Der Schmerz der meine Brust flutete war unerträglich. Mein Herz krampfte sich immer wieder zusammen, Tränen liefen meine Wangen hinab während ich daran dachte, dass meine Mutter mir mit Absicht das Gedächtnis an Ryker genommen hatte. Es schmerzte zu wissen, dass er es seit unserer Begegnung wusste und mir einfach nichts davon erzählt hatte! Er hatte auch gelogen. Mir ins Gesicht gelogen. Ein Schluchzen kam zitternd über meine Lippen, während die beiden mich hilflos ansahen. Mein Vater kam dazu und wollte mir eine Hand auf die Schulter legen um mich zu beruhigen, doch ich zuckte unter seiner Hand hinweg und sah ihn böse an. »Du bist auch nicht besser! Wie hast du das zulassen können?!« Es war mir egal das Ryker bei meinem lauten Tonfall zusammenzuckte. Es war mir einfach egal.
Der eigene Schmerz war momentan einfach so groß, dass ich schreien musste, um hier niemanden an die Gurgel zu gehen. Wut brauste neben Schmerz durch meinen Körper und breitete sich rasant überall aus. Wut gepaart mit Schmerz war sehr schlecht. Das wusste ich. Dennoch unternahm ich dagegen nichts. Ich würde ihnen zeigen, wie sehr sie mich damit verletzt hatten. Ich würde ihnen zeigen, dass man so mit mir nicht umgehen konnte. »Sie hat es mir nicht erzählt. Ich habe sie überredet es nicht zu tun, doch sie tat es trotzdem.« Fassungslos schüttelte ich den Kopf. »Wie kannst du dann überhaupt noch mit ihr zusammen sein, hm? Wie?« Nun trat Schmerz in seine Augen. »Für dich. Selbst wenn ich mich von ihr geschieden hätte, hätte sie dich nie zu mir kommen lassen. Das weißt du. Also tat ich einfach so, als wäre alles in Ordnung, damit ich weiterhin bei dir sein konnte.« Nun kam ein Keuchen von meiner Mutter.
»Wolf...« Mein Vater beachtete sie nicht. »Glaub mir, ich hätte alles dafür getan sie aufzuhalten, nur damit ihr beide zusammen sein könnt. Schon damals wart ihr das beste Paar. Niemand wusste von euch beiden außer deiner Mutter und mir. Thalia hast du es nie gesagt. Warum auch immer. Du hattest Hemmungen. Nur Rykers Rudel wusste davon. Deswegen musste sie es auch vergessen. Die Hexe machte allerdings einen Fehler und so vergaßen sie Ryker komplett und suchten sich einen neuen Alpha. Deswegen musste er zu Jax gehen. Es tut mir leid... Ryker war schon immer Balsam für deine Seele und wird es immer sein. Doch deine Mutter hat ihren Plan vor mir geheim gehalten und ehe ich mich versah warst du bei dieser Hexe, die das Zimmer so aussehen hat lassen wie das in einem Krankenhaus und Ryker war verschwunden.«
Ein Zittern ging durch meinen Körper. Weitere Tränen liefen meine Wangen hinab und ich sah zu meiner Mutter. »Wie konntest du mir das antun? Warum gönnst du mir mein Glück nicht?!« Ryker zuckt erneut bei meinem harten Tonfall zusammen, sagte dazu aber nichts. Ich wusste, dass es in seinen Ohren klingelte. Einem Teil in mir war das momentan vollkommen egal. »Ryker war nicht gut für dich. Sein Rudel war chaotisch. Er war der Alpha ja aber diese Kerle hatten es gerne auf dich abgesehen und auf unser Geld. Eines Tages hast du in seinen Armen geweint und er hat sich entschuldigt, dass er nicht schnell genug bei dir war um zu verhindern, dass sie dich belästigen. Da wusste ich, dass ich etwas ändern musste.«
Ein Knurren kam aus meiner Kehle. Ein wütendes Knurren, dass zwar eher wie ein Fauchen war, doch es war ein wütender Laut, der sie zusammenzucken ließ. »Verstehst du den Sinn von Seelengefährten nicht?! Wir kommen zusammen, weil wir zusammengehören. Wir ergänzen uns und wir helfen uns. Ryker tut mir gut! Das schien er schon davor getan zu haben. Es ist mein Leben. Wenn ich mich nicht von ihm trenne und nicht das Gefühl habe, dass er schlecht für mich ist, dann ist das so. Das musst du akzeptieren. Du kannst nicht über mein Leben bestimmen! Nicht mehr.« Schuldbewusst senkte meine Mutter den Blick. Im ersten Moment dachte ich, dass sie weinte, doch als sie den Blick hob war da nur Kälte in ihrem Blick.»Du bist nun mal meine Tochter! Ich werde mich immer um dich sorgen, selbst wenn Ryker gut für dich ist. Du wirst immer mein Baby sein. Mein Baby, das bei der Geburt fast gestorben wäre!« Ihre letzten Worte waren mir neu. Worte, die ich noch nie gehört hatte. Sie bohrten sich mein Herz und auch Ryker wirkte überrascht. Er sah meine Mutter an und schluckte. Auch ich sah sie an und begriff, was in ihr vorgehen musste. Sie hätte mich damals fast verloren und... wollte mich nun mal nicht verlieren. Niemals. »Und selbst wenn ich dir die Erinnerungen noch mal nehmen müsste um dich zu schützen, dann würde ich es tun. Denn ich kann dich nicht verlieren. Ich kann es nicht. Damals hatte ich eine Heidenangst. Ich habe gezittert und gebettelt, dass sie dich retten. Ich habe geschrien und geweint. Richtig laut und heftig. Ich habe gehofft, dass sie dich retten würden. In diesen Minuten war ich nicht ich selbst. Ich habe geschrien, geweint, geschluchzt, mich an deinen Vater gekrallt und gebetet, dass du leben würdest. An dem Tag schwor ich mir alles für deine Sicherheit zu tun. Vielleicht mag das falsch sein aber ich liebe dich eben. Ich weiß, dass Ryker dir gut tut aber damals hatte ich Angst um dich. Ryker konnte nicht immer bei dir sein.« Meine Mutter schluckte.
»Hass mich so viel du möchtest, Lani aber ich bin froh, dass ich es getan habe. Denn sein Rudel ist weitergezogen und was man so hört ist ihnen alles egal. Sie wollen Befriedigung. Ryker hat sie im Zaum gehalten, ihr neuer Anführer kann das anscheinend nicht. Ich bin froh, dass Ryker jetzt bei Jax ist.« Ryker sah meine Mutter an, Schmerz in seinen Augen. »Ich hätte sie im Zaum halten können. Ich war kurz davor ihnen klar zu machen, dass manche Dinge nicht in Ordnung waren, selbst wenn man es noch so sehr wollte. Sie hätte einfach warten müssen. Sie hätten Lani nie wirklich angefallen. Sie hätten gewusst, dass ich sie zerfleischen würde oder davonjagen würde. Sie hätten ihr nie etwas getan. Das eine Mal war ein Versehen und diese Person hat damals mächtigen Ärger von mir bekommen.«
Meine Mutter zuckte mit den Schultern. »Es ist nun wie es ist.« Sie sah zu mir. »Sei sauer auf mich und auf deinen Vater aber nicht auf Ryker. Er liebt dich, auch wenn er es dir nicht gesagt hat. Stoß ihn nicht von dir weg.« Langsam sah ich zu Ryker, dann sah ich meine Eltern an. Die Wände schienen näher zu kommen, die Luft wurde dünner und das Atmen fiel mir schwer. Meine Brust hob und senkte sich in flachen Atemzügen. So flach, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte. Die Welt schien sich zu drehen. Alles schien sich zu drehen. Flüchtig sah ich zwischen ihnen allen hin und her und überlegte mir, was ich tun sollte. Doch ich wusste, dass ich kein ordentliches Gespräch mit ihnen führen konnte. Zumindest nicht in diesem Moment. Dafür war die Wut in meinem Inneren zu groß.
Wenn ich jetzt mit ihnen sprach würden nur Beleidigungen oder andere wüste Sprüche über meine Lippen huschen, ohne dass ich es wollte. Deswegen trat ich ein paar Schritte zurück und musste den Schmerz in Rykers Augen ertragen. Momentan war ich aber nicht dazu im Stande ordentlich mit einem von ihnen zu sprechen. »Seid mir nicht böse aber... ich kann das gerade nicht. Ich will euch nicht beleidigen oder anschreien. Ich brauche einfach etwas Zeit für mich.« Mein Vater nickte, meine Mutter wirkte traurig, nickte aber auch. Ryker zwang sich zu einem kleinen Lächeln. »Ich komme später wieder. Ich brauche nur etwas Zeit.« Damit drehte ich mich um, lief in den Flur und zog mir meine Schuhe und meine Jacke an.
Da ich nicht weit gehen würde und nur in einem Cafè etwas trinken wollte, machte ich mir keine Sorgen um mich. Draußen fuhren noch ein paar Autos vorbei und Bewohner gingen noch mit ihren Hunden spazieren. »Bitte sei vorsichtig«, hörte ich Ryker sagen. Die Sorge in seinen Worten schnürte mir die Kehle zu, doch ich nickte bevor ich das Haus verließ und die kühle Luft genoss, die daraufhin meine Lungen strömte. Zielstrebig und mit großen Schritten verließ ich das Gelände, dass ein Teil von mir nun nicht mehr mein Zuhause nennen wollte. Denn das war es momentan einfach nicht mehr. Meine Mutter hatte dafür gesorgt, dass ich Ryker vergaß und hatte dafür gesorgt, dass Ryker mich vergaß. Sogar sein Rudel hatte Ryker vergessen. Wegen ihr. Wegen einer Hexe, die sie angeheuert hatte.
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Caged Hearts ✔
WerewolfSeit ihrem Unfall fühlt Lani sich verloren. Ihr Herz fühlt sich seltsam leer und eingespeert. Nur weiß sie nicht warum. Es ist als würde ihr etwas fehlen. Und ihre Mutter macht ihr Leben nicht besser, in dem sie sie fast zu Hause einsperrt. Auf der...