich noch einige Informationen. Wie sie sicher wissen, bevorzugen wir Bewerber mit militärischem Background." „Ich habe zwölf Jahre in der Navy gedient." Die Assistentin am Telefon ist hörbar beeindruckt von meinen Referenzen, die ich ihr in den kommenden fünfzehn Minuten mitteile. Über mein eigenes Glück lachend, lege ich nach dem Telefonat auf.

Ich schüttele meinen Kopf und erhebe mich aus dem Sessel. Ein überfordertes „Scheiße, ja!" entgeht mir bei dem Gedanken an das versprochene Vorstellungsgespräch bei Red Wing Solutions. Ich beschließe nun alles hinter mir zu lassen. Auch wenn ich den Job noch nicht sicher habe, werde ich das Risiko eingehen meine Zelte hier abzubrechen. Noch am selben Abend packe ich einige Dinge, die ich mit nach Atlanta nehmen möchte. Unter anderem ein Bild meiner Kameraden und mir, nebeneinander stehend während einer Stationierung im Nordirak.

Der nächste Tag startet für mich gleich aktiv. Ich jogge, so wie jeden Morgen eine Runde um einen nahegelegenen See, um meinen Kreislauf für die lange Fahrt auf Vordermann zu bringen. Körperliches Training gehörte mein Leben lang zum täglichen Prozess, doch zugegeben, in letzter Zeit ließ ich aus Motivationsgründen einige Trainingseinheiten ausfallen. Das hat jetzt ein Ende.

Nach meiner Runde um den See, dusche ich mich zügig und verräume mein Gepäck auf die Ladefläche meines Wagens. Die Schilder darauf, landen sofort neben den Mülltonnen am Gehweg. Meinen Job als Immobilienmakler habe ich noch gestern Abend per Mail gekündigt.

Die Fahrt verläuft ohne besondere Vorkommnisse, die Highways sind aufgrund der kommenden Thanksgiving Feiertage zwar deutlich überfüllt, dennoch kann mich nichts auf dem Weg in ein neues Leben bremsen. Ich halte ein paar mal, um zur Toilette zu gehen, oder mir etwas zu essen zu kaufen. Gesunde Ernährung an Raststätten ist jedoch ein Thema für sich.

Nach weiteren zwei Stunden Fahrt, parke ich meinen Wagen vor einem hohen Gebäude. Die Sonne reflektiert gleißend in den gläsernen Fassaden und zwingt mich so eine Sonnenbrille aufzuziehen. Ich steige aus dem Auto und schließe die drei Knöpfe meines Jackets. Ja, ich habe mich für das Vorstellungsgespräch in den einzigen Anzug geworfen, den ich in meinen Schrank habe. Meine Ausgehuniform aus Navy Zeiten. Auf der rechten Brust, thronen Dutzende  Ordenmarken und Auszeichnungen, die chronologisch meine Dienstzeit beschreiben. Beim eintreten in das imposante Gebäude, nehme ich die Mütze ab und klemme sie zwischen meinen Oberkörper und den rechten Arm. Die Lobby ist beinahe klinisch rein eingerichtet. Blanke weiße Möblierung teilt sich die Farbpalette mit hohen Marmorsäulen. Hinter dem langen Empfangstresen hängen die Logos der ansässigen Firmen. In der Mitte und am größten abgebildet, das Wappen von Red Wing Solutions. Ein Adler, der sich mit einem M4 Sturmgewehr kreuzt. Den Hintergrund bilden die Farben der amerikanischen Flagge.

„Wie kann ich ihnen helfen Sir?",fragt die Frau hinter dem Tresen. Ich lege meine Mütze darauf ab und blicke mich kurz um. „Jack Thornton. Ich habe einen Termin bei Mr Coldwell. Red Wing Solutions." Sie tippt meine Daten in ihren Computer und sieht mich kurz darauf lächelnd an. „Mr Coldwell empfängt sie im vierzehnten Stockwerk." Ich bedanke mich mit einem Nicken und gehe zu den Aufzügen, einige Meter entfernt. Als sich die Türen öffnen und ich eintrete, lächele ich unkontrolliert. Es ist soweit.

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