Neunzehn

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Knappe drei Monate ist es nun her, seitdem sich Aislinn und Vienna's nackte Körper unwiderruflich in mein Gehirn gebrannt haben. Ich habe eine Grenze überschritten, das wusste ich damals zu jeder Sekunde. Und dennoch tat ich es. Ich weiß nicht, wie ich heute darüber denken soll. Die besten Nächte meines Lebens, doch seitdem wechsle ich mit den Mädchen kein Wort darüber.

Ich weiß nicht, ob sie darüber reden, denn viel bekomme ich aus Vienna's Apartment nicht mehr mit. Ab und zu kichern die beiden zusammen, machen gemeinsame Ausflüge, seitdem Cassian wieder auf reisen ist. Ich begleite sie, bin beinahe 24/7 in ihrer Nähe und trotzdem bin ich, anders als vor diesen Nächten immer außen vor.

So wie ich es gerade bin, an einem Tisch sitzend, in irgendeiner Mall in Atlanta. Ich schlürfe einen halbherzig zubereiteten Kaffee. Meinen halben Lebenswillen hat es mich gekostet, der Barista klarzumachen, dass ich keine Soja- Hafer- Vegane und tierversuchsfreie Milch will, die meine Koffein Bombe zu einer wässrigen Pfütze macht. Heute ist eigentlich mein freier Tag, den ich damit verbringen wollte, Grayson bei der Reinigung seiner Waffen aus dem Keller zu helfen. Sie neu zu justieren. Andererseits kann ich meine Schutzpersonen auf keinen Fall allein in die Stadt lassen.

Vienna und Aislinn sitzen an einem Tisch gegenüber von mir. Sie lachen und unterhalten sich mit drei Freunden, die bei ihnen sind.
Arianna Abramovicz, eine Freundin von Aislinn. Sie studiert zusammen mit ihr an der Clark Payne University. Eine polnische Jura Studentin, die auf ihrem Instagram Account nur Bilder ihres Hundes postet.
Langweilig. Die perfekte Freundin.

Anders ist es bei Vienna's Sippschaft. Natürlich mache ich meine Hausaufgaben ordentlich.
Grace und Felix Porter. Geschwister und Nachkömmlinge von Thomas Porter, einem milliardenschweren Unternehmer und Besitzer des viertgrößten Chemiekonzerns des Landes.
Grace ist mir so egal, wie die polnische Hundeflüsterin, ein typisches It Girl, welches sich auf Daddy's American Express verlässt.
Viel mehr interessiert mich Felix Porter. Ein blonder Influencer und Gewinner des Atlanta County Top Golf Turniers.

Ich merke wie ich den Kaffeebecher in meiner Hand unbewusst zusammendrücke, bis etwas der heißen Flüssigkeit über den Rand und auf mein Handgelenk schwappt. Schnell greife ich nach einer Serviette, um einer Verbrennung vorzubeugen. Natürlich fällt die Aufmerksamkeit der lachenden Truppe sofort auf mich. Für Außenstehende muss es wirken, als wäre ich ein fremder Mann, der eine Gruppe Jugendliche beobachtet. An meinem freien Tag, habe ich mich gegen den üblichen Anzug entschieden, um die Aufmerksamkeit nicht direkt auf mich und die Mädchen zu lenken. Stattdessen trage ich legere Jeans, Boots und ein dunkelblaues Sweatshirt, dass ich hochgeschoben habe, sodass etwa die Hälfte Wiens Tattoo's an meinem Unterarm hervorsticht.

„Warum guckt er so grimmig?", schmunzelt Felix mit einem überheblichen Grinsen, dass ich ihm gern aus seinem Elevator Boy Gesicht prügeln will. Ja, ich habe Aislinn oft genug auf der Couch liegen und sich diese nichtssagenden Videos anschauen sehen. „Es ist sein Job, so auszusehen. Beachte ihn gar nicht.", seufzt Vienna in einem Ton der mir gar nicht gefällt. So wie Felix' Hand die sich immer wieder auf den Körper der Erbin verirrt.

Ich habe Kriegsverbrecher verhört, die für Massenmorde, Anschläge und Genozide verantwortlich sind, doch noch nie zuvor will ich jemandem so sehr die Hände vom Körper reißen, wie gerade.

Auch Aislinn's entschuldigender Blick in meine Richtung ändert nichts an der Tatsache, dass Vienna mich ansieht, als wäre ich ihr uncooler Dad, der sie vor ihren Freunden blamiert.
Gottverdammt, mein Schwanz drückt von innen gegen die Jeans, weil Vienna vor meinem inneren Auge schon längst über diesen Tisch gebeugt ist und ich ihr diese zickige Attitüde vor ihren Freunden aus Körper, Geist und Seele ficke.

Wider den Zeichen, die meine harte Reaktion mir gibt, erhebe ich mich nach einem kurzen Blick auf meine Uhr und trete an den Tisch heran, an dem Vienna und Aislinn sitzen.
„Wir sollten los.", räuspere ich, ohne an Professionalität zu verlieren. „Mr Thornton, ich denke wir entscheiden wann es Zeit ist zu gehen.", funkelt mich Vienna mit der selben Arroganz an, wie sie ihre beiden Kumpanen ausstrahlen. Ich presse meine Lippen aufeinander, um das Gefühl herunterzuschlucken, sie über die Schulter legen zu wollen und persönlich nach Hause zu tragen. „Ihr Vater erwartet sie beim Abendessen, wir gehen." Ich blicke kurz in die Runde, bevor ich mich runter beuge um mit einer Hand auf dem widerlich klebrigen Tisch abstütze. Die andere umklammert die Lehne Vienna's Stuhl. „Zwing mich nicht, hier eine Szene zu machen, Darling.", flüstere ich ihr zu. Sie weiß, dass ich es ernst meine.

„Ich hasse dich.", murmelt mir Vienna zu, während sie sich vom Stuhl erhebt, nicht mit meinem festen Stand rechnet und gegen meine Brust stößt.

„Ich weiß."

Für den Bruchteil einer Sekunde färben sich ihre Wangen rot. Dann versteift sich ihre Mine erneut. „Komm, Aislinn. Daddy sagt wir müssen nach Hause."
„Vielleicht kann Daddy mich mal nach Hause bringen.", säuselt mir Grace mit einem verführerischen Grinsen auf den Lippen entgegen. Ein Grinsen, das ich ohne große Mühe ignoriere.
„Wir müssen nochmal zu Harold's. Ich brauche neue Kleider. Und versuch erst gar nicht mich davon abzuhalten, Thornton.", beschwert sie sich pampig wie ein kleines Mädchen und greift nach Aislinn's Hand, um sie mit in das Geschäft zu ziehen. Ich rolle mit den Augen, als ich ihnen in die parfümierte Boutique folge.

Zwanzig Minuten. Zwanzig gottverdammte Minuten, warte ich jetzt in einem durchgesessenen Ledersessel und bin mir sicher, dass die Mädchen extra lang in dieser Umkleidekabine bleiben, um mich zu ärgern. Wie beschissene Kleinkinder.

„Wie viele Kleider wollt ihr noch anprobieren, bis ich reinkomme und eure Ärsche nach Hause schleife?", rufe ich nach weiteren fünf Minuten. Eine Dame, die gerade aus einer anderen Umkleidekabine kommt, sieht mich mit einer Mischung aus Verwirrung und Verachtung an. „Würdest du uns bei der Entscheidung helfen, würde es auch schneller gehen!", trällert Vienna aus der Kabine.

Jetzt reicht es mir. Keine zwei Sekunden später, schließe ich den Vorhang hinter mir und stehe direkt vor zwei überraschten Mädchen.
Aislinn hält sich ein geblümtes Kleid vor ihren Körper, dennoch sehe ich die rosa pastellne Spitzenunterwäsche durchblitzen. Vienna interessiert es entweder nicht, oder sie will mich einfach nur fertig machen, völlig unbekleidet vor mir zu stehen. Dass sie für den heutigen Tag, keinen BH gewählt hat weiß ich, schließlich musste ich mich Stunden über Stunden anstrengen dem Anblick ihrer Brüste unter dem weißen Crop Top zu widerstehen. „Ich warte draußen und wenn ihr in zwei Minuten nicht bei mir seid, fahre ich ohne euch." Eine leere Drohung, der mein Job allein schon im Weg steht, aber Aislinn schafft es ihre Freundin davon zu überzeugen, dass es gut wäre, pünktlich nach Hause zu kommen. Halbwegs zumindest.

Bevor ich die Kabine verlasse, drehe ich mich noch einmal um. Vienna möchte zu dem weißen Höschen greifen, das auf einem Hocker in der Ecke liegt. Ich komme ihr zuvor, schließe meine Faust um den feinen Stoff und führe sie an mein Nase. Allein der entsetzte Gesichtsausdruck der Mädchen, lässt mich diese Aktion noch mehr genießen. „Zwei Minuten.", raune ich, meinen Blick zwischen ihnen wechselnd, ehe ich den kleinen Raum verlasse.

Eins muss man der nach außen hin schüchternen Aislinn lassen, sie hat Vienna im Griff, wenn es darum geht Pünktlichkeit zu wahren. Die Mädchen gehen zwei Schritte vor mir durch den breiten Mittelgang der Mall. In meiner Hosentasche, dass Höschen das ich Vienna eben abgenommen habe. Ihr Geruch liegt mir noch immer in der Nase und das würde er für den Rest des Tages. Der Gedanke daran, dass sie vor mir hergeht, nichts unter dem Top und einem kurzen Rock tragend, lässt
mich meinen Schritt unauffällig neu justieren.

Dann knallt es.
Einmal. Zwei mal. Drei mal.
Ich reiße mich um die eigene Achse, vernehme schreiende Menschen, die in unsere Richtung rennen. Fallende Taschen, stolpernde Besucher, die von den restlichen einfach überstiegen werden. „Runter!", brülle ich in die Richtung meiner Mädchen, stürme auf sie zu und zerre beide hinter eine Reklametafel, die sich mir als nächstbeste Deckung offenbart.
Der griff zur Waffe, versteckt in meinem Hosenbund ist routiniert. Abgeklärt.

„Unten bleiben!"

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