Kapitel 9

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Bei meinem Vater durfte ich mich wohl erstmal den restlichen Tag nicht mehr blicken lassen. Was hatte ich mir aber auch dabei gedacht, meinem Cousin eine rein zu hauen? War es ein Impuls wegen Clay?
Seit dem Clay da war, verstand ich so gut wie nichts mehr. Ich verstand nicht, wieso er mich so unbedingt kennenlernen wollte, warum er überhaupt etwas mit mir zu tun haben wollte und warum ich so beschützerisch bei ihm handelte. Ich kannte ihn nicht einmal wirklich, warum also zur Hölle kümmerte es mich überhaupt, was mit ihm war?

Es gab im Moment viel wichtigeres, auf das ich mich konzentrieren musste. Mein Vater und sein Bruder, der Vater von Devin waren diesen Typen Namens Bruno Gonzales am erpressen. Ich wusste nicht wirklich viel darüber. Nur, dass sie halt Geld, eine Menge Geld von ihm verlangten.
Da war etwas großes am laufen. Ich durfte mir keine Ablenkung leisten und Clay war definitiv eine. Er ließ mich schwach da stehen. Wegen ihm musste ich nun schon mehrmals den Helden spielen. Hätte ich das nicht getan, wäre er schon längst nicht mehr da.
Devin hatte es anscheinend auf ihn abgesehen - warum auch immer. Clay sollte sich wirklich lieber von mir und vor allem vom beschissenem Club fern halten, da dort einfach alle waren. Mein Vater, sein Bruder, Devin, die ganze verdammte Bande.
Er hatte keine Ahnung, in was für eine Gefahr es sich jedes mal mit seinem Auftauchen begab.

Mein Vater würde ihn ohne mit der Wimper zu zucken abknallen, wenn ihm danach wäre.
Bestimmt wurde sich schon gefragt, was mit meiner Mutter wäre. Meine Mutter lebte nicht bei uns. Sie hatte sich damals, als mein Vater in diesen ganzen Kriminellen Mist einstieg von ihm getrennt. Sie lebte mit einem neuen Partner und einem Sohn, mein kleiner Halbbruder in der Nähe von diesem Kiosk, wo Clay sich andauernd aufhielt.

Das war auch der Grund, weshalb ich so oft dort war. Ich besuchte sie regelmäßig. Mein Vater wusste davon nichts. Er hatte mir den Kontakt zu ihr verboten, doch das war mir egal. Sie war trotz allem meine Mutter und jemand musste auf Louis aufpassen, meinen Halbbruder. Er war 3 Jahre jünger als ich - also 16.
Ich versuchte ihn auf den richtigen Weg zu bringen. Mein Leben war schon durch meinen Vater vorbestimmt, dagegen konnte ich nichts tun. Ich handelte zwar wie eine schlechte Person, doch ich war eigentlich keine. Ich wurde gezwungen so zu handeln und zu denken, damit ich nicht als schwach galt. Natürlich war auch ich nicht ganz ohne, ich war dennoch ein Arschloch aber so musste Louis nicht enden.

,,Was ist passiert? Wer hat dir das angetan?'' fragte mich meine Mutter besorgt und streichelte sanft über meine gerötete Wange, als ich bei ihr auftauchte. Ich wusste nicht, wo ich sonst hätte hingehen sollen.
Ich schaute ihr in die Augen. Tief in ihr wusste sie bereits die Antwort.

,,War er es?''
Ich quetschte mich an ihr vorbei und lief in die Küche.

,,Halb so wild'' entgegnete ich ihr.
Sie lief mir seufzten hinterher und beobachtete mich, als ich mich auf einen der Stühle dort an den Tisch setzte.

,,Wie soll ich dir bloß helfen?'' murmelte sie vor sich hin.

,,Du kannst mir da nicht helfen. Das ist halt mein Leben, Mom'' antwortete ich ihr.

Sie drehte zischend ihren Kopf nach links und schaute aus dem Fenster.
,,Das ist doch kein Leben'' sagte sie.

Louis betrat die Küche. Er lief zum Kühlschrank und schaute mich dabei an.
,,Hattest du eine Schlägerei oder so?'' fragte er. Ich schüttelte meinen Kopf.
Louis wusste nichts über mein richtiges Leben, über meinen Vater oder, dass ich einer Verbrecherbande angehörte. Würde er das wissen, wäre er vermutlich genauso wie Clay und würde sich nur in Gefahr ständig bringen.

Terry - meine Mutter schaute zu Louis. Ihr Blick sollte ihm sagen, dass er mir etwas beichten sollte. Ich schaute zu meiner Mutter, die mich nun auch wieder ansah.

,,Louis hatte heute eine Auseinandersetzung mit einem Schüler aus seiner Klasse und wurde dadurch fürs erste Suspendiert'' erzählte sie mir. Ich schaute zu Louis, der meinen Blicken versuchte auszuweichen.

,,Was heißt Auseinandersetzung?'' fragte ich sie, da man sich darunter eine Menge vorstellen konnte.

,,Er hat ihn mit den Kopf gegen die Wand gedrückt und somit die Luft unterdrückt''
Ich schaute zu Louis, der anfing etwas nervös zu werden.

,,Ich hatte meine Gründe'' versuchte er sich zu rechtfertigen.

,,Louis, was habe ich dir dazu gesagt?''

,,Gewalt ist keine Lösung, jaja...''
Ja, diesen Satz hatte tatsächlich ich ihm eingeredet. Derjenige, der Gewalt ständig ausübte. Ich hatte jedoch wie bereits gesagt, keine andere Wahl. Das war mein Leben und dagegen konnte ich nichts tun.

,,Du hältst dich doch selber nicht daran'' kam es plötzlich von ihm und deutete auf meine Wange.

,,Das ist etwas anderes'' antwortete ich ihm.

,,Warum ist es etwas anderes, wenn du genauso Gewalttätig bist aber mir dann versuchst einzureden, dass Gewalt keine Lösung wäre'' zischte er.

,,Das verstehst du nicht''

,,Ich weiß. Ich bin noch jung, naiv und habe viel zu lernen...ist ja nicht so, als wärst du nur drei Jahre älter als ich und nicht 30'' sagte er und verließ die Küche.

,,Louis, benimm dich!'' rief Terry ihm noch hinterher.
Ich hatte eigentlich ein gutes Verhältnis zu Louis aber auch wir stießen manchmal aneinander. Ich meinte es jedoch nur gut mit ihm. Ich würde wortwörtlich töten, um das Leben, was er führte leben zu können.
Frei, unabhängig und gefahrenlos.

Am nächsten Tag fiel mir auf, dass Clay nicht zur Schule kam. Ich vermutete, dass es am blauen Augen liegen würde, doch er kam auch die darauf folgenden Tage nicht. Ich hätte mich glücklich schätzen sollen, da ich endlich meine Ruhe hatte aber ich machte mir dennoch irgendwie Sorgen, dass bei ihm irgendetwas vorgefallen war. Da ich nicht wusste, wo er wohnte, um nach ihm schauen zu können, geschweige seine Nummer hatte oder überhaupt wirklich etwas über ihn wusste, konnte ich nichts anderes tun, als abzuwarten.

Eine Woche später lief ich gerade am Abend wieder nach hause und bog um die Ecke, als jemand zum gefühlten tausendsten mal in mich an dieser Ecke hinein lief. Es gab nur eine Person, an die ich da dachte - Clay.




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