Der Kuchenverkauf stand vor der Tür, somit endete meine erste Woche auf Appleville. Mein Fazit: große Scheiße!
Ich stand in der Eingangshalle zwischen Susan, die ihren Schokokuchen liebevoll auf einem Spitzendeckchen drappiert hatte und Sienna, die mich wie immer mit Nichtachtung strafte und ihren Kuchen gerade in Stücke schnitt. Zwar konnte ich meine Mitbewohnerinnen nicht mehr leiden als noch vor einigen Tagen, doch Susan entpuppte sich als keine schlechte Lakaie, die mir folgte wie ein treues Hündchen. Sienna hingegen war der totale Eigenbrödler. Sie zog ihr eigenes Ding durch und distanzierte sich mit Freuden von mir und kümmerte sich mit Vorliebe um ihre Noten, anstelle ihres sozialen Standes. Und sowas wollte eine Aristokratin sein? Lächerlich.
Genau so lächerlich wie diese Veranstaltung. Die Lehrkräfte begutachteten die unterschiedlichsten Kreationen der Schüler, als handelte es sich um einen illegalen Organhandel. Noch dazu würde ich um den ein oder anderen Kuchen eher einen großen Bogen machen, warf man einen genaueren Blick auf die dunklen Krusten unter den Fingernägeln einiger Schüler. Man müsste meinen, auf einem Eliteinternat ginge alles etwas anständiger oder gar hygienischer zu- nie hatte ich mich so geirrt.
„Ist der Schokokuchen glutenfrei?"
Eine ältere Lehrerin deutete auf Susans Kuchen und sah skeptisch zwischen uns beiden hin und her. „Gluten- was?", fragte ich irritiert. „Nein", sprang Susan ein, „Aber er ist vegan."
Die Lehrerin nickte anerkennend und schlenderte weiter. „Nehmt ihr das hier nicht alle eine Spur zu ernst? Das ist doch nur Kuchen!", bemerkte ich spitz.
Doch Susan schüttelte energisch den Kopf. „Das ist ein speziell von Bethany di Viglio organisierter Kuchenverkauf für wohltätige Zwecke. Man sagt, Familie di Viglio besitzen einen streng geheimen Tresor, in dem antike Backrezepte versteckt sind", raunte sie. „Streng geheim, hm?", zweifelnd schossen meine Augenbrauen in die Höhe.
„Ehrlich gesagt denke ich, diese di Viglio nimmt sich ein bisschen zu wichtig dafür, dass ihr Name klingt wie ein Pastagericht."„Hmhmhm"
Ein kurzes Räuspern hinter mir und Susan erstarrte zur Eissäule.
Sofort wusste ich bescheid und drehte mich um, blickte erwartungsgemäß in die eisblauen Augen einer wütenden Bethany di Viglio, links und rechts neben ihr zwei Mini- Ausgaben von ihr mit teuren Handtäschen unter den Armen.
„Autumn Nicholson. Berühmt für ihre skandalösen Ausraster."
Ihre Stimme triefte vor Verachtung.
„Bethany di Viglio. Prinzessin zu Hofe und zu Appleville", konterte ich selbstbewusst. Wir Upper Eastsiders wussten, wie man mit Diven umging.
„Sieh an, da hat jemand seine Hausaufgaben gemacht."
Könnte ihr Lächeln töten, nunja, dann würde das Ganze nicht gut für mich aussehen.„Im Namen der Schülervertretung heiße ich dich herzlich willkommen auf Appleville. Auch wenn du keinen guten Start hattest, wirst du dich bald sehr wohl hier fühlen."
Wir wussten beide, dass diese Worte keinesfalls ehrlich an mich gerichtet wurden. Dennoch hatte ich das Bedürfnis mich zu rechtfertigen. „Oh, ich habe mich bereits prima eingelebt. Da dieser gruselige Ort nun mein neues Zuhause auf Zeit ist, habe ich beschlossen mich damit zu arrangieren."
Bethanys Lächeln drückte plötzlich mehr Mitleid aus und das machte mich rasend.„Natürlich hast du das. Ich bin mir ganz sicher."
Oh Gott, ich hasste sie.
„Meine neuen Freundinnen Susan und Sienna stehen mir bei", erklärte ich.
Susans Augen leuchteten, Sienna schnaubte verächtlich.
„Das klingt toll, Autumn. Ganz ehrlich."
Warum kicherten ihre Sklaven so dämlich?
„Und solltest du irgendwelche Probleme haben, kannst du jederzeit zu Javor und mir ins Sprechzimmer kommen. Wir interessieren uns nämlich auch für die Probleme der kleinen Leute."
Ein letztes falsches Lächeln, das ihre gebleachten Zähne präsentierte, dann warf sie sich das lange blonde Haar schwungvoll über die Schulter und ging, ihre Sklaven dicht hinter sich.„Am liebsten würde ich ihr die Extensions ausreißen und diese anschließend vor ihren Augen verbrennen!", knurrte ich. „Und dann tanzt du um das Feuer herum wie Rumpelstilzchen?", frotzelte Sienna. Diesmal war es an mir, sie zu ignorieren.
„Ich hab doch gesagt, mit Bethany ist nicht zu spaßen", wimmerte Susan offensichtlich eingeschüchtert. Ich schüttelte nur den Kopf. „Das ist noch nicht vorbei. Wenn Bethany meint, einen Machtkampf austragen zu müssen, hat sie nicht mit meiner Hartnäckigkeit gerechnet!", rief ich tough.
„Du bist echt klasse, Autumn", meinte Susan.
„Oder du verreckst", meinte Sienna.Sterben in England? Auf keinen Fall!
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#grl_pwr, oder wie man ohne Wlan überlebt
Novela JuvenilZwei Qualitäten zeichnen Autumns Eltern aus: sie sind reich und immer unterwegs. Ihre Tochter bleibt daher sorglos und verwöhnt mit einer Kreditkarte in New York und lebt in den Tag hinein. Als sie die Schule abbrechen will um sich auf ihr eigenes B...