der Name

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Alles geschah wie in Zeitlupe. Ich kam nur schwerfällig vom Boden hoch und auch als ich mich aufgerappelt hatte fühlte es sich an, als würde jeder einzelne Moment der gerade passierte an mir vorüberziehen. Ich starrte für einen Augenblick der mir ewig vorkam einfach nur den Mann an, der triumphierend grinsend da stand mit... der Waffe in der Hand. Die Waffe. Der Schuss. Ich wand meinen Kopf in die Richtung in die Jack seinen Schuss abgefeuert hatte, doch ich sah nichts als schwarz. »Hauptgefreiter!«, rief ich verzweifelt und wollte zu ihm gehen, doch meine Beine bewegten sich keinen Zentimeter. Was ist, wenn dieser Mistkerl ihn getroffen hat. Was ist wenn er jetzt...  schoss es mir in den Kopf und ich rief noch einmal nach Levi. Wieder keine Antwort. »Tja Kleines.« Der Zahnlose, der mich zuerst gefunden hatte kam hinter Jack hervor auf mich zu. »Wollen wir nicht nachschauen, was mit deinem lieben Hauptgefreiten passiert ist?«, fragte er mich dreckig grinsend. »Wie wäre es denn, wenn du am besten selbst nachsiehst?« Er hielt mir seine Lampe hin. Ich schluckte schwer und zwang mich einen Schritt vorwärts zu machen. Mit zitternden Händen nahm ich den Leuchtkegel entgegen unfähig etwas zu sagen. Dann machte ich einen Schritt, dann noch einen. Mit dem schwachen Licht der Lampe, konnte man nicht all zu weit sehen und so viel es mir noch schwerer mich an die Stelle heran zu tasten in die Jack geschossen hatte. Was ist wenn er dort liegt und schwer verletzt ist. Was ist wenn er so stark blutet, dass er nicht aufstehen kann, oder wenn er... Bei diesem Gedanken wurde mir ganz ungut und meine Hände zitterten so stark, dass mir die Lampe bald heruntergefallen wäre. Nur noch ein paar Meter, schoss es mir in den Kopf. Da muss es gewesen sein. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich einen großen Schritt nach vorne machte und der weiß gelbliche Lichtkegel erfasste binnen Sekunden die Umgebung vor mir. Meine Augen weiteten sich und ich stieß ungläubig die Luft aus. Aber, das kann nicht sein, wie hat er... Plötzlich hörte ich einen lauten Schrei und ich fuhr erschrocken herum. Meine Hände zitterten jetzt nicht mehr so stark und ich konnte auch wieder laufen. Als ich zum Stehen kam, wurde mein Herz vor Erleichterung ganz schwer. Da stand er, sein Umhang sanft im Wind wehend sein schwarzes Haar verschmolzen mit der Dunkelheit um ihn herum. Mein Blick blieb an ihm kleben und er erwiderte ihn für einen kurzen Moment, dann richtete er ihn auf den Boden. Ich folgte seinem Blick und sah jetzt erst, dass ein großer Klumpen vor ihm auf dem Boden lag. Aber natürlich! Der Schrei! Beim näher herrankommen konnte ich erkennen das das auf dem Boden kein Klumpen, sondern Jack war und ich hielt mir erschrocken die Hand vor dem Mund, als ich sah, dass er aus seinem Oberschenkel stark blutete. Von dem Schwert des Hauptgefreiten tropfte das Blut und seine Hand hatte sich fest um den Griff geklappert. »Tch. Dreckiger Bastard«, zischte er und verpasste dem am Boden liegenden Mann einen festen Tritt, sodass er vor Schmerz aufkeuchte. »Ihr Verbrecher seid alle gleich, auch wenn ihr versucht euch zu ändern.« Levi versetzte Jack einen weiteren Tritt, sodass dieser Blut spuckte. »Hauptgefreiter... bitte hören Sie damit auf«, sagte ich leise, doch Levi ignorierte mich und trat weiter auf ihn ein. »Bitte...«, sagte ich leise. »Sei still«, kam die kalte Antwort und Levi wollte einfach nicht aufhören. Meine Augen weiteten sich, als der Hauptgefreite das Schwert hob mit dem er Jack bereits in den Oberschenkel gestochen hatte und es über die Brust des Mannes hielt. Er wollte ihn doch nicht etwa töten? Aber warum... »Wie fühlt es sich an?« Meine Gedanken wurden von Levi unterbrochen. »Wie fühlt es sich an jemanden Schwächeren auszunutzen?« Seine Stimme durchschnitt die Luft, wie die Klinge seines Schwertes Fleisch durchschnitt und als Jack nichts antwortete packte er ihn am Haarschopf und schlug ihn mit der Faust in die Magengrube. Die Augen des Verbrechers waren ausdruckslos und er spuckte erneut Blut. »Ich... ich weiß nicht... von w-was du da sprichst«, keuchte Jack heiser und Levi ließ ihn los. Für einen Moment, der mir wie eine Ewigkeit vorkam sagte niemand etwas, dann stand der Hauptgefreite auf und holte ein Taschentuch aus seiner Manteltasche um damit seine Waffe zu reinigen. »Tch. Schon wieder alles verdreckt, wegen diesen Scheißkerlen.« Dann drehte er sich zu mir um. »Was stehst du hier so blöd rum, versuch erst mal wieder dein Pferd zu beruhigen.« Er nickte mit einer Kopfbwegung in die Richtung, in der mein Pferd unruhig auf der Stelle trat. Ein Glück es ist nicht davon gelaufen, dachte ich erleichtert, doch trotz Levis befehlenden Ton rührte ich mich nicht von der Stelle. »Nun, mach schon«, wiederholte er kühl und ich schüttelte daraufhin den Kopf. »Was wirst du jetzt mit ihm anstellen?«, fragte ich leise. »Stell nicht so dumme Fragen und geh zu deinem Pferd.« Ich versuchte mit Levi Blickkontakt aufzunehmen doch er sah mich nicht an. Ich seufzte und setzte mich dann schließlich doch in Bewegung. »Ruhig, ganz ruhig, alles wir gut«, sprach ich im sanften Ton mit meinem Pferd und ging langsam auf es zu. Mauer Maria, das kriegt sich ja gar nicht mehr ein, dachte ich als ich verzweifelt versuchte nach den Zügeln zu schnappen. »Ich bin es doch bloß, jetzt fahr mal einen Gang runter und...« Weiter kam ich nicht. Mir blieb schlagartig die Luft weg und ich taumelte nach hinten. »Jetzt wirst du dafür büßen du kleines Miststück!«, vernahm ich eine heißere Stimme an meinem Ohr. Es ist der Zahnlose!, schoss es mir in den Kopf. Ich dachte er wäre abgehauen, nachdem Levi seinen Komplizen zusammen geschlagen hat! Ich schielte nach unten und sah, dass die Hände des Räubers sich fest um meinen Hals geschlungen hatten. Sofort musste ich an diese eine Nacht auf dem Korridor zurückdenken. Wie mich Jean so plötzlich gepackt hatte und wie mir in diesem Moment ebenfalls die Luft weggeblieben war. »Du gehörst nicht hier her«, hatte er gesagt. Obwohl nach diesem Vorfall inzwischen ein Zeit vergangen war gingen mir diese Worte nicht mehr aus dem Kopf und ich spürte wie mir Tränen die Wange hinunterliefen. Ein Schuss durchnitt plötzlich die Luft und der Druck lockerte sich um meinem Hals. Dann noch einer. Mein Angreifer sackte in sich zusammen und ich sah wie sich eine Blutlache um ihn herum bildete. Der Hauptgefreite hatte ihn mit Jacks Pistole, die bei dem Kampf zu Boden gefallen war mit zwei präzisen Schüssen getötet. Obwohl die Gefahr vorüber war wollten meine Tränen nicht versiegen und so stand ich einfach nur da. Wortlos kam Levi auf mich zu und reichte mir ein sauberes Tuch. »Hier, wisch das weg. Sieht ja furchtbar aus.« Ich nahm es ihm aus der Hand und tupfte mir die Tränen weg. Währenddessen beobachtete ich Levi, wie er es mit erstaunlicher Leichtigkeit schaffte mein Pferd zu beruhigen und er es an den Zügeln zu mir führte. »Steig auf, das Reiten wirst du doch wohl nicht verlernt haben, nehm ich an.« Ich reagierte nicht auf seine schroffe Aussage sondern blickte auf den Toten der vor mir auf dem Boden lag. Ob er das vorher schon einmal getan hat? Jemanden getötet, überlegte ich und mein Blick wanderte weiter, bis er auf den von Jack traf. Sein Atem ging röchelnd, doch er lebte noch und aus seinem Oberschenkel quoll weiterhin das Blut hervor. Ohne zu wissen was ich tat bewegten sich meine Beine wie von selbst auf den Schwerverletzten zu bis ich direkt vor ihm zum stehen kam. »Lass das, was tust du da«, schnauzte der Hauptgefreite mich an, aber ich antwortete nicht. Nichts als ein Häufchen elend, dachte ich und ich kniete mich neben ihn. Ich riss ein Stück von dem Saum meiner Uniform ab und wickelte es um die Wunde. Jack beobachtete meine Tat mit weit aufgerissenen Augen und er sah aus als wollte er etwas sagen. »Er... er sagte er hat dich beobachtet«, röchelte er und ich blickte ihn erschrocken an. »Er wusste, dass du hier bist, deswegen«, Jack wurde von einem Hustenanfall unterbrochen bei dem er Blut spuckte. »Deswegen... hat er uns beide hergeschickt um dich... zu holen. Es... es war unser Auftrag.« Meine Augen weiteten sich und ich merkte wie meine Hände zu zittern begannen. »Wer? Wen meinst du?«, fragte ich leise und wagte es kaum zu atmen aus Angst ich könnte Jacks Antwort überhören. Der Verletzte schnappte rasselnd nach Luft ein und seine Augen verdrehten sich nach hinten. »Wer?«, fragte ich nochmal etwas lauter und packte Jack an der Schulter. Seine Brust hob und senkte sich so langsam, dass man glaubte sein Herz würde bereits nicht mehr schlagen, doch den Namen hörte ich trotzdem noch. Dann erschlaffte sein Körper und ich spürte im gleichen Moment wie mich jemand am Handgelenk packte und von der Leiche wegzog. »Er ist tot. Komm jetzt.« Ich betrachtete Levi, als er mich hinter sich herzog bis wir beide vor unseren Pferden standen. Der Schwarzhaarige war bereits aufgestiegen doch ich bleib noch einen Moment stehen, dann nahm ich tief Luft und sprach ihn aus. »Sein Name lautet auch Ackermann, genau wie Ihrer.« Levi starrte mich mit durchbohrenden Blick an und in seine Augen trat ein seltsamer Ausdruck. »Hauptgefreiter, sagen Sie mir, wer ist Kenny Ackermann?«

the right decision || levi x readerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt