Kapitel 28

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Als der Engel die Augen öffnete, wünschte er sich, dass er seine Lider nie geschlossen hätte. Crowley lag zu seinen Füßen, wand sich vor Schmerzen. „Nein", hauchte Aziraphale und spürte wie seine Knie nachgaben. Da Beelzebub viel kleiner war, als er, schaffte der Dämon es nicht, ihn festzuhalten, sodass der Blonde neben Crowley zu Boden ging. „Mein Lieber ... was hast du getan?", murmelte er verzweifelt. Das war so nicht richtig. Wieso war Crowley verletzt und nicht er? Gabriel hatte doch vor ihm gestanden und das Schwert nach ihm geschwungen. Wie konnte es also den Dämon erwischt haben? Aziraphale verstand die Welt nicht mehr.

Tatsächlich hatte Crowley ziemlich schnell erkannt, dass der Engel sich mit seinen Worten nur in Gefahr brachte, mal wieder, und hatte gehandelt. Da Sandalphon nicht damit gerechnet hatte, konnte er sich losreißen und sich vor den Engel werfen, um den Hieb des Schwertes mit seinem Körper abzufangen. Ein anderer Plan war ihm in diesem Moment leider nicht in den Sinn gekommen.

Blut quoll aus seinem Mund, als er seinem Freund zum Abschied noch etwas sagen wollte, und machte es ihm unmöglich irgendwelche Worte auszusprechen. „Nein nein nein", murmelte Aziraphael nur immer wieder und versuchte seine Hände auf die tiefe Wunde am Oberkörper zu drücken, um das Blut, das dort ebenso herausfloss, davon abzuhalten und die Verletzung zu heilen. Doch wie schon zuvor brachten seine Wunder rein gar nichts. Zum einen verblutete Crowley und zum anderen bemerkte der Engel, wie sein Freund immer heißer wurde und von innen heraus verbrannte. Ein unglaublich grausamer Tod.

Es dauerte nicht lange, ehe das Licht in Crowleys Augen erlosch und sein lebloser Körper sich plötzlich in Rauch auflöste. Leicht bebend blieb Aziraphale sitzen und konnte noch immer nicht ganz realisieren, was gerade passiert war. Seine Hände waren rot und blutverschmiert, ebenso wie seine wertvolle Kleidung, auf die er seit Jahrhunderten achtgab. Tränen liefen stumm seine Wangen hinab und die Zeit schien kurz still zu stehen, ehe er zu schluchzen begann.

„Nun gut, eigentlich wollte ich ja dich töten, aber diese Reihenfolge gefällt mir auch ganz gut", scherzte Gabriel und sah hämisch auf den Engel hinab, „ist es nicht besser so? Dämonen sind ohnehin keine guten Freunde." Er hätte es sich nicht besser ausmalen können. Die Schlange des Gartens, die Arziraphale von Anfang an verdorben hatte, war in seinen Armen gestorben. Da Gabriel keine Freunde hatte, wusste er gar nicht, wie sich so etwas anfühlen könnte, aber er stellte es sich ziemlich schmerzhaft vor.

„Er war mein bester Freund ... du ... du ... Bastard!" Schluchzend kam jedes Wort über seine Lippen, ehe er das letzte ausspuckte, als wäre es fürchterlich giftig. Für gewöhnlich fluchte er nicht, aber nun war es, als ob jemand ein Fass ohne Boden geöffnet hätte. „Du ...bescheuerter ... Vollidiot! Wie konntest du nur? Fuck!" Natürlich hieß das nicht, dass Aziraphale auch viele Schimpfworte kannte. Durch Crowley hatte er zwar einige kennen gelernt, aber sie alle wieder verdrängt. Oh Crowley. Wieso hatte er das getan? Er hätte sich nicht vor ihn werfen müssen. Es war ein sinnloser Tod, da Gabriel nun ohnehin zum zweiten Streich ausholte.

„Tja, dann wird es dich freuen, dass du nicht lange warten musst und nun weißt, was dich erwartet. Sprich dein letztes Gebet, Engel des Osttores." Beelzebub hatte Aziraphale wieder vom Boden hochgezogen und hielt ihn unter den Armen fest, damit Gabriel ein einfaches Ziel auf der Brust finden konnte. Der Engel wehrte sich nicht. Wieso sollte er auch, dazu hatte er keinen Grund mehr. Sein allerbester Freund, der für ihn die Welt bedeutet hatte, war längst von ihm gegangen. Daher schloss er erneut die Augen. Diesmal um wirklich seinen Tod zu erwarten.

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