Kapitel 11 - Ylo

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Da Ahsoka ein eigenes Schiff mit verbessertem Hyperantrieb besaß, war es sogar nur etwas mehr als eine Stunde, bis sie den Planeten, welchen Denzo ihnen gezeigt hatte, erreichten.
Aus dem Orbit sah dieser aus wie ein Planet von vielen.
Es gab eine Atmosphäre, atembare Luft und ein gemäßigtes Klima. Nichts Besonderes also.
Auch waren keine hell erleuchteten Bereiche zu erkennen, große Städte oder gar Industriebezirke schien es daher nicht zu geben.

"Okay", sagte Ahsoka und drehte sich auf ihrem Pilotenstuhl zu Denzo, welcher in der hinteren Reihe mit Obi-Wan saß. "Wohin sollen wir?"
Der Junge gab ihr die Koordinaten, welche sie an den Rand eines großflächigen Waldes führten.
Als sie auf dem Boden aufkamen und das Schiff verließen, musste Obi-Wan als Erstes lächeln.
"Warum lacht Ihr?", fragte Ahsoka neugierig.

Der Jedi drehte sich zu ihr und schmunzelte sie an.
"Ich habe einige Flüge auf dem Buckel. Und das war eine der sanftesten Landungen, welche ich je erlebt habe", meinte dieser. "Im Vergleich zu Anakins Talenten …"
Ahsoka konnte nicht anders, als ebenfalls verlegen zu grinsen. "Ja, er hatte die wunderbare Angewohnheit, Schiffe bis über ihre Grenzen zu bringen. Je größer das Schiff, desto schlimmer der Aufprall."

In ihren Gedanken schwelgend merkten sie kaum, wie Denzo ruhig an ihnen vorbeiging und den Wald betrat.
Obwohl es dämmerte und immer dunkler wurde, nahm er sich keine Lampe, sondern ging ohne Hilfsmittel weiter.
"Folgt Ihr mir nun oder wollt Ihr lieber beim Schiff bleiben?", fragte er genervt, ohne zurückzuschauen.
Ahsoka und Obi-Wan sahen sich fragend an.
Der Tag hatte den Jungen definitiv verändert.

Wortlos hefteten sie sich an seine Fersen und marschierten beinahe eine halbe Stunde über Stock und Stein, bis sie in der Ferne ein schwaches Licht sehen konnten.
Je näher sie kamen, desto mehr erkannten sie, dass es mehrere noch kleinere Lichter waren, und dass um diese eine kleine Siedlung aus Zelten erbaut wurde.
Sie befanden sich auf einer Lichtung, welche Schutz durch die Bäume bieten konnte, aber auch einen Blick auf den funkelnden Sternenhimmel freigab.

Sofort als Denzo an dem ersten Zelt vorbeiging, stürmten mehrere kleine Kinder zu ihm und umarmten den Jungen innig.
"Den, du bist wieder da", rief eine, kaum mehr als sieben Jahre alt, wie Ahsoka schätzte.
Denzo schloss das kleine Menschenmädchen in seine Arme, bis auch eine junge Twi'lek, zwei Zabrak und sogar zu Ahsokas Erstaunen zwei Togruta ankamen und den Erwachsenen ebenfalls herzten.
Als er fertig war und jedem seine Momente der Zuneigung geschenkt hatte, drehte er sich wieder zu Ahsoka und Obi-Wan, um ihnen anzuzeigen, ihm zu folgen.

"Denzo, was genau ist das hier?", fragte Ahsoka, doch sie erhielt keine Antwort von ihm.
Eher kramte er in seinen Taschen und gab jedem Kind und jedem Erwachsenen etwas Kleines.
Das waren zum einen Nahrung, Arzneien, Spielzeuge und auch der ein oder andere imperiale Credit.
Ahsoka beobachtete ihn dabei bewundernd, wie komplett anders Denzo nun war.
Von dem impulsiven Kerl auf Tatooine oder dem in sich gekehrten Mann bis zur Ankunft hier war nichts mehr zu sehen.
Vielmehr wirkte er … gelassen, und ein Gefühl des Friedens ging von ihm aus.

Eine Weile betrachteten Ahsoka und Obi-Wan stillschweigend Denzos Arbeit, bis Ahsoka von einer Togruta angesprochen wurde, welche ungefähr in ihrem Alter war.
"Es ist selten, jemanden wie dich noch frei zu sehen", sagte die Frau lächelnd. "Jemanden wie uns."
Ahsoka bemerkte die Striemen und Narben, welche den gesamten Körper der sonst so schönen Togruta übersäten.

Sie hatte eine gelbliche Haut mit Montrals und Lekku, die ähnlich ausgeprägt waren wie die von Ahsoka. Ihre weißen Gesichtsmuster waren geschwungen und zogen sich von einem mittigen Zickzack-Streifen fast schon kreisförmig über ihre Augen, herunter zu den Wangen und dann mit einem einzigen Streifen nach außen.
"Wo kommst du her?", fragte sie Ahsoka.
"Ich wurde auf Shili geboren. Aber ich bin auf Coruscant aufgewachsen", antwortete Ahsoka sanft. "Und du?"
"Ich komme von Kiros, aber …"
Sie verstummte sofort, und Ahsoka wusste Bescheid.

"Du warst eine Sklavin, habe ich recht?"
Die Togruta nickte kurz. "Ja, wir wurden verschleppt und nach Coruscant gebracht."
Ahsoka sah durch die Menge und bemerkte bei fast allen Narben und Male.
Nicht nur auf der Haut, sondern auch durch die Macht in ihren Inneren.
"Seid … ihr alle Sklaven gewesen?", wollte Ahsokas daher wissen.

Wieder nickte die Frau.
"Wir alle kommen aus dem gleichen Transporter, welcher uns irgendwo hinschicken sollte. Zum Arbeiten, zum Sterben."
Dass die Sith ihre Imperien auf dem Rücken von Unschuldigen aufbauten und viele Völker versklavten, war Ahsoka nicht neu. Auch ihre Spezies waren gern gesehene Opfer der Sklaverei, wie sie selbst während der Klonkriege unsanft feststellen musste.
Und dennoch überkam sie hier in dieser Gruppe eine so intensive Ansammlung von Gefühlen.
Trauer, Schmerz, Leid, Kummer … aber auch Hoffnung, Glück und Freude.

"Entschuldige meine Manieren", sagte die Togruta und reichte Ahsoka die Hand. "Darya ist mein Name."
"Ahsoka", antwortete diese freundlich. "Wer hat euch befreit, wie seid ihr entkommen?"
Wieder sah Darya zu Denzo. "Er war es. Er war noch ein kleiner Junge, aber gerissen. Er sah uns damals und hatte uns geholfen. Ohne etwas zu verlangen."
Ahsoka sah überrascht zu Denzo. Davon wusste sie nichts, auch Dom hatte ihr nie davon erzählt. Wusste er überhaupt davon?

"Ich muss wieder gehen, die Kinder warten", verabschiedete sich Darya entschuldigend. "Ich hoffe, du kommst bald wieder."
Ahsoka sah der Frau hinterher und dann zu Obi-Wan, welcher still das Gespräch verfolgte.
"Könnt Ihr das auch fühlen? Diese Kälte und gleichzeitig das Licht?"
Obi-Wan schaute umher. "Ja, das kann ich. Es ist seltsam und trotzdem so …"
"Hoffnungsvoll", ergänzte Ahsoka ihn, bevor dieser seinen Satz beenden konnte.

Wenig später erschien Denzo bei ihnen und setzte sich vor ihnen hin.
Auch Ahsoka und Obi-Wan taten dies.
"Du hast sie gerettet?", fragte Ahsoka den Mann, welcher nur nickte.
"Warum?"
Nun holte er sich etwas zu essen aus seiner Tasche und teilte es auf.
Wortlos überreichte er die Teile an Ahsoka und Obi-Wan.

"Als ich damals vor den Soldaten geflohen bin, habe ich einen Container gesehen. Ich wusste nicht warum, aber ich hatte das Gefühl, dass da etwas drin war, was mir wichtig sein könnte", berichtete Denzo. "Ich war zehn Jahre alt, also wie sollte ich schon wissen, was richtig ist und was falsch? Also wartete ich, bis der Container auf dem kleinen Schlepper verladen war. Und dann habe ich den Schlepper mit fünf Containern geklaut."
Verwirrt sahen die beiden anderen sich an.
"Und keiner hat dich aufgehalten?", wollte Obi-Wan wissen.

"Zugegeben, ich hatte Hilfe", lächelte Denzo leicht, während er ein Stück abbiss.
"Wir haben die Container geöffnet und die Leute sofort in einem Transporter untergebracht. Und nun sind sie hier. Sie und die Kinder, welche hier geboren wurden. In Freiheit."
Er schaute wieder umher und zeigte auf ein paar der Bewohner.
"Das ist Amaryl", sagte er und zeigte auf einen Twi'lek. "Er hatte vor seiner Gefangennahme einen Handwerksladen zum Reparieren von Droiden."
Dann wies er auf einen Togruta. "Das ist Impa, er war Inhaber einer Kunstgalerie."

Ahsoka sah jedem von ihnen ins Gesicht, während diese ihre Arbeit machten.
"Wie Ihr seht, Ahsoka, jeder von ihnen wurde frei geboren. Gerade Ihr solltet wissen, wie grausam Sklaverei ist."
Wortlos beobachtete Ahsoka den Jungen vor sich.
"Ihr habt mich gefragt, warum ich das alles mache", redete Denzo weiter und breitete die Arme aus. "Deswegen. Alles, was ich auf meinen Missionen verdiene, schenke ich den Leuten hier. Ich ziehe nur das Nötigste für mich ab, um am Leben zu bleiben. Diese hier brauchen es mehr als ich."
Nun war Ahsoka es, die eine Lektion gelernt hatte.
Keine neue, aber eine, welche in den vergangenen zehn Jahren fast nirgendwo mehr zu sehen war.

Der Inquisitor hatte sie endlich gefunden. Versteckt zwischen den Bäumen betrachtete er die Zelte und Lichter. Auch die vielen Wesen, welche dort herumtollten und lebten.
Er spürte die Verbundenheit des Jungen zu dieser Siedlung.
Das war etwas, was er nutzen konnte.
Der junge Mann war mächtig, ohne Zweifel.

Der Inquisitor erhob sich wieder und schlich davon.
Tatooine war sein Ziel.
Dort konnte er nun auf Kenobi und Tano warten.

Dangerous Past - A Star Wars Fulcrum Story Part 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt