Nick

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Ich stehe vor deinem Haus.

Zwei Minuten später bekomme ich eine Antwort auf meine Nachricht.

Warte. Ich komme.

Dreissig Sekunden später öffnet mir Jules die Tür. Ihren Zeigfinger hat sie an die Lippen gelegt. Ich verstehe sofort, dass ich leise sein soll. Ist ja nicht das erste Mal, dass ich mich heimlich in ihr Zimmer schleiche. Früher hatte sie wenigstens noch Streben für Kletterrosen an der Hauswand zu ihrem Zimmer, doch die wurden mittlerweile entfernt, so dass ich nicht mehr von aussen in ihr Zimmer komme, sondern durch das Haus schleichen muss. Aus dem Wohnzimmer dringen Stimmen, als wir an der Tür vorbei zur Treppe gehen. Ohne einen Laut zu machen erreichen wir ihr Zimmer. Kaum bin ich durch die Tür, schlingt sie auch schon ihre Arme um meinen Hals und küsst mich.

«Ich bin so froh, dass du da bist», sagt sie, während wir es uns auf ihrem Bett gemütlich machen.

«Schlimm?», hake ich nach.

«Du hast ja keine Ahnung. Aber lass uns nicht mehr darüber reden. Weisst du, dass du ein richtig gutes Timing gehabt hast.»

«Nein, wieso?»

«Ich war keine fünf Minuten in meinem Zimmer, bevor du geschrieben hast.»

«Ich kenne dich eben», kommentiere ich.

«Glück für mich, Pech für dich.»

«So schlimm bist du auch nicht, meistens jedenfalls nicht», sagt er zwinkernd.

Ich stupse ihn gegen die Brust.

«Wie war dein Thanks Giving?», fragt sie mich.

«Schön. Ich habe mich gefreut, meine Familie wiederzusehen. Meine Mom anscheinend auch. Sie ist mir den ganzen Tag nicht von der Seite gewichen. Sie wollte alles über dich und mich wissen bis ins kleinste Detail. Tut mir leid Jules, sie weiss nun von deinem Blowjob.»

«Was!?», fragt sie schockiert und mit weit aufgerissenen Augen.

«Reingelegt.»

«Man Nick!»

«Ich konnte sie gerade noch davon abwenden, ihr von meiner Bettgymnastik zu erzählen.»

«Ich hätte deiner Mutter nie wieder in die Augen sehen können, hättest du ihr davon erzählt.»

«Sie wollte mit mir nicht die «Bienchen-und-Blümchen-Geschichte durchgehen, also weiss sie, dass ich nicht unschuldig bin. Jules, wir sind alt genug. Selbst, wenn sie davon wüsste, kann sie nichts dagegen tun.»

«Ja, schon. Wäre es dir aber dir nicht auch peinlich, wenn ich meinem Vater erzählen würde, wie du es mir besorgst.»

«Okay. Themawechsel. Böses Kopfkino», sage ich, während ich den Kopf schüttle.

Ich erschaudere am ganzen Körper, als ich versuche die Bilder aus meinem Kopf zu kriegen. Ihr Vater muss nun wirklich nichts davon wissen, was wir wie machen, genau so wenig wie meine Mutter.

Wir quatschen noch eine Weile, bis wir gemeinsam einschlafen.

Unsanft werde ich von einem schrillen Schrei geweckt. Sofort sitze ich hellwach im Bett und schaue geradewegs in das Gesicht von Jules Stiefmutter. Wenn Albträume war werden, geht es durch meinen Kopf.

«Was tut er denn hier?», schreit sie Jules an.

Sie blinzelt müde: «Er hat bei mir übernachtet.»

«Ja das sehe ich. Aber wieso?»
«Keine Sorge, wir sind angezogen. Es ist ja nicht so, als hättest du uns mitten drin erwischt.»

«Schmeiss ihn raus!», befiehlt sie Jules.

Drohend erwidert Jules: «Nein. Nun verschwinde aus meinem Zimmer.»

Ihre Stiefmutter seufzt verärgert, macht auf dem Absatz kehrt und knallt die Tür hinter sich. Jules sinkt zurück in die Kissen und atmet heftig aus.

«Ich rege mich nicht auf. Heute wird ein toller Tag, den sie mir nicht kaputt machen wird», sagt sie beruhigend zu sich selber.

«Hey. Alles okay?»

Ich lege mich ebenfalls wieder hin und ziehe sie an mich. Ihr Kopf liegt nun in meiner Armbeuge, während ich auf dem Rücken liege.

«Tut mir leid, dass sie so reagiert hat», flüstert sie leise.

«Keine Sorge, es ist alles okay.»

«Nein. Ist es nicht. Sie sollte dich nicht so behandeln.»

«Mach dir keine Sorgen um mich. Ich mach mir eher Sorgen um dich. Ich verstehe dich gut, warum du so weit weg studieren wolltest.»

«Danke Nick.»

«Gern geschehen. Sollen wir frühstücken?»

Jules nickt. Wir stehen auf und ziehen uns an. Zehn Minuten später betreten wir gemeinsam die Küche. Jules Vater sitzt am Tisch und liest Zeitung. Ihre Stiefmutter ist nirgends zu sehen.

«Guten Morgen», begrüsst Juliet ihn.

Ihr Vater schaut auf: «Guten Morgen zusammen. Schön dich zu sehen Nick.»

«Hallo Roger. Gleichfalls», begrüsse ich ihn.

«Kaffee?», fragt Jules.

Ich bejahe. Jules füllt zwei Tassen mit Kaffee und stellt zwei Teller mit Besteck auf den Tisch, an welchem auch ihr Vater sitzt. Während dem Frühstück fragt mich ihr Vater über das Footballtraining und die Uni aus. Ihr Vater ist echt schwer in Ordnung. Ich frage mich nur, wieso ihre Stiefmutter so komplett anders ist als die beiden.

«Hast du heute schon was vor?», fragt mich Roger.

Jules Blick schnellt von ihrem Kaffee zu ihrem Vater. Ihr Lächeln wird immer breiter.

«Nein, wieso?»

«Möchtest du uns in die Galerie begleiten?»

«Sehr gerne», sage ich fröhlich.

«Wir fahren in einer halben Stunde los.»

«Kommt Yvonne auch mit?», fragt Jules.

«Nein, sie bleibt hier.»

Jules versucht ihr Lächeln zu verbergen.Erfolgslos. Ihr Vater ignoriert es gekonnt. Eine halbe Stunde später kletternwir in das Auto von Jules Vater.

that something between usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt