Bedrückende Blicke lagen auf dem grellen Fernsehbildschirm, auf dem die erschreckenden Bilder eines weiteren Toten zu sehen waren. Aus Diskretion hatte man seinen Körper verdeckt, doch man sah das Blut auf seinem Gesicht. Eine Menge an Blut. So viel Blut. Übelkeit stieg in mir auf, während die Reporterin, die selbst immer bleicher im Gesicht wurde, schilderte, was heute passiert war. Instinktiv griff ich nach meinem Handy, nur um Rykers Nachricht erneut zu lesen. Eine erneute Versicherung. Eine erneute Klarstellung, dass es ihm gut ging und dass er gut Zuhause angekommen war. Dennoch rumorte mein Magen beim Anblick des jungen Mannes dort am Boden. Ein Werwolf, so hatten sie gesagt. Doch unter dem Leintuch war Blut zu erkennen. Blut lief unter dem Tuch heraus, unter seinem Körper. So viel Blut, dass man damit locker einen ganzen Menschen hätte versorgen können.
Man musste es nicht sehen um zu wissen, dass er vermutlich überall aufgeschlitzt war. Die Reporterin schilderte die Wunden, die der Werwolf ihm verpasst hatte. Eine große Wunde am Bauch, wie bei Alec. Biss- und Kratzspuren an Beinen und Armen und eine Wunde am Hals. Bei dieser genauen Beschreibung schluckte ich. Kälte raste durch meine Adern und lies alles in meinem Körper gefrieren. Diese Verletzungen hatte Alec auch gehabt. Genau die gleichen. Am Bauch und an den Beinen. Dieser... Werwolf schien also ähnliche Muster zu haben. »-eine Sorgen. Die Polizei und andere Werwölfe kümmern sich bereits darum, diesen Wolf zu fangen und zu untersuchen. Viele Rudel sind der Meinung, dass mit dem Werwolf etwas nicht stimmt und dass er vermutlich krank ist. Wir bitten also darum, nicht vor jedem Werwolf Angst zu haben und wir bitten um keine Panik. Das Problem wird bald behoben sein.«
Ein zittriges Lächeln rückte die Lippen der Reporterin nach oben, dann änderte sich das Bild und wir waren wieder im Studio. Das Problem... als wäre der Werwolf ein Ding, und kein denkendes Wesen. Als würde kein Mensch in ihm stecken. Die Luft schnürte sich mir ab und im ersten Moment wusste ich nicht, was ich von diesen Worten halten sollte. Das Problem... als würden wir nicht von einem Gestaltwandler spreche, sondern von einem Ding. »Keine Panik? Keine Panik?! Die haben leicht Reden! Dieser Werwolf, oder dieses Monster töten jetzt auch schon seines Gleichen!«, rief meine Mutter empört, während über einen Waldbrand in der Nähe von Kalifornien berichtet wurde. Mein Vater seufzte.»Sie haben es sicher bald unter Kontrolle. Da bin ich sicher. Sie haben die besten Leute darauf angesetzt. Es wird schon nichts weiter schlimmeres geschehen«, versuchte mein Vater sie zu beruhigen, doch sie schien nicht mal daran zu denken ruhig zu werden. Stattdessen sah sie ihn an, Wut funkelte in ihren Augen. Ihr Körper zitterte. »Glaubst du das wirklich? Dieses... Ding bringt Menschen um und sogar Werwölfe! Wenn nicht mal mehr Werwölfe gegen ihn etwas ausrichten können, was sollen wir dann bitte machen?!« Der schrille Ton ihrer Stimme sorgte dafür, dass ich mir so vorkam, als wäre ich ein Werwolf. Mein Kopf dröhnte und ich hatte das Bedürfnis ihr zu sagen, dass sie leiser Reden sollte, als ein Piepen in meinen Ohren einsetzte.
»Du hast es doch gehört. Dieser Werwolf scheint krank zu sein und so können ihn die anderen vermutlich nicht richtig einschätzen. Sie wären sich nicht, weil sie denken, dass er einer von ihnen ist und dann werden sie überfallen. So ist das nunmal.« Mein Vater blieb erstaunlich ruhig, doch auch ich sah seine angespannte Haltung. Die Nachrichten rückten in den Hintergrund. Für die beiden gab es nur noch dieses Thema, während ich am Esstisch saß und nicht richtig wusste, was ich sagen sollte. Weder meine Mutter, noch mein Vater hatten mich heute auf mein Verschwinden angesprochen. Meine Mutter wich sogar meinen Blicken aus und schien sich zu schämen. Immer hielt sie ihren Blick gesenkt, sah mich nicht an. Nicht, das ich das wollte. Ich wollte nicht, dass sie mich ansah. Wollte es wirklich nicht.
Auf der anderen Seite wollte ich aber, dass sie es sich eingestand. Dass sie sich eingestand, dass es mir schlecht ging und dass sie mich schlecht behandelt hatte. Doch das tat sie nicht. Stattdessen stritt sie sich so lautstark mit meinem Vater über den Werwolf, dass ich einfach aufstehen konnte und den Tisch abräumen konnte, ohne dass sie es bemerkten. Erst, als beide eine Pause einlegten sah mein Vater zu mir, dann auf den Tisch, der bereits wieder gerichtet war und von jeglichem Besteck, Tellern, Gläsern und Dreck beseitigt war. Jetzt glich er wieder einem Tisch in einer Ausstellung. Vollkommen leer. Vollkommen sauber. Glänzend wie neu. »Das hättest du nicht machen müssen, Lani«, sagte er. Ich zuckte mit den Schultern. Die Augen meiner Mutter glitten zu mir. Ein Sturm tobte darin. So heftig, dass ich glaubte Blitze zucken zu sehen. Blitze, die einen töten könnten, wenn sie wollte. So sah mich nämlich an. Warum, wusste ich nicht, doch in diesen Moment war mir das auch herzlich egal.
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Caged Hearts ✔
WerewolfSeit ihrem Unfall fühlt Lani sich verloren. Ihr Herz fühlt sich seltsam leer und eingespeert. Nur weiß sie nicht warum. Es ist als würde ihr etwas fehlen. Und ihre Mutter macht ihr Leben nicht besser, in dem sie sie fast zu Hause einsperrt. Auf der...