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„Du hättest mit mir reden sollen!"
„Ich weiß. Tut mir leid"
Chan war noch immer bei mir und hat sich meine Geschichte angehört.
Ich wusste das er sauer auf mich war. Dazu hat er auch jedes Recht. Das weiß ich mittlerweile.

Wir unterhalten uns sehr leise, da wir Jisung nicht wecken wollten. Chan hat mir erzählt das Jisung schon seit vier Tage nicht mehr geschlafen hatte.
Jetzt hab ich ein noch schlechteres Gewissen. Meinetwegen geht es Jisung schlecht und das will ich nicht.

„Ging es ihm wirklich so schlecht?" frage ich leise während ich mit der anderen Hand durch seine Haare streiche.

„Du hast ja keine Ahnung wie sehr er darunter gelitten hat. Von Anfang an hat er sich die Schuld dafür gegeben. Er hat sich eine Woche lang zuhause eingesperrt. Danach war er jeden Tag hier. Hat sich geweigert nach Hause zu gehen. Er wollte nichts essen, nichts trinken, er wollte einfach nur hier sitzen. Wir mussten ihn teilweise echt Zwingen etwas zu sich zu nehmen. Zwischendurch war er mehrmals ohnmächtig geworden und die Ärzte mussten ihn künstlich ernähren. Sonst wäre er verhungert. Er hat sehr wenig geschlafen. Und wenn dann immer nur wenn er bei dir war."

„Das wollte ich nicht." murre ich leise.
„Ich weiß. Jetzt bist du ja wieder hier. Mach dich nicht unnötig verrückt."

„Ich werde jetzt auch mal nach Hause gehen. Ruh dich gut aus." Chan lächelt mich noch einmal kurz an, nimmt dann seine Sachen und geht ebenfalls aus dem Zimmer.

Jetzt war es wieder still im Zimmer und nur das gleichmäßige Piepen des EKGs war zu hören. Ich wurde plötzlich wieder müde, obwohl ich erst so kurz wach bin.
Ich sehe kurz auf die Uhr die über der Tür hängt, bemerke das wir erst kurz vor halb zwei mittags haben.
Ich denke ich sollte mich wirklich nochmal etwas schlafen legen. Ich fühle mich immer noch überrollt und meine Knochen liegen schwer in meinem Körper.

Ich streiche Jisung noch einmal kurz durch die Haare und drücke seine Hand einmal leicht.
Wann er wohl aufwachen wird?
Jedenfalls hoffe ich das er von den anderen erzählt bekommt das ich wach bin wenn er wieder aufsteht.
Ich will nicht das er sich noch mehr Sorgen macht.

Während ich Jisung noch etwas beobachte überkommt mich meine Müdigkeit wieder und mir fallen die Augen zu.
Nochmal etwas zu schlafen wird wohl die beste Möglichkeit sein. Schließlich will ich hier irgendwann wieder raus.
Also schließe ich meine Augen ganz und schlafe wieder ein.

Hätte ich jedoch gewusst was für ein Traum mich erwartet wäre ich wach geblieben.
Es war der Tag an dem Jisung uns seine Freundin vorgestellt hatte.
Der Tag welcher mein Leben zerstört hatte.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Heute war einer der ersten Tage der Ferien. Zwar haben wir nur zwei Wochen jedoch besser als nichts.
Grade bin ich auf dem Weg zum Park, da ich mich mit den anderen treffen wollte um einen schönen Tag zu verbringen.
Außerdem hat Jisung gemeint er müsste mir etwas wichtiges sagen. Er klang dabei so erst das ich mir Sorgen mache. Ich hab Angst das er mir etwas schlimmes mitteilt. Auf der anderen Seite allerdings könnte es auch etwas positives sein.
Wie sagt man so schön: niemals die Hoffnung verlieren!

Jedenfalls kam ich relativ früh im Park an und sah schon Felix mit Hyunjin auf einer Picknickdecke sitzen. Seit die beiden zusammen sind sieht man sie selten nur noch alleine. Sie sind immer zu zweit und man bekommt sie auch nur im Doppelpack. Wenn ich Hyunjin frage ob er zeit hat was zu machen, kann man sich zu 99,9% sicher sein das Felix mit von der Partie ist.

Ist ja auch egal.
Die beiden sehen mich schon und winken mir fröhlich zu.
„Na ist hier noch frei?" frage ich als ich bei den beiden angekommen bin. Sofort macht Felix mir Platz damit ich mich setzen kann.

Kurz darauf kam auch Chan mit Jeongin und Seungmin im Schlepptau. Sie setzen sich dazu und jetzt warten wir nur noch auf unser kleines Eichhörnchen.
Das Jisung nicht immer pünktlich kommt ist mittlerweile nichts Neues mehr. Er kommt immer zu spät. Entweder weil er es vergessen hat, es ihm aber dann doch kurz davor wieder einfällt oder weil er einfach trödelt.

In der Zeit in der wir auf Jisung warten unterhalten wir uns ein wenig und reden über Ausflüge die wir in den Ferien machen wollen.

Nach wenigen Minuten erkannte ich auch endlich Jisung welcher auf uns zu kam. Ich fing an zu lächeln als ich ihn sah. Dieses Lächeln hielt aber nicht lange an als ich neben ihm ein Mädchen erkannte. Er hielt ihre Hand fest in seiner und strahlt übers ganze Gesicht.

Sie mussten nicht mal näher kommen und ich wusste schon was jetzt kommen wird. Genau diese Erkenntnis versetzte mir einen gewaltigen Stich ins Herz. Ich musste einmal kräftig schlucken um nicht laut los zu schreien.
Chan der neben mir saß nimmt meine Hand und drückt sie einmal fest, um mir zu zeigen das er bei mir ist.

Jisung kam vor uns zum stehen. Die anderen sahen ihn fragend an. Im Gegensatz zu den anderen starre ich die beiden aus großen Augen an. Ich kann das alles einfach nicht glauben.

Ich wollte weg.
Ich wollte nicht hören was er zu sagen hatte.
Am liebsten hätte ich einfach angefangen zu weinen.
Der Schmerz in meiner Brust wird von Sekunde zu Sekunde immer schlimmer, ja länger ich Jisung vor mir stehen habe.

„Leute darf ich euch vorstellen das ist Mina...."
Bitte sag es nicht!
Bitte sag es nicht!
Bitte sag es nicht!
Ich will es nicht hören!
Wenn ich dir etwas bedeute dann sag es bitte nicht!

„....meine Freundin!"

Ich Presse meine Lippen zusammen, um keine laut von mir zu geben.
Ich spanne meinen gesamten Körper an und zerdrücke gefühlt die Hand von Chan.
Ich hab meine Augen fest geschlossen um sie nicht ansehen zu müssen.
Alles was ich wahrnehmen konnte war das zerspringen meines Herzens in tausend kleine Einzelteile.
Dieser ekelhafte stechende schmerz welcher sich in mir breit macht.

Ohne das ich es groß mitbekam brachte Chan mich zum aufstehen und ging mit mir weg. Als ich sicher war das die anderen mich nicht mehr sehen oder hören konnten fing ich an zu weinen.
Schmerzhaft zu weinen.
Und obwohl Chan mich versucht zu beruhigen wurde es nicht besser.
Ich konnte nicht mehr Atmen, nicht mehr stehen, ich wollte einfach nur noch das dieser Schmerz aufhört.

„Komm ich bring dich nach Hause."
Somit brachte der Australier mich nach Hause und dort blieb ich auch.
Einen ganzen Monat.
Ich ging nicht raus.
Ging nicht an mein Handy.
Ich verlies mein Zimmer nur um auf Toilette oder duschen zu gehen.

Das war der schlimmste Tag in meinem ganzen Leben.






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Minsung// Decision of Memory Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt