Kapitel 17: Arbeit

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Merlin führte Selene durch einige Gänge, bis sie schließlich vor einer Tür zum Stehen kamen.

Mit Schwung öffnete Merlin die Tür und schupste Selene durch die Tür in eine n großen lichtdurchfluteten Raum, in dem mehrere Betten standen. Die Wände des Raumes waren von Regalen gesäumt, gefüllt mit unzähligen verkorkten Behältnissen und getrockneten Kräutern. Durch mehrere große Fenster schien strahlender Sonnenschein und in einer Ecke des Raumes befand sich ein riesiger Holztisch auf dem sich Bücher, Schalen und Tücher stapelten. Der Raum strahlte eine solche Wärme aus, dass Selene sich sofort an ihr Zuhause erinnerte. Als Helios und sie zusammen im lichtdurchfluteten Wohnzimmer ihrer Londoner Wohnung versucht hatten Portale zu erschaffen und sich gegenseitig hindurchzuschupsen. Während Selene damals keinen Erfolg gehabt hatte, war es Helios zumindest gelungen mehrere Funken zu erschaffen, die dann aber auch die Vorhänge in Brand gesetzt hatten. Seitdem war immer mindestens ein Erwachsener im Raum gewesen, wenn die beiden Magie praktizieren wollten.

„Da bist du ja!"

Sie wurde unsanft aus ihren Erinnerungen befördert, als sich vor Merlin, wie aus dem Nichts eine ältere Dame aufgebaute und ihn vorwurfsvoll anschaute. Mit einem entschuldigenden Lächeln auf den Lippen deutete ihr Begleiter auf Selene.

„Ich habe dir versprochen, dir heute jemanden vorzustellen, der dir zur Hand gehen kann. Darf ich dir Selene vorstellen, Agnes?"

Agnes musterte Selene mit zusammengekniffenen Augen. Für einen kurzen Moment befürchtete sie, Agnes würde ihre Kleidung aus dem 21.Jahrhundert sehen, dann aber fiel ihr wieder das Gespräch mit Cassius ein, an dessen Ende sie beinahe von einem Gartenzwerg getroffen worden wären. Er hatte ihr eines der Grundgesetzte für Zeitreisende erklärt. Aus irgendeinem Grund konnten Personen, die auf einen Zeitreisenden trafen, der noch die Kleidung des eigenen, ursprünglichen Zeitalters trug, dessen Kleidung nicht wahrnehmen. Es handelte sich dabei um äußerst starke Illusionsmagie.

 Den betreffenden Personen wurde vorgegaukelt, dass die Zeitreisenden Kleidung trugen die zum jeweiligen Jahrhundert passte. Natürlich war es immer sicherer möglichst schnell die Kleidung zu wechseln und sich nicht allzu lange auf die schützende Illusionsmagie zu verlassen. Denn niemand wusste, wer diese Magie so gewebt hatte und normalerweise verlor jeder Zauber mit der Zeit an Kraft und verblasste zusehends. Während Selenes Kleidung sich der Zeit zum Schein anpasste, verlor sie allerdings alle Gegenstände, die nicht in die Zeit passten, während des Sprungs. Auch das hatte ihr Cassius erzählt. Seinen Vortrag hatte er immer wieder mit Klageliedern für Dinge unterbrochen, die er während seines ersten unkontrollierten Sprungs verloren hatte. 

Dabei war er in einem See irgendwo im Frankreich des 15. Jahrhunderts gelandet und hatte sein Handy so fest umklammert, dass es mit in diese Zeit gezogen wurde, in der es nichts zu suchen hatte. Nachdem er klatschnass wieder in seiner zeit gelandet war hatte sein Handy den geist aufgegeben. Daraus hatte er eine interessante Theorie abgeleitet. Es war möglich Gegenstände während eines Zeitsprungs zu transportieren, allerdings erforderte dies einen äußerst starken Willen und sehr viel Konzentration. Schlussendlich hatte dieser Transport aber immer Folgen für das betreffende Objekt.

„Ich denke ich kann sie gebrauchen. Du kannst gehen Merlin. Du hast doch bestimmt noch ein paar Dinge zu regeln."

Mit einer wedelnden Handbewegung scheuchte Agnes den etwas verblüfften Merlin aus dem Raum und ließ die Tür hinter ihm mit einem lauten Knall ins Schloss fallen. Dann wandte sie sich Selene zu.

„Wie viel Erfahrung hast du mit Kräutern, Mädchen?"

Selene erinnerte sich an ihre Versuche diverse Tränke zu brauen und die matschigen Ergebnisse.

„Nicht wirklich viel Erfahrung. Tee machen kann ich."

„Hast du jemals Kranke behandelt? Stichwunden? Vergiftungen? Fieber?"

Sie erinnerte sich an die unzähligen Trainingsstunden, in denen Helios und sie versucht hatten sich gegenseitig mit Degen und uralten Schwertern gegenseitig aufzuspießen (natürlich nur zum Spaß, niemand wurde dabei jemals wirklich aufgespießt) und zu dessen Ende sie regelmäßig den erste Hilfe Kasten und diverse Apotheken konsultiert hatten. Selene konnte mit Stolz von sich behaupten, dass in ihrer Gegenwart nie jemand verbluten würde, sofern sie zumindest einen Schal zur Hand hatte.

„ Ja, habe ich."

„Sehr gut! Dann bündelst du jetzt die Kräuter auf dem Tisch und wir warten auf die ersten verletzten Jammerlappen, die sich Ritter schimpfen. Heute finden die Vorbereitungen für das Turnier in ein paar Tagen statt und ich kann mit absoluter Gewissheit sagen, dass heute Blut fließen wird."

Agnes musterte die bereitstehenden Liegen und Betten mit düsterem Blick.

In den darauffolgenden Stunden fegte Selene den gesamten Raum, bündelte und hackte unzählige Kräuter und sortierte sämtliche Bücher zurück in die Regale der Schlossbibliothek von Camelot.

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