Vertrauen

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Fuck, schmeckt das scheiße. Diese Mischung aus Waschmittel und Urin, die mir der Barkeeper gerade aufgetischt hat, sollte er wirklich nicht als Whisky verkaufen dürfen. Ich schlucke den Rest in einem Zug runter und stelle ihm das Glas auffordernd wieder unter die Nase.

"Harten Tag gehabt?" fragt er mit der freundlichen Distanz, die Barkeepern eigen ist.

Zur Antwort schnaube ich nur wenig belustigt und kippe das nächste Glas Pisse hinunter.

"Für mich bitte eine Weinschorle."

Eine hübsche Frau mit eng anliegendem Hosenanzug setzt sich neben mich.

"Den sollten Sie nicht trinken, schmeckt scheußlich" sagt sie mit einem erheiterten Seitenblick auf mein erneut gefülltes Glas.

"Denken Sie wirklich, das habe ich noch nicht bemerkt?" frage ich genervt. Warum geben heute alle ihr Bestes, meinem dünnen Gedultsfaden reißen zu lassen?

"Naja, denke schon. Aber Sie trinken ihn ja immer noch. Ich kann Ihnen etwas anderes ausgeben, falls Geld das Problem ist." Sie zwinkert mir aufmunternd zu.

"Ich trinke ihn, weil es das starkste ist, was der gute Mann hier," ich nicke zum Barkeeper: "zu bieten hat."

"Oh. Harten Tag gehabt?"

Ich schnappe mir die Flasche Pisse vom Tresen und flüchte in eine der hinteren Sitzbänke der Bar. Das Licht ist hier stark gedimmt und ich bemerke erst als es zu spät ist, dass ich auch hier nicht alleine bin. Verdammte Scheiße.

"Hey Barnes!" lallt mir Wilson entgegen.

"Was machst du hier?" frage ich verwirrt.

Der hält mir nur grinsend seine Flasche Pisse entgegen. Ich kann mir ein überraschtes Lachen nicht verkneifen. Dafür bin ich schon zu dicht.

Wir sitzen für eine Weile nur schweigend in der Ecke, jeder ab und an einen Zug aus der Flasche nehmend. Schließlich ergreife ich wieder das Wort.

"Tut mir Leid, dass ich dir heute die Tour vermas... hicks.... selt habe. Walker hat mir ins Gewissen geredet und ich konnte nur daran denken, dass Steve... Steve würde mich umbringen, wenn ich dich im Stich lasse."

"Und mir tut es Leid, dass ich dich beleidigt habe. Das war nicht fair, aber ich war einfach frustriert."

Dann wechselt sein Ausdruck von resigniert zu genervt.

"Trotzdem ist das noch nicht ausdiskutiert. Ist es denn so schwer zu glauben, dass ich fähig bin, mit einem einzigen Mädchen fertigzuwerden?"

Ich spüre die Wut in mir aufsteigen.

"Das wäre mir vielleicht leichter gefallen, hättest du das Schild dabei gehabt!"

"Darum geht es hier also! Schon wieder um das verdammte Schild!" Er wird lauter und steht auf.

"Natürlich geht es um das Schild! Warum zur Hölle hast du es nicht behalten?!"

"Weil ich es nicht verdiene!"

Diesen Satz schreit er fast. Seine Augen weiten sich entsetzt, so als wären ihm die Worte eher versehentlich entwischt. Ich starre ihn ähnlich geschockt an. Nach einer Weile beginnt er langsamer und ruhiger weiter zu erzählen.

"Weißt du, ich dachte nie das ich genug bin. Nicht um Captain America zu sein, meine ich. Ich habe so viele nicht retten können. Ich habe Rhodey nicht retten können. Und dann gibt Steve mir diesen dummen Schild. Es ist nicht meiner. Er gehört jemand anderem."

Er atmet tief durch. Dann sieht er mich einfach schweigend an. Ich versuche trotz des Alkohols meine Gedanken zu sortieren.

"Steve hat an dich geglaubt."

Er verdreht die Augen.

"Das hatten wir schon."

Er will sich genervt abwenden und gehen, aber ich halte ihn am Handgelenk fest. Er dreht sich wütend zu mir um und wirkt dann kurz verwirrt, als er mir in die Augen sieht. Er scheint dort etwas zu erkennen.

"Ich hätte an dich glauben sollen. Es tut mir Leid."

Er sieht mich erstaunt an. Ich entlasse seine Hand aus meinem eisernen Griff und lasse mir Zeit mit meinen nächsten Worten, wähle sie vorsichtig.

"Ich habe dich so stark unter Druck gesetzt wegen dem Schild, weil ich der festen Überzeugung bin, dass du der beste Mann für diesen Job bist. Ich vestehe, dass das eine große Verantwortung ist, aber ich denke, du kannst sie tragen, wirklich. Du hast Steves Talent und auch seinen verdammten Edelmut, der in immer in Schwierigkeiten gebracht hat."

Ich lache bei den Erinnerungen leicht auf.

"Aber ich rede nicht nur von dem, was Steve dachte. Ich rede auch von dem, was ich auf unseren Mission erleben durfte. Dieser Schild gehört dir, Sam."

Er schluckt schwer und löst erst nach einer Weile seinen Blick von meinem. Seine Stimme ist fast ein Flüstern.

"Danke, Buck."

"Für dich immer noch Barnes."

Er lacht leise auf - und stößt einen lauten Rülpser aus. Wir sehen uns an und brechen dann ich schallendes Gelächter aus.

"Ich denke ich sollte jetzt mal dringend schlafen gehen. Gute Nacht, Buck"

Ich korrigiere ihn nicht noch einmal, sondern nicke ihm nur zu. Langsam und schwankend erhebt er sich und geht auf sein Zimmer.

Ich hebe meine Flasche, nehme einen großen Schluck und sage dann leise lächelnd zu niemand bestimmtem:

"Es heißt Barnes."

Winterfalcon - wie du mir; so ich dirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt