16. Nähe: Ja oder Nein? (P.o.V. Fiesta)

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3/? Wochen

P.o.V. Fiesta
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Ich betrete meine Bibliothek, gehe die Treppe hinunter, laufe rechts herum und nach hinten bis zu der Stelle, wo das Buch schon seit Jahrzehnten seinen Platz hat. Vorsichtig lege ich es dort ab, bedacht darauf, es nicht zu beschädigen. Ja, das Buch bedeutet mir etwas. Viel sogar. Sonst würde es sicher nicht auf einem roten Samtkissen in meiner Bibliothek liegen. Laut dem Inhalt gehört es eigentlich in die Schattenabteilung, doch, dass es sich hier an dieser Stelle befindet, hat einen Grund. Die Person, für die dieses Buch einmal bestimmt war, ist so wie dieses Buch. Es mag vielleicht seltsam sein, eine Person mit einem Buch zu vergleichen, aber das sei jetzt mal so dahin gestellt. Dieses Buch liegt vor dem Eingang zu dem Teil des Schattens, obwohl der Inhalt mehr als eindeutig dort hinein gehört. Ebenso war diese Person. Zumindest zum Teil. Sie hatte innerlich ein großes Interesse am Schatten, hat sich aber entweder nicht getraut, oder aber hat versucht, sich genau davon abzuhalten, da es gegen die Regeln war. Trotz, dass sie sich dafür interessiert hat. Daher bat sie mich damals darum, das Buch „Der Schatten" als eines zu tarnen, welches Heliongeschichten enthält. Der Titel „Geheimnisse des Helions" war ausgedacht, aber da es so viele Bücher über diesen Ort gab, würde eines mehr sicher auch nicht auffallen. Und jeder andere, der dieses Buch ansieht, würde genau diese Tarnung sehen.
Das Innere zeigt Geschichten über den Helion.
Die Geschichten, die sie alle sehen und hören wollen.
Die Geschichten, die alle für richtig halten, die das Oberhaupt des Helions verbreitet hat.
Doch, dass keine dieser Geschichten der Wahrheit entsprechen, übersehen sie alle.

Sie kennt zwar die Wahrheit, allerdings hat sie auch das nicht angenommen. Möglicherweise hat sie es für einen kurzen Zeitraum versucht, aber gehalten hat diese Ansicht nicht lange. Sonst wäre sie heute noch hier. So, wie sie früher oft hier war. Sie war öfter hier, als im Helion, ihrem eigentlichen Zuhause, weil sie sich ihren Worten nach hier wohler fühlte als dort. Und das, obwohl sie selbst im vollständigen Schatten nicht lange überleben würde, da sie aus dem Licht stammt. Trotzdem verbrachte sie jede freie Minute in der Dunkelheit, im Wissen darüber, dass sie total geschwächt in den Helion zurückkehren müssen würde und jedes Einzelne mal eine gute Erklärung dafür gebraucht hatte. Aber das schien ihr egal zu sein. Sie tat es immer wieder, trotz dass ihr Vater schon längst sehr misstrauisch geworden war und sogar ihren eigenen Bruder darauf angesetzt hatte, sie zu observieren. Zum Glück hatte er sich geweigert, die Privatsphäre seiner Schwester zu stören und ihm oft erzählt, er habe sie verloren, obwohl er sie nie wirklich verfolgte. Komischerweise kaufte er ihm das Tag für Tag erneut ab, auch wenn es offensichtlich war, dass er log. Doch er tat es für sie. Die beiden hatten früher kein wirklich gutes Verhältnis.
Heute war das anders. Zumindest insofern wie ich es mitbekommen habe.
Aber so gerne sie auch hier gewesen zu sein scheint, so sehr scheint es ihr auch gefallen zu haben, mich wegzustoßen und zurückzulassen. Oder besser gesagt, mich dem Tod auszuliefern. Zum Glück konnte ich noch rechtzeitig entkommen.
Das war allerdings nicht meine erste Nahtoderfahrung. Der gleiche Spaß ist mir bereits zuvor ähnlich passiert. Auch durch sie. Sie hatte sich wirklich ziemlich große Mühe gegeben, sich meinen Hass zu verdienen. Und sieh an, sie hat es geschafft, dass es bis heute gehalten hat.
Bis vor kurzem wusste sie ja nicht einmal, dass ich der war, den sie damals kannte. Zu schade aber auch. Aber hey, ohne sie hätte ich meine einzige und beste Freundin niemals kennen gelernt. Sie ist die Einzige, die weiß wie ich mich fühlte, wie ich mich fühle. Sie war und ist die Einzige, die es jemals wissen wird. Für einen kurzen Moment schwelge ich in Erinnerungen. Wie lange war es her, dass ich sie das letzte Mal gesehen habe? Es müssten 17 Jahre gewesen sein, wenn ich mich recht entsinne. Eigentlich könnte ich sie mal wieder besuchen gehen.

Noch immer stehe ich vor dem Bücherregal und sehe das Buch an. Dieses Buch. Ich habe keinen blassen Schimmer, wieso ich es überhaupt noch aufbewahre. Aber wieso, hatte Saphira sich ausgerechnet dafür entschieden? Der ganze linke Flügel war doch voller Bücher über den Helion. Aber sie musste ausgerechnet dieses hier wählen. Sie fragt doch sonst immer wegen allem und jedem nach. Warum hat sie es dann vorhin nicht getan? Ach, ich vergaß. Sie würde nie auf die Idee kommen, mich zu rufen. Allerdings hätte ich ihr auch sagen können, dass dieses Buch tabu ist.
Andererseits hätte ich vielleicht nicht allzu grob sein sollen, aber dieses Buch ist nun mal irgendwo ein wunder Punkt bei mir. Und im Leben hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass Saphira gleich einen halben Herzinfarkt bekommt, wenn sie das Buch aufschlägt und bemerkt, dass es eben keine Geschichten des Helions enthält, sondern eben die Wahrheit über den Schatten. Wobei. Theoretisch hätte sie genau das sehen müssen. Die Tarnung war dauerhaft. Aber, wäre sie mit der Zeit verloren gegangen, hätte ich es nicht mitbekommen, da sie bei mir nicht wirkt. Dann scheint das wohl der Fall gewesen zu sein. Aber ich sehe um ehrlich zu sein auch keinen Grund darin, dass ich sie erneut auf das Buch legen sollte.
Trotzdem hätte ich nicht so kalt sein sollen. Ich hatte mitbekommen, dass Saphira begonnen hatte zu weinen. Und anstatt sie irgendwie zu trösten, nahm ich das Buch und ging? Super, Fiesta, super. So wird sie bestimmt schneller Vertrauen fassen als gedacht. Innerlich schlug ich mir dafür selbst vor den Kopf.
Daher beschließe ich, nach ihr zu sehen. Vorerst unsichtbar. Ich teleportiere mich also vor ihre Zelle und warte.

Ich sehe, wie sie noch immer zusammengekauert in der hintersten Ecke von dieser sitzt und verängstigt auf diesen Punkt schaut, an dem vor nicht allzu langer Zeit noch das Buch lag. Sie scheint das wirklich mehr mitgenommen zu haben, als ich dachte. Noch immer weint sie. Die Tränen fließen nur so über ihr Gesicht. Sie hat Angst, weis nicht weiter und wünscht sich innerlich, dass ihr Freund Fallada ihr zur Seite stehen würde. Ich hasse mich selbst dafür, dass ich es nicht lassen kann, ihre Gedanken zu lesen, aber wenn ich sie fragen würde, wäre sie einerseits zu unsicher mir zu antworten und andererseits würde sie nicht mit mir sprechen, da sie mein Verhalten nicht einordnen kann.
Wenn sie nur wüsste, wer Fallada wirklich ist. Sie würde ihn dafür hassen, wüsste sie es jetzt. Vielleicht würde er es ihr irgendwann sagen.
Ich überlege, wäge ab, ob ich zu ihr gehen sollte. Vermutlich wäre sie grade nicht in der Verfassung zu flüchten. Das wollte ich aber auch keineswegs ausnutzen. Überrascht darüber, dass Saphira mir leidtat, entscheide ich mich doch dafür, zu ihr zu gehen, auch wenn das vielleicht gerade nicht der schlauste Schachzug meinerseits war. Als ich die Zelle betrete, sieht sie kurz auf, zuckt aber nicht zusammen und machte auch sonst keinerlei Anzeichen, sich weiter von mir entfernen zu wollen. Ihr geht es also wirklich gar nicht gut.

Vorsichtig nähere ich mich ihr. „Hey, ich wollte nur mal nachsehen, wie es dir geht.", sage ich, im Wissen darüber, dass sie mir nichts antworten würde. Stattdessen schluchzte sie erneut auf, versucht aber gleichzeitig ihre Tränen irgendwie zu unterdrücken. Ohne weiter nachzudenken, gehe ich zu ihr und nehme sie in den Arm. Sie schluchzt noch einmal auf und bricht noch einmal in Tränen aus. Dann schmiegt sie sich näher an mich und scheint dankbar dafür zu sein, dass ich so gehandelt habe. Ich weis nicht wie lange ich noch bei ihr war und sie im Arm hielt, doch als ich blinzelnd meine Augen öffne, bemerke ich, dass wohl bereits der nächste Tag angebrochen zu sein scheint. Ich muss wohl eingenickt sein. Saphira ebenfalls.
Bedacht darauf, sie nicht zu wecken, stehe ich langsam auf. Sie schläft recht friedlich. Einen Albtraum scheint das Erlebnis von gestern nicht verursacht zu haben. Leise verlasse ich den Raum und mache mich auf den Weg nach ganz oben. Vorbei an einer der großen Trainingshallen, der Bibliothek meinem Zimmer und schließlich durch das Kräuterlager, das zu meinem Aussichtspunkt führt. Dieser liegt auf dem Dach der Festung beziehungsweise daneben. An diesem Teil unterbrach jenes. Ich laufe bis zum Rand und sehe sehnsüchtig in die Ferne. Eine leichte Windbrise weht mir durch die Mähne. Automatisch fühle ich mich ein Stückchen freier, als ich es eigentlich bin. Auch ich muss bestimmte Regeln befolgen. Selbst, wenn das nicht so scheint.

Aber genug dazu. Heute wird Saphiras Training beginnen. Mal sehen, mit was wir anfangen. Vermutlich mit den Grundlagen. Was genau Magie ist und wo sie ihren Ursprung hat, werde ich ihr nicht erklären. Das ist das Mindeste, was sie wissen sollte. Ich werde mit dem Teleportieren beginnen. Ich denke nicht, dass ihre vorhandene Magie ein besonders großes Ausreizvermögen besitzt. Daher nehme ich an, dass das Training ohnehin nicht länger, als eine halbe Stunde dauern wird. Danach ist sie wahrscheinlich fix und fertig.

Noch immer sehe ich sehnsüchtig in die Ferne. Ach wie schön wäre es doch, wenn noch einmal alles so wäre, wie in meinem 2. Lebensjahr. Ich hätte meine Familie bei mir und Freunde an meiner Seite. Mein Leben wäre unbeschwert. Ich bräuchte mir keine Sorgen darüber zu machen, dass ich vor die Tür gestellt werde und alles, einfach alles wäre leichter.

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Und wieder einmal waren es fast 1 ½ Monate später...
Liest meine Story überhaupt noch wer?

Momentan stecke ich im Abi Stress, allerdings habe ich diese Woche meine letzte Prüfung und ich klopfe auf Holz, dass ich die Schule dann erstmal erfolgreich abhaken kann.

LG GiroScheckie

"Wer bin ich?"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt