Kapitel 13

215 23 2
                                    

In Tadfield bekam man von den Probleme, die sich in London auftaten, natürlich nichts mit. Die beiden Frauen hatten sich wieder in die vorhandene Lektüre vertieft und Anathema hatte sogar angefangen, neue Karteikärtchen mit den Prophezeiungen anzufertigen, und sie mit Kommentaren zu versehen. Sie war schließlich die erste ihrer Familie, die dieses neue Exemplar von Agnes Nutter in Händen hielt, daher war es nun ihre Aufgabe, sich ebenso darum zu kümmern wie schon ihre Vorfahren es mit der anderen Version gemacht hatten. Es war ziemlich mühsam und um ehrlich zu sein wünschte die junge Hexe sich erneut ein Feuerzeug und den Mut, dieses Buch ebenso zu verbrennen. Doch ein Blick aufs Sofa erinnerte sie daran, dass es schon beim ersten Mal eine eher dürftige Idee gewesen war. Vielleicht hätte das alles verhindert werden können, oder man hätte sich zumindest vorbereiten können, damit man nun nicht so hilflos herumsitzen musste. Sie war seit ihrer Geburt dafür erzogen worden, eine Nachfahrin zu sein, aber irgendwie hatte sie wohl versagt. Ja, die Apokalypse war verhindert worden, zumindest damals. Was, wenn jetzt wieder alles darauf hinauslaufen würde?

Der Engel bekam von den Gedanken der jungen Frau natürlich nichts mit. Er war zu sehr damit beschäftigt, sich um Crowley zu kümmern, der zitterte wie Espenlaub und doch vom Schweiß gebadet war. Die blauen Augen des Himmelwesens waren jedoch auf die Brandwunde gerichtet, von der mittlerweile seltsame rote Adern ausgingen, die sich bereits bis hoch zur Hüfte zogen. Diesen Umstand hatte Aziraphale natürlich längst erforscht, in dem er Crowley genauestens untersucht hatte. Zwar wusste er nicht im geringsten, was das zu bedeuten hatte, aber er war sich sicher, dass es nichts Gutes verheißen würde, wenn diese Striemen erst einmal das Herz des Dämons erreicht hatten. Eigentlich wäre es nun ein schöner Moment darüber zu diskutieren, ob Dämonen überhaupt ein Herz besaßen. Crowley würde gewiss behaupten, dass er keines habe, aber Aziraphale wusste, dass sein Freund das reinste Herz besaß, dass ein gefallener Engel eben haben konnte, zumindest kam es ihm so vor, schließlich hatte sich Crowley schon immer um das Wohlergehen der Kinder dieser Erde gesorgt. So etwas tat ein wirklich richtiger Dämon eigentlich nicht.

Nur um sicher zu gehen, dass diese roten Adern nicht schon weiter gewandert waren, schob Aziraphale die Decke beiseite und schob Crowleys schweißdurchtränktes T-Shirt nach oben. „Gefällt dir, was du siehst?", erklang es plötzlich frech, aber kaum hörbar und wurde begleitet von einem Husten, „verdammte Bastarde." Der Dämon stöhnte und versuchte sich ein wenig aufzurichten, doch der Lockenkopf drückte ihn sachte zurück in das Kissen. „Bitte bleib liegen. Erzähl mir, was passiert ist", bat der Blonde und ignorierte den flotten Spruch einfach, der ihm ein bisschen Farbe auf die Wangen gezaubert hatte, weil er sich ertappt fühlte. „Komm schon Engel, mir geht's ... argh." Jedem Wort zum Trotz hatte er erneut den Versuch gestartet sich aufzurichten, doch ein stechender Schmerz unterbrach ihn und ließ ihn wieder zurücksinken. „Fuck ...", fluchte er und schloss kurz die Augen, ehe er zu Aziraphale sah, „sie hatten ein Flammenschwert dabei ... aber irgendwas war daran seltsam ... es war nicht wie dein Schwert. Es hatte eine seltsame Energie."

Das klang nicht gerade ermunternd. „Wenn es Höllenfeuer gewesen wäre, hätte es dich doch nicht verletzt", merkte der Engel und bekam einen bösen Blick von seinem Freund. Natürlich wusste der Rothaarige das, er war schließlich nicht dumm, außerdem hätte der Dämon vor dem Feuer der Hölle keine Angst gehabt. Angst, das war es, was Crowleys Augen ausstrahlten und das kam sehr selten vor. „Denkst du, dass es von ganz oben und ganz unten gesegnet war, dieses Schwert?", wollte der Blonde noch wissen, doch Crowley zuckte nur mit den Schultern und schien langsam wieder das Bewusstsein zu verlieren.

„Engel ... versprich mir ...", stöhnte der Dämon und hob die Hand, um sie auf die Wange seines Freundes zu legen, doch er schaffte es nicht mehr, ehe er das Bewusstsein erneut verlor. Mit zittrigen Händen griff der Blonde nach der Hand und drückte sie. „Bitte versprich du mir, dass du durchhältst", murmelte er. Hoffentlich kehrten Shadwell und der junge Mr. Pulsifer bald zurück. Doch irgendetwas sagte ihm, dass er sich ohnehin einen anderen Plan überlegen sollte.

Hard TimesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt