Jahrmarkt

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Annabeth:


Ich sehe mich suchend um. Von Percy ist weit und breit keine Spur zu sehen. Nur haufenweise Menschen in bunter Sommerkleidung, die in Richtung Innenstadt unterwegs sind.

Mein Herzschlag beschleunigt sich, als ich einen schwarzen Haarschopf in der Menge aufblitzen sehe, aber ich lasse meinen Blick enttäuscht weiterschweifen, weil der Haarschopf in die falsche Richtung läuft.

Ich habe Percy seit vier Tagen nicht mehr gesehen, weil er auf einem wichtigen Schwimmwettkampf war. (Den er natürlich gewonnen hat).

Jedenfalls wollten wir uns heute auf dem Jahrmarkt treffen. Und jetzt stehe ich hier und warte sehnsüchtig auf Percy, von dem immer noch keine Spur zu sehen war. Auf einmal hielt mir jemand von hinten die Augen zu.
Sofort begebe ich mich in Kampfstellung, aber als ich das Lachen an meinem Ohr höre, und der altbekannte Duft nach Meeresbrise und Urlaub mir in die Nase steigt, lasse ich meine Fäuste sinken und drehe mich mit einem, zugegebener Weise etwas mädchenhaften, Quietschen nach hinten um und werfe mich in Percys Arme.

Er stößt einen überraschten Laut aus. Von der Wucht meiner Umarmung überwältigt taumeln wir nach hinten. Percy legt die Arme um mich und lacht leise auf.

Aber daran, dass er mich noch enger an sich zieht und sein Gesicht in meinen Haaren vergräbt, merke ich, dass er mich mindestens ebenso vermisst hat, wie ich ihn. Das bekomme ich auch gleich noch einmal bestätigt, denn er flüstert:
„Ich habe dich so vermisst Anni!“
„Ich habe dich auch vermisst,“
flüstere ich zurück. Dann grinse ich zu ihm hoch.

„Und jetzt komm, ich will Zuckerwatte!“
„Ja gleich!“ Percy lächelt mich liebevoll an „Bekomme ich vorher noch einen Begrüßungskuss?“ „Na gut.“ Wer könnte bei dem süßen Hundeblick schon Nein sagen? Außerdem will ich ja auch einen Begrüßungskuss haben!

Also stelle ich mich auf die Zehenspitzen und küsse ihn. Und prompt rücken alle Gedanken an Zuckerwatte in den Hintergrund.


Erst als uns jemand anrempelt, fällt mir wieder auf, dass wir ja eigentlich auf dem Jahrmarkt sind. Ich küsse Percy noch einmal schnell, dann packe ich seine Hand und ziehe ihn hinter mir her, direkt ins Getümmel.


Zuerst machen wir an einem Enten-angeln Stand Halt. Leider stellt sich heraus, dass wir beide kein besonderes Talent zum Angeln haben. Aber zum Schluss fische ich ein kleines Quietsche-Entchen aus dem Teich, das ich dann auch behalten darf. Wir schlendern weiter über den Jahrmarkt. An einem Stand, bei dem man Luftballons mit Dartpfeilen zum Platzen bringen muss, bleiben wir wieder stehen. Percy bestellt fünf Pfeile bei dem Buden Besitzer. Dieser legt die Pfeile auf den Tisch. Dann sagt er zu mir:
„Na Gott sei Dank hast du deinen Freund dabei, der sieht so aus, als könnte er gut werfen.“ Ich schnaube. „Soll das etwa heißen, ich selber könnte nicht werfen?“ „Nun ja…“, er mustert mich zweifelnd. Okay, das reicht. Ich ziehe empört die Luft ein.
Percy sieht den Budenbesitzer belustigt an. Er weiß, was jetzt kommt. Ich drücke ihm mein Quietsche-Entchen in die Hand, dann greife ich zu den Dartpfeilen.

Bumm! Der erste Luftballon platzt. Es folgen Nummer zwei, drei, vier und fünf, alle schön in einer Reihe. Dem Budenbesitzer bleibt der Mund offenstehen.
Dann drückt er mir einen Teddybären in die Hand. Ich grinse und Percy und ich gehen weiter.
„Das war gut! Ich bin stolz auf dich“, freut sich Percy. „Obwohl es natürlich romantischer gewesen wäre, wenn ich dir den Teddybären geschossen hätte!“

Er grinst mich an. Ich blicke zu ihm hoch. „In diesem Fall konnte ich leider nicht einmal zu Gunsten der Romantik auf meinen Triumpf verzichten. Entschuldige.“

Ich verziehe mitfühlend das Gesicht. Percy prustet los. Und ehe ich mich versehe stimme ich in sein Gelächter mit ein.

Als wir an einem Stand mit gebrannten Mandeln, Schokofrüchten und Zuckerwatte vorbeilaufen, knurrt mein Magen sehr laut und fordernd. Percy scherzt: „Ich nehme das jetzt mal als mehr oder weniger subtile Aufforderung, dir deine Zuckerwatte zu kaufen.“

Ich lächle ihn nur herzallerliebst an. Wir stellen uns in die Schlange und Percy bestellt eine extragroße Zuckerwatte. Als ich sie dann in der Hand halte, sehe ich Percy fragend an.
„Wohin jetzt?“ Percy nimmt wieder meine Hand. Seit er wieder da ist, hat er sie immer nur ganz kurz losgelassen. „Lass dich überraschen.“ Ich weiß genau, wo er hinwill. Aber das verrate ich ihm natürlich nicht. Gehorsam folge ich ihm. Mittlerweile ist es auch nicht mehr so überfüllt. Die Dämmerung hat eingesetzt. Ich esse meine Zuckerwatte und folge Percy geradewegs ins Zentrum des Jahrmarktes zum Riesenrad.

Jetzt in der Dunkelheit ist alles wunderschön beleuchtet.
„Du schuldest diesem Abend noch ein wenig Romantik, Neunmalklug,“ raunt Percy. Eine Gänsehaut breitet sich langsam auf meiner Haut aus.


Dem Umstand, dass jetzt noch weniger Menschen unterwegs sind, ist zu verdanken, dass wir völlig alleine sind, als wir in die Gondel des Riesenrads steigen. Langsam setzt es sich in Bewegung. Und der Ausblick verschlägt mir den Atem.

„Du hattest Recht. Es ist wirklich romantisch!“, flüstere ich. Lauter traue ich mich nicht zu sprechen. Die lauten Töne könnten die Magie dieses Moments zerstören. Unter uns leuchtet der ganze Jahrmarkt in bunten Farben und über uns funkeln die Sterne. Und neben mir sitzt der Mann meiner Träume und blickt mich an. In seinem Blick liegt so viel Liebe, dass mir der Atem stockt. Ich fühle mich so geliebt und wunderschön und voll mit Magie wie noch nie.

Langsam bewegen sich unsere Gesichter aufeinander zu. Und dann seine Lippen auf meinen. Seine Hand in meinen Haaren. In dem Moment bin ich mir so sicher wie nie zuvor: Ich liebe ihn. Mehr als alles andere auf dieser Welt. Genau das sage ich ihm dann auch. Wir küssen uns, bis wir wieder unten ankommen. Und ich bin so glücklich wie lange nicht mehr.

PERCABETHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt