Ich war eine Katze. Oder ein Ninja. Eine Ninjakatze! Nein das ist doppelt gemoppelt, wie weißer Schimmel. Ich war eine Katze getarnt als Ninja! Oder umgekehrt? Ach, egal. Ich steckte in einem hautengen langärmligen schwarzen Jumpsuit, der mir wirklich außergewöhnlich gut stand und schlich lautlos durch die dunklen Gänge des Internats. Es war ein leichtes gewesen das gemeinsame Zimmer von Sienna, Susan und mir zu verlassen, da beide Mädchen wieder einmal bis tief in die Nacht gelernt hatten und totmüde ins Bett gefallen waren.
Nach der sterbenslangweiligen Nachhilfestunde und ein paar weiteren ätzenden Kursen hatte ich den frühen Abend effektiv genutzt. Nicht für meinen britische Literatur-Kurs, aber für meinen Plan. Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, noch in dieser Nacht an das Passwort für den Router im Schülersprecher Büro zu gelangen. Um nicht aufzufallen, hatte ich mich ganz dunkel angezogen, so kannte ich es aus Agentenfilmen. Ich war bereit, jegliche Schwierigkeiten zu überwinden für mein einziges Ziel: das Leben meines Instagramaccounts zu retten.
Nichts gegen Amina, meine süßeste Maus, aber wer konnte meine Persönlichkeit digital besser repräsentieren als ich selbst? Innerlich jubelte ich vor lauter Vorfreude und am liebsten hätte ich wild getanzt, doch zunächst sollte ich mich noch beherrschen.
Zaghaft legte ich meine Hände gegen das kühle Holz der Wandverkleidung und tastete mich daran den Korridor entlang. Die Schlafsäle im Mädchenflügel hatte ich mittlerweile hinter mir gelassen, doch der schwierigste Abschnitt folgte noch. Schlug man die Richtung zu den Schülersprecherbüros ein, passierte man unweigerlich die Dormitorien der nächtlichen Ansprechpartner. Schöner Ausdruck, jedoch sehr realitätsfern. Die Ansprechpartner wahrten den Schein feinfühliger Omis und Opis, die man zu jeder Tageszeit mit seinen Wehwehchen nerven konnte. Tatsächlich handelte es sich um strenge Möchtegern- Pädagogen, die die Flure mit Adleraugen bewachten und offenbar das Gehör einer Fledermaus besaßen. Tagsüber sorgten in wöchentlichem Wechsel zwei Lehrkräfte für Ordnung, nachts gab es ein ähnliches Prinzip. Die Nachtwache galt als besonders streng. Ein Verstoß gegen die Nachtruhe konnte tödlich enden. Das wurde mir gleich an meinen ersten Tagen auf Appleville eingebläut.
Mein Vorhaben war natürlich riskant, keine Frage, sollte ich allerdings erwischt werden, drohte mir ein Beinverlust.
Oder war der Gedanke zu übertrieben?Still! War da ein Geräusch?
Angespannt hielt ich die Luft an und presste mich instinktiv eng an die Wand. Doch der Korridor blieb ruhig. Super, jetzt halluzinierte ich schon. Dieses britische Kaff würde mich auf direktem Weg in die Klapse befördern.Leise bewegte ich mich vorwärts, bedacht auf jeden einzelnen meiner Schritte. Als kleines Kind hatte ich einige Jahre Ballett getanzt. Eines kann ich euch verraten: Wenn eine strenge kleine Dame mit stahlhartem Dutt hinter ein paar Kindern mit einem Holzstab herumstolziert, sie mit teuflischem Blick taxiert und in hartem russischen Akzent befiehlt anmutige und geschmeidige Bewegungen zu machen, hinterließ das Spuren. Im Stillen dankte ich Madame Pawlowa für ihren Einsatz, denn ich glitt über den Teppichboden wie eine Primaballerina. Zu meiner großen Freude schien ich tatsächlich keinen Laut von mir gegeben zu haben, denn als ich das Ende des unglaublich langen Korridors erreichte, ging weder ein Licht an, noch hörte ich das geringste Anzeichen eines geweckten Nachtwächters.
Noch ein letztes Mal nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und tastete mich weiter um eine Ecke herum. Noch genau sieben lange Schritte an der Wand entlang, dann müsste ich im spärlichen Licht die Tür der Schülersprecherbüros ausmachen können.
In einem Anfall überaus großer Weitsicht, hatte ich mir den Weg am Tag gut eingeprägt und mir sogar die Zahl der Schritte genau gemerkt.Der Messingtürgriff lag kühl in meiner Hand, als ich schließlich schweissgebadet vor Anstrengung die Tür zu Javors und Bethanys Büros erreichte. Das Schloß stellte kein Problem dar: Eine aufgebogene Haarnadel fungierte als Dietrich.
Bitte erzählt es nicht rum, dass ich mit einem Dietrich Schlößer knacken kann. Der Grund ist unerheblich und ich werde auch bestimmt nicht näher darauf eingehen! Das würde kein gutes Licht auf mich werfen.
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#grl_pwr, oder wie man ohne Wlan überlebt
Teen FictionZwei Qualitäten zeichnen Autumns Eltern aus: sie sind reich und immer unterwegs. Ihre Tochter bleibt daher sorglos und verwöhnt mit einer Kreditkarte in New York und lebt in den Tag hinein. Als sie die Schule abbrechen will um sich auf ihr eigenes B...