Legolas saß noch an seinem Fenster, Faeron stand neben ihm. Langsam bahnte sich die Nacht heran und verdunkelte den Himmel, doch selbst der Mond und die Sterne wurden an diesem Tag von dicken Wolken verdeckt.
Der Prinz hielt eine seiner Hände immer noch an seiner Seite, wo die Wunde immer noch schmerzte. Zwar blutete sie nicht mehr, aber das Stechen verschwand einfach nicht.
„Legolas, was hast du da? Bist du verletzt?", fragte Faeron auf einmal, der den verkrampften Griff bemerkte.
„Es ist nichts, was dich kümmern sollte", kam knapp zurück.
„Warum wehrst du dich so gegen Hilfe? Ich sagte schon, dass ich dir nichts Böses will... Ich werde dir helfen hier raus zu kommen, wenn du mich lässt", antwortete der braunhaarige Elb.
Legolas hob seinen Kopf. „Das kannst du nicht, mein Vater würde es nie zulassen." Er starrte mit leerem Blick an die Wand und konnte nicht sagen, wie sehr er Aragorn vermisste. Doch er selbst brachte sich in diese Situation, er hatte gesehen, wie sehr es dem Waldläufer wehtat ihn gehenzulassen, aber er hielt es trotzdem für richtig, erstmal mit seinem Vater in den Düsterwald zu reiten.
„Er muss es nur anfangs nicht bemerken", sagte Faeron. „Es gibt Möglichkeiten, die Wachen abzulenken und du könntest währenddessen unbemerkt nach draußen gehen."
Der Prinz seufzte. „Vielleicht wäre es einen Versuch wert, aber ich würde im Wald nicht weiterkommen", gab er zurück, in Bedacht auf seine Wunde, mit solchen Schmerzen wäre er kaum in der Lage wegzulaufen und sich ein Pferd aus dem Stall zu holen, würde ein zu großes Risiko sein.
„Ich weiß, dass du verletzt bist, wenn du mich die Wunde behandeln lässt, wird es besser, glaub mir", sprach er und ging hoffnungsvoll einen Schritt auf Legolas zu, der schließlich aufstand, sich auf sein Bett setzte und seine Tunika aufknüpfte, um die Verletzung zu zeigen.
„Vor vielen Jahren nahm ich einmal Unterricht bei einem der besten Heiler Bruchtals, es war zwar nicht Elrond selbst, doch ich lernte einiges über die Kunst der Heilung. Vertraue mir, ich werde versuchen, die Wunde so gut ich kann zu behandeln", redete Faeron ruhig und wickelte den Verband ab, um sich ein Bild der Verletzung zu machen.
Als er das Ausmaß sah, riss er die Augen auf. „Das sieht schlimm aus... Ich werde in die Heilräume gehen und mir ein paar Utensilien holen müssen, sonst kann ich da nichts machen. Ich bin gleich wieder da." Der braunhaarige Elb stand auf und verließ das Zimmer.
Legolas ließ sich nun mit dem Rücken gegen die Kissen sinken. Sein Blick richtete sich an die Decke und er platzierte eine Hand auf seinem Herzen. „Bitte, Valar, wenn ihr mich hört, lasst mich ihn wiedersehen, lasst mich mein Licht wiedersehen... Ich brauche es, bitte...", flüsterte er beinahe lautlos. „Ich liebe dich, Aragorn..."
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Der Waldläufer ritt seit einigen Tagen fast ununterbrochen, vor wenigen Stunden überquerte er den Anduin, weit würde es nicht mehr sein, bis er die Grenzen des Düsterwaldes erreicht.
Sein Weg wird ihn dennoch weiter nach Norden führen, die Hallen des Elbenkönigs befanden sich im nordöstlichen Teil des Waldes, der einzige ihm bekannte Pfad bog erst oberhalb der alten Waldstraße ab, einer ehemaligen Handelsroute von Zwergen.
Brego schnaufte mittlerweile und wurde langsamer, die Erschöpfung des Hengstes konnte Aragorn spüren. Er zog sanft an den Zügeln und verlangsamte das Tempo, suchte aber noch nach einer Stelle für die Pause.
Auch er selbst würde wieder Schlaf brauchen, nur war es hier äußerst gefährlich allein zu sein und gleichzeitig zu ruhen. Orks patrouillierten durch die Gegend um den Düsterwald, sicher war es hier nirgendwo.
Doch er musste auf seine Instinkte und auf die seines Pferdes vertrauen, sonst würde er womöglich am nächsten Morgen vor Müdigkeit aus dem Sattel fallen.
Er stieg von Brego ab und strich ihm sanft über den Hals, erst jetzt merkte er, dass das Fell des Hengstes schweißnass war. Aragorn machte ein Feuer und ließ sich im Gras nieder.
Bei dem Blick in die Flammen erinnerte er sich an Momente, die er mit Legolas erlebte. Ihr erstes Treffen, die zahlreichen Augenblicke, wo der Elb ihm das Leben rettete, den Tag vor dem Rat, an dem er ihn das erste Mal in seinen Armen hielt. Es schien, als hätte er damals schon gewusst, dass ihn etwas mit dem Elben verband, etwas Starkes, denn normalerweise war er nie so offen zu anderen.
Legolas gab ihm sofort das Gefühl von Vertrauen und Geborgenheit, was er zuvor oft vermisst hatte.
Und nun vermisste er Legolas. Ihm fehlte diese Wärme an seiner Seite, die leuchtenden Augen des Elben, die ein Spiegel seiner Seele zu sein schienen, aber vor allem das was er selbst empfand, wenn sein Geliebter bei ihm war.
Jetzt kannte er auch den Grund für all diese Gefühle, den Grund für diese Intensität und unheimliche Stärker dieser Liebe – Legolas war nicht einfach nur ein normaler Liebhaber, er war der Gefährte seiner Seele.
Am ersten Tag ihrer Begegnung sprach er noch mit ihm am Feuer darüber und jetzt konnte er jedes Wort von Elrond dazu nachvollziehen. Es fühlte sich wirklich wie ein inneres Licht an – heller als Anor (die Sonne) oder die Sterne. Es zeigte ihm seinen Weg durch die Dunkelheit, vor allem in den jetzigen Zeiten des Ringkrieges, wo er es am meisten brauchte.
Er konnte kaum glauben, dass die Valar ihm diesen Segen gaben, dass sie ihm eine solche Liebe und Verbindung gewährten.
Jetzt würde er zu Legolas reiten, ihn endlich wieder in seine Arme schließen und sich versichern, dass es ihm gutgeht, vor allem weil sein Herz ihm sagte, dass es dem Elbenprinzen eben nicht so gutging, wie er hoffte. Aragorn konnte nur so schnell reiten er es schaffte, um nicht zu spät zu sein.
Er richtete seinen Blick auf den Mond, der schwach durch die dünne Wolkendecke hindurchschimmerte und flüsterte kaum hörbar: „Ich vermisse dich, meleth nîn (meine Liebe) Ich möchte jetzt nichts lieber, als dich bei mir zu haben... Bitte Valar, gebt ihm Kraft, ich weiß, dass er es braucht..."
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Faeron war zurück zu Legolas ins Zimmer gekommen und machte sich daran, die Wunde zu behandeln. „Sag mir, wie ist das eigentlich passiert? Die Verletzung sieht nicht frisch aus", fragte er und begann einige Kräuter zu einer Art Öl zu zerreiben.
Der blonde Elb stieß ein Zischen durch zusammengebissene Zähne aus, als das Öl aufgetragen wurde. „Ich bin Teil der Gemeinschaft, wie du sicher weißt, und in Helms Klamm kämpften wir gegen eine riesige Uruk-hai Armee... Sie versuchten in die Festung einzudringen und brachten eine Art Bombe in einen Schacht der Mauer. Es folgte eine Explosion, ich versuchte jemanden zu schützen, wurde aber selbst von einem Steinbrocken getroffen", sagte Legolas mit zittriger Stimme und ballte seine Hände um die Bettdecke, um Anspannung loszuwerden.
„Das ist sehr mutig... Aber was ich jetzt tun werde, wird sehr wehtun, ich hoffe, dass es das bewirkt, was es bewirken soll. Versuche ruhig zu liegen", wies er an und griff nach einem Fläschchen.
Faeron entnahm ein graues Pulver daraus und trug es ebenfalls auf die Wunde auf, es vermischte sich mit dem Öl und begann höllisch zu brennen. Dann sprach er Worte in der alten Sprache der Elben, Quenya, um die Heilung mit der Kraft der Eldar hoffentlich zu beschleunigen.
Legolas hielt den Schmerz kaum aus, es fühlte sich an wie Flammen, die seinen Körper verbrannten. Die Ränder der Wunde waren mittlerweile feuerrot, doch der braunhaarige Elb wiederholte die Worte immer wieder, bis Legolas erschöpft liegenblieb, als der Schmerz endlich aufhörte.
„Ich nutze einen alten Spruch, der mir gelehrt wurde, in Verbindung mit diesen Kräutern und dem speziellen Pulver sollte es helfen. Ich verbinde es erneut, danach solltest du schlafen, du siehst unheimlich erschöpft aus", sprach Faeron ruhig.
„Danke...", murmelte der Prinz leise als Antwort und bemerkte kaum noch, wie ihm der Verband angelegt wurde, ehe er kraftlos seine Augen schloss und in den Schlaf fiel.
Der braunhaarige Elb deckte ihn vorsichtig zu und sammelte seine Utensilien wieder ein, bis er das Zimmer verließ, um Legolas ruhen zu lassen.
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Emel nîn | Aralas FF
FanficNach langen Zeiten der Dunkelheit, in denen Legolas nur Unglück fand, passiert das, was er niemals erwartet hätte. Vergangene Ereignisse lasten auf seinen Schultern und er glaubt nicht dagegen ankommen zu können, doch dies änderte sich plötzlich, al...