Kapitel 26

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Auch wenn er es zu verbergen versuchte, war Crowley nicht so schnell, wie er es früher gewesen war. Die Brandwunde war längst nicht verheilt und brauchte auch etwas mehr Zeit, da so eine Verletzung nichts Alltägliches war für den Dämon, und zusätzlich bereitete sie ihm bei jedem Schritt Schmerzen. Dem Engel zu liebe biss er jedoch die Zähne zusammen und wollte ihm nicht zeigen, dass er geschwächt und verletzt war. Glücklicherweise war Aziraphale noch nie sonderlich schnell zu Fuß gewesen, sodass es einfach war, mit ihm Schritt zu halten. Egal was nun auf sie warten würde, er musste versuchen den Engel irgendwie davor zu beschützen. Irgendetwas würde ihm gewiss einfallen, dass sie beide retten würde. Solange er daran glaubte, würde es auch passieren, da war er sich sicher. Beim Bentley hatte es doch auch funktioniert. Aziraphale war zu unschuldig und wertvoll, um auf grausame Art und Weise ausgelöscht zu werden, denn Gabriel hatte sich gewiss Übles ausgedacht.

Durch den Kopf des Blonden schossen ähnliche Gedanke. Er wollte auf keinen Fall erneut zusehen, wie Crowley litt und nahm sich vor, alles Mögliche zu versuchen, um seinen Freund zu beschützen. Sein Griff um dessen Hand wurde eine Spur stärker, als ob er ihn auf ewig festhalten und nie wieder los lassen wollte. Es half zwar nicht viel, doch es gab ihm den Halt, um nicht hier und jetzt einfach umzudrehen und abzuhauen. Wenn er wenigstens sein Flammenschwert noch hätte!

Als sie Adam endlich eingeholt hatten, mussten sie gerade zusehen, wie Dog von Hastur weggetreten wurde. „Lasst ihn los!", rief Aziraphale laut, versuchte mutig zu sein, schreckte allerdings etwas zurück, als plötzlich alle Augen auf ihn gerichtet waren. „Na toll", murmelte Crowley leise. Ihm wäre ein Überraschungsangriff lieber gewesen, aber diese Chance war nun eindeutig verpasst.

„Ach, wenn man vom Teufel spricht ... die beiden Verräter, Hand in Hand, wie niedlich!", stellte Gabriel fest und kam auf die beiden zu. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen missfiel es ihm sehr, dass Crowley noch auf den Beinen war und tatsächlich auch Farbe im Gesicht hatte. So einfach wie er dachte, dürfte es wohl doch nicht werden. Oder etwa doch? „Wie geht es uns denn heute?", fragte er speziell an den Dämon gerichtet und blieb vor ihm stehen, musterte ihn kurz und trat dann entschieden gegen dessen Schienbein, genau auf die Brandwunde.

Crowley jaulte auf und ging in die Knie. „Bastard", zischte er schmerzerfüllt und wollte aufspringen, und sich auf den Engel stürzen, doch Aziraphale musste ihm wieder hochhelfen und stützte ihn erst einmal, sodass er nicht angreifen konnte. Doch anstatt seinen Freund anzusehen, sah er Gabriel tief in die Augen und runzelte die Stirn. Irgendetwas war anders.

Gabriel wandte sich jedoch schnell wieder ab und schritt zurück zu seinem Gefolge. „Nun, eigentlich wollte ich den Jungen gegen den andren austauschen, aber da ich den Antichristen nun doch schon habe, werde ich diesen Jungen hier einfach weiterhin als Geisel halten!", erklärte er und ging zu dem namenlosen Dämon, der einen Knaben festhielt, der sich versuchte zu wehren, als Gabriel ihn an den Haaren zog, „ihr werdet euch doch zu seinem Wohl mir nicht widersetzen, oder?" Er wandte sich wieder den beiden Verrätern zu, die mit großen Augen erst jetzt erkannten, wen Gabriel da mitgebracht hatte. „Master Warlock!"

„Verdammt nochmal, Gabriel, lass den Jungen aus dem Spiel! Er hat am allerwenigsten mit all dem hier zu tun", knurrte Crowley und machte einen Schritt nach vorne, um Warlock zu Hilfe zu kommen, doch weder sein schmerzendes Bein noch Gabriels Gefolgsleute ließen ihn weit kommen. Sandalphon und Beelzebub waren hinter den beiden aufgetaucht und hatten sie in einen festen Griff genommen, sodass sie nicht mehr entkommen konnten.

„So gefällt mir das ganz gut", meinte der Erzengel und lächelte zufrieden, während er kaum merklich hinkend auf die beiden Festgehaltenen zuging und plötzlich ein flammendes Schwert in den Händen hielt. „Wenn ihr beide endlich eure Strafe erhalten habt, wird Armageddon doch noch starten können. Dann werden sie mich bewundern und mir danken, weil ich als einziger noch an den großen Plan geglaubt habe. Diese dämlichen Verräter." Der Schein der Flammen ließ ihn richtig wahnsinnig und manisch wirken. In voller Größe baute er sich vor den beiden auf und hob das Schwert, bereit zuzustechen, während sich seine Flügel entfaltete. Als Himmelswesen wollte er die Erfüllung dieser selbstauferlegten Mission in vollen Zügen auskosten. Für die beiden Verräter hatte das letzte Stündlein geschlagen.

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