Jules

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«Hier sind wir wieder», sagt Nick.

Ich betrachte meinen besten Freund von der Seite. Nick hockt hinter dem Steuer seines schäbigen Autos, seine Pilotensonnenbrille sitzt ihm etwas zu tief auf der Nase und seine hellbraunen Haare sind vom Wind zerzaust. Wir biegen gerade, nach einer dreieinhalbstündigen Fahrt in dieser Blechbüchse, in die Strasse des Wohnheims ein. Wir wohnen beide in einem der Wohnheime auf dem Campus. Zwischen den Häusern sind bepflanzte Grünflächen, welche das Gelände eher wie einen Park wirken lassen. Da dieses Auto keine Klimaanlage hat und draussen hochsommerliche Temperaturen herrschen, hatten wir die ganze Autofahrt über die Fenster unten. Ich bin froh, dass Nick wenigstens ein Auto hat, aber wenn man jedes Mal beten muss, dass man ankommt, macht das Ganze nicht gerade zu einem Sonntagsspaziergang.

«Ich bin froh wieder hier zu sein», seufze ich.

«Da bin ich geteilter Meinung», erwidert er stirnrunzelnd.

«Nick. Du hast ja auch die perfekte Familie. Deine Eltern sind glücklich verheiratet und deine Geschwister können es auch kaum erwarten dich wieder zu sehen. So würde ich auch gerne nach Hause fahren.»

Seine Züge werden weich: «Es tut mir leid Jules. Du warst die ganze Autofahrt verdächtig ruhig. Willst du darüber reden?»

Nick weiss was los ist. Er kennt mich zu gut. Er weiss auch wie meine Situation zu Hause aussieht. Zudem haben wir uns vor zwei Tagen das letzte Mal gesehen. Ich schüttle den Kopf und steige aus, da er mittlerweile sein rostiges Auto auf dem Parkplatz geparkt hat. Meine Hose klebt an meinen Oberschenkeln und mein Top an meinem Rücken. Nick tritt neben mich. Er sieht im Gegensatz zu mir erstaunlich frisch aus. Sein enges Shirt spannt sich um seinen Biceps, als er ebenfalls seine Reisetasche aus dem Kofferraum nimmt. Die ganze Bewegung geschieht so geschmeidig und mit einer Leichtigkeit, die mich laut seufzen lässt. Ich rekle mich ab und er wirft sich einfach lässig seine Tasche über die Schultern, als würde sie nichts wiegen, was nicht stimmt. Ich habe sie vorher angehoben und weiss, wie viel sie wiegt. Spielerisch stösst er mit dem Ellenbogen gegen meinen Oberarm.

«Willst du nachher zu mir kommen? Wir können einen Film schauen und soweit ich weiss, hat Matt noch Ben & Jerrys im Gefrierfach», er zwinkert mir verschwörerisch zu.

«Matt bringt dich um, wenn du sein Eis wegisst.»

Matt ist einer der drei Mitbewohner von Nick und hat eine Schwäche für die verrücktesten Eissorten.

«Vielleicht ist es das Eis wert und dann erspart er mir morgen die Vorlesungen.»

«Danke für das Angebot, aber ich treffe mich nachher mit Chad. Ich habe ihn seit zwei Wochen nicht gesehen.»

«Dein Pech. Du verpasst was», sagt er gleichgültig.

«Ich glaube nicht», zwinkere ich ihm zu.

Nick verdreht die Augen, was ich gekonnt ignoriere. Wir gehen zusammen in unser Wohnheim. Nick wohnt im Dachgeschoss, ich im Erdgeschoss. Im Flur drückt er mich kurz, bevor ich zu meiner Wohnungstür gehe und aufschliesse. Ich werfe meine Tasche auf mein Bett, dusche und gehe gleich weiter. Frisch umgezogen trete ich in die schwüle Sommerluft hinaus. Mein Trägertop klebt gleich wieder an meinem Oberkörper. Chad wohnt zwei Häuser weiter. Wir sind seit einem halben Jahr zusammen und ich freue mich riesig. Wir haben uns seit Anfang der Sommerferien nicht mehr gesehen, nur ab und zu telefoniert. Aber auch dafür hatten wir kaum Zeit. Er ist ebenfalls im zweiten Jahr und studiert International Business. Chad ist neben dem auch Basketballspieler. Vor seiner Tür schaue ich nochmal prüfend an mir hinunter und klopfe an. Sein Mitbewohner Jake öffnet mir die Tür.

«Hi Jules. Chad steht noch unter der Dusche, aber komm doch rein.»

Ich begrüsse ihn und folge ihm in die Wohnung. Er verschwindet gleich wieder in seinem Zimmer und ich gehe zu Chads Zimmer. Ich lege mich auf sein Bett und starre an die Decke. Fünf Minuten später betritt Chad sein Zimmer. Sofort richte ich mich auf. Er trägt nur Short ohne Shirt und strahlt mich an.

that something between usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt