xxxvi. - weiße rosen -

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"Ich bedanke mich im Namen der Angehörigen, Kollegen und Freunde, dass wir uns heute hier so zahlreich versammelt haben, um Olivia Hawker auf ihrem letzten Weg zu begleiten", sprach der Pastor zu den Herrschaften, die vor ihm auf den Stühlen saßen.

Zahlreich war übertrieben, gerade einmal 6 Leute waren außer uns hier und mindestens drei davon so aus, als wären sie in diesem Moment überall lieber als bei dieser Beerdigung.

Remus hatte seinen Arm auf die Lehne meines Stuhls gelegt und fuhr beruhigend über meine Schulter, währendem er nach vorne sah.

"Olivia war eine begnadete Botanikerin, Wissenschaftlerin und Mutter, die den Rest ihres Verweilens auf der Erde neben der Liebe ihres Lebens verbringen wird: Jacob Hawker", fuhr er fort und deutete hinter sich.

Das Grab meines Vaters wurde von unzähligen Blumen in den verschiedensten Farben überwuchert, währendem in dem meiner Mutter in großes Loch klaffte und dort unten, in der Grube, in dieser hölzernen Kiste, lag meine Mutter.

Eine Bewegung, die ich aus meinem Augenwinkel wahrnahm, lenkte meine Aufmerksamkeit ab.

Theo hatte sich erhoben, entschuldigte sich bei seinem Sitznachbarn und schob sich an ihm vorbei.

Remus und ich tauschten einen Blick, der dasselbe bedeutete - Was war jetzt so wichtig, dass er mitten bei der Beerdigung aufstand und ging?

Ich kannte Theo - fast mein ganzes Leben - ich kannte ihn und ich wusste, dass er der letzte war, der vorzeitig von einer Grabrede verschwand.

Aus einem Reflex, einem Impuls, stand auch ich auf und zog automatisch alle Blicke auf mich.

Theo hatte niemanden gestört, doch ich war die Tochter der Verstorbenen, natürlich fiel es jetzt auf, wenn ich ging.

Einige Sekunden war ich nur dem Starren der anderen ausgesetzt, wobei sogar der Pastor verstummt war.

"Diese Frau war nie eine Mutter für irgendwen. Und schon gar keine "begnadete"...", murmelte ich, schob mich an den anderen vorbei und folgte denselben Weg, den auch Theo eingeschlagen war.

"Du hast Nerven hier aufzutauchen!", hörte ich Theo fauchen, was mich automatisch dazu veranlasste, stehen zu bleiben.

Er hatte Unterschlupf in einer kleinen Sakristei verschafft, in der jetzt auch die Stimme einer anderen Person ertönte, die ich jedoch durch Wind, Wetter und die dicken Wände nicht verstehen konnte.

Ich wollte näher rücken, vielleicht sogar reingehen und Theo fragen, was los war, doch Rem hielt mich bei sich.

"Ich hab genau so viel recht hierzusein wie du", sagte er leise und verstummte dann mit angestrengten Gesichtsausdruck.

Natürlich...

Seine Werwolf-Sinne...

"Du bist arrogant", sagte er dann, die Augenbrauen zusammengepresst und die Augen auf einen kleinen Busch gerichtet. "Und du nicht? Ich wollte... Ich wollte sie noch ein letztes Mal sehen, nachdem du sie vergiftet hast."

Ich runzelte die Stirn, blieb jedoch still und ließ ihn weiter übersetzen.

"Ich wusste nicht, dass diese verdammten Blumen giftig sind! Ich bin kein verdammter Botaniker!", konnte ich Theo drinnen rufen hören.

"Okay, das reicht mir, Rem", flüsterte ich und zog ihn den Stimmen entgegen. "Theo?"

"Goldie!", erwiderte er überrascht und sah dann zu dem Mann ihm gegenüber, der uns neugierig betrachtete. "Das ist-..."

"Tyler Miller, schön dich kennenzulernen."

Zögernd gab ich dem Mann mit dem starken amerikanischen Akzent die Hand.

Er trug einer Beerdigung entsprechend einen schwarzen Anzug mit lilaner Blumenkrawatte, die hellbraunen Haare waren vom britischen Wetter durchnässt, doch seine blau-grünen glänzten auffällig.

"Und du bist...?", fragte er nach, als ich ihn nur anstarrte, anstatt mich vorzustellen.

"Marigold... Olivias Tochter"

"Ich habe mehrere Jahre mit deiner Mutter zusammengearbeitet ... Seltsam, sie hat dich nie erwähnt..."

Ich senkte meinen Blick, lehnte mich gegen Remus und nickte.

"Das überrascht mich nicht."

Der Mann, Mr Miller, sah mich eine Weile an, dann Theo und dann Remus, bevor er entwaffnend lächelte.

"Ich habe noch ein wenig Zeit, bevor ich zurück nach Washington muss, wie wäre es mit einem Mittagessen?"

"Ich weiß nicht", räusperte sich Theo und sah ebenfalls zu mir. "Das heute war ein anstrengender Tag für Goldie, ich glaube es ist ganz gut, wenn sie sich heute ausruht... Sie hat morgen Schule und-"

"-Ich glaube", unterbrach Remus Theo, den starrenden Blick nicht von Mr Miller nehmend , "ein Mittagessen wäre jetzt genau das Richtige für Goldie."

Ich drehte mich zu meinem Freund, warf ihm einen irritierten Blick zu und zuckte dann mit den Schultern.

"Warum nicht?"

vergissmeinnicht.  // Remus LupinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt