Kapitel 28 - Begräbnis

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Ihr Körper fiel vor Erleichterung zu Boden. Neben ihr sackte Denzo ebenfalls in sich zusammen.
Sie hatte es geschafft, denn in seinem Gesicht zeichnete sich ein leichtes Lächeln ab.
Die Klinge in seinem Körper war für sie das Zeichen, dass er trotz seines Falles noch ein letztes Mal seine helle Seite gezeigt hatte.
Ahsoka hätte jetzt aufstehen und zu Obi-Wan gehen können, doch stattdessen blieb sie liegen und schaute in den Sternenhimmel.
Bis das Schwarz der Bewusstlosigkeit sie umnachtete.

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Obi-Wan spürte, dass etwas vorgefallen war. Er versteckte sich im Vorraum der Hütte, dem einzigen noch möglichen Zugang zu dem Inneren der Farm.
Es fühlte sich für ihn an wie Regen. Kein kalter, sondern warmer, tröstender Regen.
Einer, welcher die Dunkelheit mit sich fortspülte.
Er konnte diese Gefühle aber nicht einsortieren.
War Ahsoka gegangen? Hatte sie Denzo geschlagen? Waren beide am Leben?

Egal, wie sehr er sich anstrengte, er konnte Ahsoka nicht in der Macht sehen. Da gab es einen Rückstand, einige Meter vor der Hütte. Aber diesen Rückstand konnte er nicht sortieren, da die Echos zu verschlungen waren.
Er musste daher abwägen, ob er sich aus seiner Deckung wagen sollte oder ob er im Haus blieb, um einen möglichen Angriff abzuwehren.
Obi-Wan lugte durch die kleinen Fenster, in der Hoffnung, mit seinen Augen etwas zu erkennen.
Und tatsächlich, er sah Ahsoka und Denzo dort im Sand liegen. Regungslos, leblos.

Sofort verließ er das Haus und sprintete zu den beiden Körpern.
Bei Denzo sah er schon schnell, dass sein Zustand unumkehrbar war. Er war gestorben, niedergestreckt durch ein Lichtschwert.
Mit Bedauern betrachtete er den Jungen.
Sie hatten sein Leben komplett auf den Kopf gestellt. Anfangs war es kein Problem, ihm die Macht näherzubringen, doch ihre eigene Vergangenheit brachten ihn und auch seine Leute in Gefahr.

Ahsoka und Obi-Wan waren Ziele des Imperiums, und wieder einmal sahen sie, dass es nur Leid mit sich brachte, wenn sie ihre Fähigkeit öffentlich zeigen mussten.
Wenn sie sich selbst nicht in Gefahr brachten, waren sie mindestens bewegliche Zielscheiben, was generell schlecht für ihre Begleiter war.
Denzo wusste sich zu verteidigen, doch seine kleine Gruppe an Flüchtlingen war verständlicherweise nicht so gut ausgebildet.
Es war also kein Wunder, warum diese ins Kreuzfeuer gerieten.

Gedankenverloren wandte Obi-Wan seinen Blick von Denzo ab.
Bei Ahsoka musste der alte Jedi genauer hinsehen. Sie wirkte leblos, doch er konnte ihren flachen Atem hören, als er sich über ihren Kopf beugte.
Er hob sie auf und brachte sie zu der Hütte, wo er sie in den Eingang setzte.
Noch immer war sie weggetreten und wehrlos, aber er wusste, dass Luke oder seine Zieheltern nicht mitbekommen hatten, was über ihnen gerade passiert war.

Daher ließ er sie alleine und ging noch einmal zu Denzo, um auch diesen zur Hütte zu bringen.
Dabei nahm er noch Ahsokas Lichtschwerter und die Waffe des Inquisitors an sich.
Er legte Denzos Leiche vor dem Haus ab und überdeckte diese mit einem Tuch. Dabei sah er den Frieden in Denzos Gesicht. Wenigstens am Ende war er wieder frei und er selbst.
Und nun war er mit Darya endlich wieder vereint.
Das war dabei allerdings auch der einzige positive Gedanke, welchen er hatte.
Zusätzlich zu der Gewissheit, dass Ahsoka noch lebte.

Er wollte wieder in das Haus gehen, um nach Ahsoka zu sehen, doch dabei fiel ihm Beru Lars auf, welche sich bereits um die noch immer bewusstlose Togruta kümmerte.
Der Blick, den sie Obi-Wan zuwarf, verhieß nichts Gutes.
Nicht wegen Ahsokas Zustand, sondern wegen der Gefahr, welche sie mit sich brachten.
Sie und ihr Mann Owen, Anakins Stiefbruder, waren glücklich darüber, Luke aufzunehmen, doch waren sie auch bemüht darum, dem Jungen nicht sofort die Geschichte seiner Eltern zu erzählen.

Obi-Wans Anwesenheit war meist schon Störung genug, und bislang waren sie glücklich, dass er von dem Jungen nur als 'verrückter alter Mann' gesehen wurde. Wenn er erfahren würde, dass dieser alte Mann ein Jedi wie sein Vater war …
Alleine war Obi-Wan schon ein relativ ungebetener Gast, doch nun war er noch in Begleitung einer weiteren Jedi.
Beru war froh, dass es mitten in der Nacht war und Luke augenscheinlich nichts davon mitbekam, was sich vor dem Haus abspielte.
Zumindest hoffte sie es.

"Sie wird bald aufwachen", sagte Beru monoton. "Bis Sonnenaufgang müsst ihr verschwunden sein."
Obi-Wan nickte. "Das werden wir. Danke, Beru."
Ihr Gesicht war zwar steinhart, zeigte aber einen Hauch von Angst.
Vor zehn Jahren, als er ihnen Luke brachte, war Beru eine junge, hübsche Frau. Noch immer war sie eigentlich viel zu schön für einen Planeten wie diesen, aber der Sand und die Sonnen haben auch ihr in der Zwischenzeit zugesetzt.

Nachdem sie mit der Versorgung von Ahsoka fertig war, drehte sie sich zur Treppe um und verschwand in dem Wohnbereich.
Nur kurz schaute sie sich noch einmal zu dem Jedi um.
"Ist die Gefahr vorüber?", wollte sie noch besorgt wissen.
Sie wusste, dass Obi-Wan sich der Farm sonst nur auf einige hundert Meter näherte. Jetzt stand er in dem Haus und hatte dazu noch eine Leiche und eine Togruta im Schlepptau.
Es brauchte daher keine Wissenschaft, um eins und eins zusammenzuzählen.

Obi-Wan nickte nur. "Das ist sie."
Beru drehte sich wieder wortlos um und verschwand.
Ahsoka regte sich langsam. Ihre Augenlider flatterten, ehe sie die Augen wieder öffnete.
Es dauerte nicht lange, bis sie sich einigermaßen orientierte.
"Haben wir …", wollte sie fragen, doch Obi-Wan legte ihr nur einen Finger auf die Lippen.
"Ja, das hast du", antwortete er leise. "Aber wir müssen fort … wenn du kannst."

Langsam stemmte Ahsoka sich auf und blieb stehen.
Zwar stand sie nur auf etwas wackeligen Beinen, aber Ahsoka war zäh.
Das wusste Obi-Wan schon seit ihren ersten Tagen als Padawan.
"Der Junge ist in Sicherheit?", wollte sie wissen.
"Du hast dafür gesorgt. Und jetzt komm'", erwiderte Obi-Wan leise.
Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Schiff.

Der alte Jedi trug Denzo auf seinen Schultern und hielt Ahsoka am Arm, damit sie nicht umfiel.
"Ganz schön schwer, der Junge", versuchte er es mit einem Scherz, aber sobald er diesen aussprach, wusste er selbst, dass er etwas Falsches gesagt hatte.
Ahsoka sah ihn nur enttäuscht an und blieb stumm.
Gemeinsam hievten sie Denzo in den kleinen Laderaum von ihrem Jäger.
"Wohin?", fragte Obi-Wan, als er sich auf dem Pilotensitz niedergelassen hatte.
"Ylo", sagte Ahsoka. "Er soll zusammen mit Darya begraben werden."

Die Sonnen gingen allmählich über Tatooine auf, als sie den Orbit erreichten und in den Hyperraum sprangen.
Auf dem mehrstündigen Flug sprach Ahsoka kein Wort.
Obi-Wan beobachtete sie mehrmals von der Seite.
Sie meditierte nicht, aber sie starrte nur nach vorne, während sie tief in ihren Gedanken zu sein schien.
Auch, als sie ankamen, war Ahsoka ruhig.
Gemeinsam hoben sie die Gräber mit ihren Händen aus, was durch den weichen Waldboden glücklicherweise einfacher war als gedacht.

Doch auch wenn der Boden steinhart gewesen wäre, Ahsoka hätte nur ihre Hände und nicht die Macht genutzt. Zu sehr gab sie sich die Schuld für Denzos Tod.
Da war das Ausheben von Gräbern mit den eigenen Händen zumindest ein kleiner Trost. Und eine kleine Bestrafung.
Es war Mittag, als sie fertig waren und die Überreste der Flüchtlinge begraben hatten.
Jeder einzelne, den sie noch finden konnten, lag nun auf der Lichtung.
Der Rauch hatte sich verzogen und wären die Bäume nicht teilweise verbrannt oder verrußt gewesen, hätte niemand gedacht, dass hier vor wenigen Stunden ein großes Massaker stattgefunden hatte.
Nach einem letzten Abschied wandte sich Ahsoka von den Gräbern ab und wurde von Obi-Wan zurück nach Tatooine gebracht.

"Ich schätze ...", sagte Ahsoka schließlich vor der Hütte des Jedi, "dass sich unsere Wege hier wieder trennen werden."
Dabei sah sie traurig in sein Gesicht.
"Ahsoka, mache dir bitte nicht zu lange Vorwürfe", bat Obi-Wan sie. "Ich weiß, dass sie einen nicht weiterbringen."
Er dachte kurz an Anakin und überlegte, ob es nicht einfacher wäre, Ahsoka die komplette Wahrheit zu erzählen.
Doch in ihrem jetzigen Zustand wollte er sie nicht auch noch hiermit belasten.
Also schob er den Gedanken beiseite und fokussierte sich wieder auf die Togruta vor ihm.

Sie war erwachsen geworden, äußerlich und innerlich. Letzteres wurde schon viel zu früh von ihr verlangt.
"Ich hoffe, wir sehen uns wieder", sprach Ahsoka.
"Das weiß ich nicht", meinte Obi-Wan nachdenklich. "Aber ich hätte vor einigen Wochen auch nicht damit gerechnet, dass mir all das passiert."
Er schmunzelte leicht, und Ahsoka erwiderte die Geste.
Dann fiel sie ihm um die Arme und vergaß dabei für einen moment alle Schmerzen. "Danke, Obi-Wan."
Vorsichtig strich er über ihren Lekku und Rücken. "Möge die Macht mit dir sein."

Ahsoka löste sich aus der Umarmung und bestieg ihren kleinen Jäger.
Mit einem letzten freundlichen Blick stieg sie auf und verschwand kurz darauf im Orbit.

Dangerous Past - A Star Wars Fulcrum Story Part 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt