Besichtigung

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Miranda:

Kaffee, ich brauche Kaffee! Übermüdung als Folge von Schlafentzug, begründet durch stundenlanges in den Schlaf weinen ist definitiv nicht die perfekte Voraussetzung für einen gelungenen Start in den Tag.

Mein Gesichtsausdruck sieht ungefähr so aus, wie der eines toten Maulwurfs, dessen Kadaver gerade von Würmern zerfressen wird. Entsprechend schlecht ist meine Laune auch. Ich schlurfe zur Kaffeemaschine. Als meine Mitbewohnerin in die Küche kommt, natürlich mit einem breiten Lächeln im Gesicht, und mich fragt, wie es mir geht, habe ich nur einen bitterbösen Blick und ein Knurren für sie übrig.

Sie, ganz die Frühaufsteherin, lässt sich davon nicht beeindrucken und plappert munter vor sich hin. Wenn überhaupt möglich sinkt meine Laune noch weiter in den Keller, Ich schnappe mir meinen Kaffee, motze Cristina an, sie soll mir gefälligst aus dem Weg gehen und gehe wieder ins Bett. Mir ist klar, dass sie nichts dafürkann, dass ich gestern meinen, jetzt Ex-Freund, abserviert habe, nachdem ich rausgefunden habe, dass er mich betrügt. Aber ich habe gerade so einen Hass auf alle Menschen, dass ich keinen Unterschied zwischen den Schuldigen und Unschuldigen machen kann.

Wenigstens muss ich heute erst mittags arbeiten, das heißt, ich kann jetzt noch ein paar Stunden ins Bett. Wenn ich Glück habe, kann ich danach zumindest das Problem mit dem Schlafmangel von meiner Liste streichen. Und diese Liste ist im Moment ziemlich lang. Seufzend schüttele ich mein Kissen auf. In dem Moment klingelt mein Handy.

Ich ignoriere es. Dann klingelt es ein zweites Mal. Ich nehme es seufzend in die Hand. Sollte es nämlich Tim sein, kann der sich auf was gefasst machen. Eigentlich wollte ich ihm ja noch ein Weilchen aus dem Weg gehen, aber wenn er jetzt schon anruft, kann ich ihm auch gleich die Meinung geigen. Aber es ist gar nicht Tim. Seltsamerweise fährt ein kleiner Schmerzensstich durch meinen Bauch. Bis jetzt hat er sich noch gar nicht gemeldet. Man könnte ja meinen, er hätte 40 Nachrichten geschrieben und siebenundzwanzigmal angerufen, um zu beteuern, wie leid es ihm tut.

Aber mein Handy zeigt weder verpasste Anrufe, noch eigegangene Nachrichten an. Habe ich ihm wirklich so wenig bedeutet? Der verstummende Klingelton meines Handys reißt mich aus meinen Gedanken.

Fluchend entsperre ich mein Handy. Das war nämlich nicht nur nicht Tim, sondern mein Chef. Und den sollte ich unter keinen Umständen warten lassen. Deshalb rufe ich ihn sofort zurück. Er meldet sich direkt beim ersten Klingeln. „Miranda, na endlich!“
„Entschuldigen Sie bitte, ich bin zu spät ans Telefon gegangen. Was gibt es denn?“ „Nun, Miranda, ich weiß, Sie müssen heute eigentlich erst ab zwei arbeiten, aber Sophie ist krankgeschrieben und ich kann diese Wohnungsbesichtigung unmöglich absagen. So leid es mir tut, sie müssen kommen und einspringen.“

An seinem Tonfall kann ich hören, dass es ihm ganz und gar nicht leid tut. Schlimmer noch, sollte ich absagen, würde er mich feuern. Also zwinge ich meinen Mund, „Aber natürlich, geben Sie mir 15 Minuten“, zu sagen, um dann wie von der Tarantel gestochen aufzuspringen und ins Bad zu rennen, dabei vor mich hin zu schimpfen und meinem Chef einen langsamen und qualvollen Tod zu wünschen.

Dreizehn Minuten, eine Katzenwäsche (zum Haare waschen hatte ich zu wenig Zeit) und eine gar nicht so missglückte Kleiderwahl später sitze ich im Auto und rase in Richtung Büro. Dort angekommen hetze ich die Flure entlang, bis ich im Vorzimmer des Büros vom Chef keuchend stehen bleibe und den missbilligenden Blick der Sekretärin auf mein Outfit ignoriere. Diese drückt mir dann auch gleich mit einem genäselten „Der hier ist für Sie. Der Termin ist in einer halben Stunde“ einen Ordner in die Hand. Ich mache mich, etwas gemächlicher als auf dem Hinweg, auf den Weg in Richtung Auto. Dabei schaue ich mir erst einmal an, welche Wohnung ich überhaupt vorstellen soll. Und stöhne dann genervt auf, bevor ich meinen Schritt wieder beschleunige.

Die Wohnung liegt am anderen Ende der Stadt und ich habe, wie die nette Dame am Empfang mir ja so freundlich mitgeteilt hat, nur noch eine halbe Stunde Zeit. Also hechele ich wieder zum Auto. Dort würde ich alles für eine Dusche und 30 Minuten Zeit geben, aber so viel Glück ist mir nicht vergönnt. Deshalb fahre ich einfach auf dem schnellsten Weg zur Wohnung. Die Zeit im Auto hat zumindest ausgereicht, um meine Atmung wieder halbwegs unter Kontrolle zu bekommen, sodass ich jetzt wenigstens einen einigermaßen guten Eindruck beim Kunden machen müsste.

Außer natürlich, Die Kunden sind charakterlich eher der Sekretärin von vorhin ähnlich, aber um bei solchen Leuten einen guten Eindruck zu machen müsste man sich mindestens die Lippen aufspritzen und intellektuell das Level eines Toastbrots haben. Als ich jetzt aus dem Auto aussteige, auf das Schlimmste gefasst, steht schon ein junges Pärchen neben der Eingangstür. Gott sei Dank sehen sie nicht so aus, als müsste ich missbilligende Blicke oder hochnäsige Kommentare ertragen. Im Gegenteil, sie lächeln mich sogar freundlich an.

Zu allem Überfluss sind sie auch noch ein sehr hübsches Paar. Er sieht mit seinem Dunklen Haar und den grünen Augen aus wie ein Gott und sie strahlt mit ihrer geraden Haltung, dem strahlend blonden Haar und den grauen Augen eine innere Stärke aus, wie ich es bis jetzt noch bei kaum einem Menschen erlebt habe. Sie stellen sich mir als Annabeth und Percy vor und bis wir im dritten Stock angekommen sind, habe ich die beiden schon ins Herz geschlossen.

Die Wohnung, die sie besichtigen wollen, ist sehr hübsch. Sie hat viel Platz, ist aber trotzdem noch zu bezahlen. Große Fenster und eine kleine, aber nicht zu kleine Küche. Ich führe Sie herum und zähle ihnen die Fakten über die Wohnung auf, dann ziehe ich mich zurück, damit sie noch alleine einen kleinen Rundgang machen können. Ich gebe mir Mühe, nicht zu lauschen, aber als ihre Stimmen zu mir dringen, kann ich nicht anders und spitze die Ohren.

„Diese Wohnung ist wirklich hübsch!“, sagt Annabeth. „Ja ich finde auch. Wir sollten sie nehmen,“ stimmt Percy ihr zu. „Bist du sicher?“ „Hier wären wir in der Nähe von deinem Büro, und Jason und Piper wohnen auch ganz in der Nähe. Ganz zu Schweigen von Will und Nico, die quasi unsere Nachbarn wären.“ Kurze Stille. „Stimmt. Ich glaube, du hast Recht. Besser als diese Wohnung hier wird es nicht. Und es ist viel Platz.“

Na wenn das mal nicht eine schnelle Entscheidung war. Sie kommen zu mir zurück und teilen mir ihre Entscheidung mit. Ich tue natürlich angemessen überrascht, dann verabschieden wir uns und ich schreibe noch ihre Kontaktdaten auf. Im Weggehen sehe ich, wie Percy sich zu Annabeth beugt und sie küsst. Schon ein süßes Pärchen, die zwei.

Hey, kein langer Oneshot heute, aber wenigstens überhaupt etwas...

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!

Ach ja, danke an HopeLight28 für die Idee dieses Oneshots 😘

Bis Bald!

PERCABETHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt