Vierzehn

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„Aislinn, was...was machst du hier?",frage ich in Begriff mein Zimmer zu verlassen. Linn holt mehrere DVD Hüllen hinter ihrem Rücken hervor und lächelt mich verzweifelt an. „Hey, ehm...kann ich ein bisschen bleiben? Ich bin sonst ganz allein mit meiner Mum. Sie verhält sich irgendwie komisch."

Ihrem flehenden Blick kann ich kaum etwas entgegen bringen. Mein Date mit Nina und abgefahrenem Sex, oder ein Filmabend auf der Couch, mit Vin Diesel und Aislinn?
„Na komm schon rein.",seufze ich schmunzelnd. „Tut...tut mir leid, hattest du etwas vor? Ich wollte nicht...",stottert sie. „Nein, alles bestens. Nichts, was sich nicht verschieben lässt. Und jetzt komm rein, bevor ich es mir anders überlege.",lache ich, bevor ich die Tür hinter ihr schließe.

„Vienna und ich haben uns oft diese Filme angesehen. Wir haben Pyjamas getragen, Popcorn gemacht und sind irgendwann auf dem Sofa eingeschlafen." Ich schenke dem Mädchen ein Lächeln und nehme die Filme an mich. „Ist das so? Ihr wisst, dass es die auch als Streaming gibt?" „Ja, schon klar. Aber wir sehen uns sowas lieber wie früher an, weißt du? Oldschool.",kichert sie leise. „Oldschool ist mein Ding. Also, junge Dame. Ab auf die Couch mit dir. Ich bin gleich wieder da."

Aislinn wirft sich glücklich auf das kleine Sofa vor dem Fernseher, während ich mein Handy nehme, um Nina eine Absage zu machen.
>Tut mir leid. Notfall bei der Arbeit. Verschieben wir es?<

In meinem Schlafzimmer, ziehe ich mir die Klamotten zum ausgehen wieder vom Körper und stattdessen welche an, die als Pyjama durchgehen könnten. Kurze Shorts und ein Shirt von der Navy. Auch für Linn bringe ich welche mit.

„Hier The Rock. Zieh die an. Du wolltest doch Pyjamas oder?",frage ich und werfe ihr die weichen Klamotten lachend ins Gesicht. „Wirklich? Die sind doch viel zu groß." „Zieh sie an und ich mache Popcorn. Zack Zack, Madame." Grinsend verschwindet Aislinn in meinem Schlafzimmer. Ich suche solange nach einer Tüte Mikrowellen Popcorn und werfe sie, wie auf der Packung angegeben in das Gerät. Eine Minute später kommt Linn pünktlich zum fertigen Popcorn aus meinem Zimmer.

„Wie sehe ich aus?",fragt sie kichernd, wobei ihre linke Hand im Ärmel des Pullovers verschwindend vor ihrem Mund liegt. Die Kleidung ist ihr wirklich viel zu groß, doch genauso groß ist meine Freude über ihre Anwesenheit. Sie sieht einfach süß darin aus.

„Wie die niedlichste Version von mir.",antworte ich ehrlich und stelle die Schüssel Popcorn auf den Couchtisch.
Wenig später finden wir uns beide, während Schießereien und Verfolgungsjagden auf dem Stoff des Sofas wieder. Natürlich dürfen die Bikinimodels der Copacabana nicht fehlen. Anscheinend verwirrt es Aislinn, dass mir beim Anblick der Damen nicht sofort die Augen aus dem Schädel springen.

„Okay bist du schwul, oder blind?",platzt es urplötzlich aus Linn's Mund. „Was?",frage ich verwirrt schmunzelnd. „Naja da tanzen superheiße Frauen in knappen Bikinis auf Motorhauben rum. Jeder andere Mann würde...keine Ahnung, jedenfalls nicht so cool bleiben wie du.",schmunzelt sie mit ihrem Glas in der Hand. „Ich meine...was ist dein Typ? Auf welchen Typ Frau steht Jack Thornton."

"Wird das jetzt so ein Gespräch?",frage ich kopfschüttelnd. „Komm schon, wenn ich schon nicht mit Vienna darüber reden kann." „Okay, Okay.",willige ich schlussendlich ein und drehe mich dichter zu Linn. „Ehrlich gesagt, hab ich nie einen...bestimmten Typen gehabt. Ich hatte sowieso nicht viel Zeit für Frauen."

"Bin ich dein Typ?",kichert Aislinn in den Ärmel meines Pullovers an ihrem Körper. Verblüfft schlucke ich und stelle meine Bierflasche auf den Tisch. „Aislinn, du könntest meine Tochter sein, das..." „Jetzt vergiss doch mal deine Tugend, Jack. Rein hypothetisch. Bin ich dein Typ? Und jetzt lüg mich nicht an."

„Du..." Ich kann nicht glauben, dass ich mich auf dieses Gespräch einlasse. „Wenn ich nicht für dich und Vienna arbeiten würde...ja, dann...dann wärst du wahrscheinlich so etwas wie mein Typ.",gebe ich zu und nehme erstmal einen großen Schluck meines Bieres. Aislinn kichert wieder in ihren Ärmel. „Du wärst bestimmt eine gute Story in der Uni. Mein Bodyguard." „Dein Bodyguard hat schon genug gesagt. Und jetzt Augen nach vorne.",seufze ich.

„Ich vermisse Vienna einfach. Ich vermisse alles. Wenn ich nur daran denke, was sie jetzt machen." Ihre Augen werden langsam rot und glasig. „Denk nicht dran, ja?" Ich nehme ein Taschentuch und trockne sanft die Tränen unter ihren Augen. Unsere Blicke treffen sich für einen Augenblick.

„Küss mich.",flüstert Aislinn wie aus dem nichts.

Für einen Moment sehe ich sie nur wie erstarrt an. „Okay, ich glaube im Popcorn war irgendwas alkoholisches.",versuche ich von ihrer Bitte abzulenken und stelle die Schüssel in ihren Händen zurück auf den Tisch.

„Jack, bitte. Ich mein es ernst. Vienna ist da oben mit ihrem blöden Mann und macht viel schlimmere Dinge.",protestiert sie quengelnd. „Linn, das ist was anderes. Und mal abgesehen davon, dass du mit ihr zusammen bist, bist du auch noch meine Klientin. Du stehst unter meinem Schutz, das nutze ich sicher nicht dafür aus. Selbst wenn ich es wollte."

Der Film war mittlerweile komplett in den Hintergrund gerückt. „Aber ich will es, Jack. Ich hab noch nie einen Mann geküsst, ich hatte niemals irgendwas mit einem Mann. Vienna war meine...meine erste. Überhaupt. Ich will nur nicht in ein paar Jahren merken, dass ich eigentlich auf Männer stehe und...ach keine Ahnung."

Ich nehme ihre zierliche Hand in meine und streichle behutsam darüber. „Wie fühlt sich das an? Genauso wie Vienna dich berührt?" Linn sieht herab auf unsere Hände und nimmt meine Finger in ihre. Sie seufzt und sieht wieder zu mir auf. „Bei dir fühlt es sich genauso an. So war es noch nie bei einem Mann. So wie bei Vienna."

Ich lächle ihr zu und lasse nun langsam von ihrer Hand ab. „Aislinn, ich fühle mich wirklich geehrt, dass ich anscheinend doch noch nicht zu alt für Frauen wie dich bin.",schmunzle ich.
„Du bist der Wahnsinn, Jack. Du bist ganz anders, als jeder Kerl an meiner Uni. Du bist...so echt. Und hast so viel Erfahrung." Ihr Versuch mich zu einem Kuss zu überreden, lässt mein Herz noch schneller schlagen, als es seit gerade eben sowieso schon schlägt. Und schließlich willige ich tatsächlich ein.

„Also gut. Ein Kuss. Nicht mehr."

Mit leuchtenden Augen, blickt mich das Mädchen an. Ich nehme erneut ihre Hände, um Aislinn etwas aufzulockern und ihr Sicherheit zu geben. Ich kann einfach nicht glauben, dass ich das hier tue. Ich hasse mich selbst dafür, bringe mein Gesicht dennoch nah an ihres. Aislinn's Herz klopft wie verrückt, ihr Atem geht schnell gegen meine Lippen und bevor wir es uns beide anders überlegen können, vereine ich unsere Münder zu einem.
Der Kuss hält lange an. Mit geschlossenen Augen versuche ich Linn's ersten Kuss mit einem Mann so angenehm wie möglich zu gestalten. Ihre Lippen fühlen sich perfekt auf den meinen an, als wären sie dafür geschaffen mich zu küssen.

Erst nach knapp einer Minute löse ich den Kuss in einem erschöpften Seufzer und sehe dem Mädchen vor mir einfach in die Augen.

Fuck, was ist hier gerade passiert?

Aislinn's Lippen Beben vor Adrenalin und unterstreichen die leuchtenden Augen selbiger. „Jack...",murmelt das Mädchen weggetreten. „Wie war er?",frage ich. Ich soll jedoch keine Antwort erhalten.

Stattdessen beugt sich Aislinn zu mir herüber und vereint unsere Lippen ein zweites Mal. Anstatt es zu unterbrechen und ihr zu sagen, dass wir es niemals hätten soweit kommen lassen dürfen, erwidere ich den intensiven Kontakt, nicht weniger leidenschaftlich als sie.

Langsam drückt mich das Mädchen nach hinten auf die Couch. Mir gefällt nicht wohin das führt, also warum stoppe ich sie nicht?

„Aislinn...",hauche ich ihr zwischen den Küssen entgegen, um wenigstens irgendwas zu sagen. „Sei still Jack. Ich will es. Ich will dich." Plötzlich funkeln Aislinn's Augen nicht länger nur vor Aufregung und Unsicherheit. Es ist Lust die sich in ihnen wiederspiegelt.

Noch bevor ich probieren kann zu widersprechen, bahnt sich das Mädchen ihren Weg an mir herunter. Sie küsst zart über meine Kieferknochen und verteilt ihren roten Lippenstift auf meinem Hals. Mit ihren zarten Händen macht sich Aislinn an meinem Hosenbund zu schaffen. Jede Zelle meines Hirns, wehrt sich gegen diese Handlung, doch der Kampf gegen die Zellen meines Körpers ist von Anfang an aussichtslos.

Ich kann nicht anders. Ich will, aber ich kann nicht. Ich weiß, es ist mein Ende. Was ich nicht weiß...es ist unser Anfang.

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