Vergangenheit 6 (Fallada) - Helionversammlung

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Als der Tag der Helionversammlung gekommen war, begleitete mich zugegeben etwas Aufregung davor. Darana meinte, dass ich mittags in die Bucht kommen solle, um dann zusammen mit der Herde in den Helion zu laufen.
Den Weg über sprachen alle miteinander, auch mit mir. Es fühlte sich gut an. Es fühlte sich eindeutig gut an, wieder einmal mit anderen zu reden, anstatt sich dauerhaft vor ihnen verstecken zu müssen.

Warum ich mich verstecken musste? Nun, als ich gerade aus dem Helion verbannt worden war, kannte mich jeder hier. Jeder hier wusste genau, dass ich Derjenige war, der diesen angeblich fast ins Verderben gestürzt hat. Hätte ich mich gezeigt, oder besser gesagt: Hätte ich mich auch nur einmal draußen blicken lassen, wäre das das Dümmste gewesen, das ich hätte tun können.

Am Helion angekommen, blieben wir stehen. Luzifer drehte sich zu mir um und erinnerte mich nochmals daran, dass ich mich nicht als der Sohn ihres Herdenleiters vorstellen sollte. Als ich fragte wieso sagte er nur, dass das Oberhaupt des Helions nicht besonders gut auf ihn zu sprechen war, da er nie hier aufgetaucht war und jedes Mal eine neue Ausrede für sein Fehlen hatte. Blue, so hieß das Oberhaupt, war laut ihm gegenüber Solchen und noch manch Weiteren nicht gerade fröhlich gestimmt. Luzifer wollte Unstimmigkeiten mit ihm vermeiden. Verständlich. Ich hätte an seiner Stelle nicht anders gehandelt.

Dann betraten wir den Helion. Luzifer zuerst, gefolgt von seiner Gefährtin Gwin, Darana und schließlich von mir zum Schluss. Als ich den Eingangsbereich, in dem offenbar die Versammlung abgehalten werden würde, betrat, blieb ich vorerst stehen und sah mich um. Es hatte sich nicht viel verändert. Die kleine Halle sah immernoch beinahe so aus, wie ich sie verlassen hatte. Der mit grauen Glasfließen ausgelegte Boden, war klinisch rein, so wie es Blue am liebsten hatte. Die Wände, welche mittlerweile vollständig mit Efeu bewachsen waren, wurden von einigen goldenen Ranken geziert. Es sah zugegeben schon etwas festlich aus.
Die Blicke der Anwesenden waren größtenteils unauffällig auf mich gerichtet. Rechts an ihrem Stammplatz erblickte ich Aphrodite und ihren Bruder Allastar. Beide waren zu prächtigen Pferden herangewachsen. Etwas dahinter stand meine Herde, welche es mir ermöglicht hatte, diesen Ort noch einmal wiederzusehen. Hinten links in der Ecke erkannte ich Panterra. Sie war Diejenige, die für alles verantwortlich war. Doch ich musste mich zurückhalten, denn sonst würde meine Tarnung noch auffliegen. Und vorne links von mir fand ich den, den ich so sehr vermisst hatte. Fuego. Meinen Bruder. Er sah zwar auch zu mir. Allerdings sah es nicht so aus, als würde er mich erkennen. Jedoch konnte ich das verstehen, denn als wir uns das letzte Mal sahen, konnte man meine weißen Fesseln noch sehen, welche jetzt von meinem Behang verdeckt wurden. Ich hatte diesen früher immer abgeschnitten, damit man meine Fesseln sehen konnte. Seitdem ich es aber bevorzugte, nicht erkannt zu werden, ließ ich ihn wachsen.
Ich gesellte mich nun zu dem Rest ‚meiner‘ Herde, da ich sowieso schon zu lange herumstand und mich alle ansahen, weil sie sich vermutlich wunderten, weshalb ich dies tat.

Schließlich verstummten alle und sahen zum Eingang des Helions. Dort stand nicht nur irgendjemand, sondern Blue, das Oberhaupt des Helions, wie meine Mutter es immer gesagt hatte.
Alle sahen ihn ehrfürchtig an, beinahe so, als hätten sie Angst, etwas Falsches zu tun. So als hätten sie Angst vor ihm. Aber wem ging das nicht so? Es war schon immer so, dass sich Niemand traute, ihm zu wiedersprechen.
„Wie schön, dass ihr alle erscheinen konntet, ausgenommen der Herdenleiter der Wölfe, mal wieder. Welche Erklärung gibt es diesmal?“, fragte er. „Genau genommen, ist unser Herdenleiter dieses Mal anwesend, Blue.“, sagte Darana nun. „Also ich sehe ihn nicht. Hat er sich etwa unsichtbar gemacht?“, entgegnete dieser. Alle lachten leicht. Alle außer uns. „Nein. Er ist hier.“, meinte Darana nun, auf Luzifer deutend. Die Verwunderung stand Blue ins Gesicht geschrieben. „Unser ehemaliger Herdenleiter ist gegangen und hat Luzifer seine Stelle übergeben. In Zukunft wird er also immer anwesend sein.“ „Nun gut. Dann wäre das geklärt.“, sagte Blue nur. „Eine Frage habe ich allerdings noch: Wer ist denn euer Neuzugang. Wie wäre es, wenn du dich eben vorstellst?“
Abwartend sah er mich an.

„Ja klar“, antwortete ich mit einem gekünstelten Lächeln, „Ich bin Diamond. Ich bin noch nicht lange hier in Nimarya. Allerdings kenne ich die Herde schon länger. Und vor Kurzem haben sie mich aufgenommen. In dem Zeitraum war allerdings noch ihr alter Herdenleiter da.“

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Nach etlicher Zeit gibt es mal wieder ein Update. Es ist zwar "nur" ein Vergangenheitskapitel aber es trägt auch zur Entwicklung eines bestimmten Charakters bei, also hoffe ich, dass ihr aufmerksam gelesen habt.

LG GiroScheckie

"Wer bin ich?"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt