Kapitel 31: Wunden

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Den Rest des Tages verbrachte Selene damit, herauszufinden was genau ihre neue Stelle als Merlins Assistentin beinhaltete. Es stellte sich heraus, dass Merlin, der mächtige Magier durchaus dazu in der Lage war, die Wäsche allein zu waschen. Allerdings benötigte er Hilfe dabei, Arthur hinterher zu spionieren.

Denn es war unmöglich gleichzeitig ein Schwert zu polieren und den Kronprinzen zu beobachten. Daraus resultierten nur unzählige Schnittwunden.

Also teilten sie sich die Arbeit. Merlin ging seinen Pflichten als Kammerdiener nach, während Selene sich ganz dem Stalking von Arthur Pendragon widmete. So entwickelte sich eine gewisse Routine. Die nächsten drei Wochen vergingen wie im Flug. In dieser Zeit bemerkte Selene ein paar Besonderheiten. 

Erstens: Arthur Pendragon schien Merlin allein für sich zu beanspruchen. Jeder der auch nur annähernd so viel Zeit mit Merlin verbrachte Arthur, der ihm ständig Anweisungen und neue Aufgaben gab, wurde feindselig gemustert und möglichst zeitnah verscheucht. 

Zweitens : Arthur war keineswegs ein fairer Arbeitgeber. Er ließ Merlin zu unmenschlichen Uhrzeiten zu sich rufen um seine Rüstung zu polieren oder Wäsche zu waschen. Und natürlich sorgte Merlin dafür, dass seine Gehilfin zur gleichen Zeit wie er gerufen wurde.

Drittens: Selene war keineswegs in der Lage Bedrohungen alleine abzuwenden, während Merlin fleißig Schwerter polierte. 

Diese Erkenntnis überraschte Selene keineswegs, schließlich war ihr selbst bewusst, auf welchem Level sich ihre magischen Fähigkeiten befanden.Merlin allerdings war mehr als überrascht, als Arthur ihm sein blutüberströmtes Hemd reichte, mit der Notiz es so schnell wie möglich zu waschen.

Daraufhin musste Selene ein Verhör über sich ergehen lassen. Nachdem sie Merlin erzählt hatte, wie schwer es ihr fiel fallende Gegenstände unauffällig umzulenken, verordnete er ihr tägliches Magietraining.

Dafür war Selene ihm zuerst sehr dankbar, doch nach ihrer ersten Trainingsstunde wünschte sie sich nichts sehnlicher als so schnell wie möglich ins Thelduin Institut zurückzukehren. Denn obwohl Selene wusste wie schlecht sie im Ausüben von Magie war, brachten selbst die einfachsten Übungen sie schnell an ihre Grenzen.

Die Herstellung einer einfachen Magiekugel erwies sich als unmöglich.

Während Merlin mit einer einfachen Handbewegung eine Fußballgroße Magiekugel erschuf und diese für Stunden zwischen seinen Fingerspitzen balancierte, produzierte Selene nur Funken.

Immer wieder glitt ihr Blick zur Tür des Übungsraumes, die unverschlossen war.

„Warum hast du die Tür nicht verriegelt, Merlin?"

Ihr Gegenüber schaute nicht einmal von seiner Kugel hoch als er antwortete.

„Dazu besteht kein Grund."

„Kein Grund? Was ist wenn uns irgendjemand sieht?"

Allein die Vorstellung eines mittelalterlichen Hexenprozesses sorgte dafür, dass ihr ein Schaden durch Selenes Körper lief.

Nun blickte Merlin doch von seiner Kugel auf.

„Arthur weiß das ich ein Magier bin. Er hat einfach beschlossen diese Tatsache zu ignorieren. Genauso wie die hälfte der Ritter. Ich weiß zwar nicht warum sie diese Tatsache ignorieren, aber das ist auch nicht wirklich wichtig. Außerdem gab. Es seit Jahren keine Hexenprozesse auf Camelot und ich glaube nicht das sie plötzlich wieder damit anfangen."

Selene konnte ihr Glück kaum fassen. Sie würde also selbst wenn sie erwischt werden würden nicht auf dem Scheiterhaufen landen. Das war beruhigend. Ihre Euphorie wurde durch einen scharfen Schmerz getrübt, der von ihren Handflächen ausging.

Auf ihren Handflächen prangten zwei lange Schnitte, die bereits bluteten.

Merlin, der sich wieder seiner Kugel gewidmet hatte, bemerkte nichts von den Schnitten, die aus dem Nichts auf Selenes Haut erschienen waren.

Schnell tupfte sie das Blut mit einem Taschentuch ab und drehte ihre Handflächen so, das Merlin die Schnitte nicht sehen konnte.

Solche Wunden hatte sie in den vergangen Tagen oft gesehen. Immer dann wenn Merlin sich unabsichtlich beim polieren von Arthurs Schwert verletzt hatte. Allerdings hatte er sich stets nur kleine Wunden zugezogen. Die Wunden die auf ihren Handflächen erschienen waren wirkten so als hätte jemand ihr ein unsichtbares Schwert über die Hände gezogen. 



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