25. Ein Trainingsplan (P.o.V. Saphira)

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6/? Wochen

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Als ich am nächsten Morgen erwachte, fühlte ich mich so erholt wie schon lange nicht mehr. Diese Nacht hatten mich weder Albträume geplagt, noch hatte ich Schwierigkeiten damit gehabt, einzuschlafen. Aber vorallem hatte ich durchgeschlafen. Das war eigentlich noch nie wirklich vorgekommen.
Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich an gestern dachte. Es war lange her, dass ich mich so ausgelassen mit Jemandem unterhalten hatte. Silver war immer der Einzige gewesen, dem ich beinahe alles erzählen konnte und wollte. Er vermittelte mir das Gefühl von Sicherheit. Geborgenheit. Ein Gefühl, das mich nicht einengt. Seltsamerweise habe ich exakt dieses Gefühl auch, wenn ich in Fiestas Gesellschaft bin. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, ich fühle mich bei ihm noch unbeschwerter, als bei meinem besten Freund. Denn auch wenn er es zu verstecken versuchte, Silver scheint meines Erachtens nach noch immer nicht viel davon zu halten, dass ich meinen Vater unbedingt finden möchte. Wobei Fiesta das auch versucht hat, aber nur, als er wütend war. Ist er dies nicht, verliert er nicht auch nur ein schlechtes Wort über ihn. Er versichert mir immer wieder, dass ich ihn sicherlich mögen würde.
Ich hoffe einfach nur, es stimmt.
Nichts wäre schlimmer für mich, als das ich nicht mit ihm zurechtkäme. Oder aber er nichts von mir wissen will. Doch egal wie oft und lang ich darüber nachdachte, ich kannte die Antwort nicht. Und ich werde sie auch nicht kennen, bis der Tag gekommen war, an dem ich ihm endlich begegnen werde. Bis zu diesem Zeitpunkt blieb mir nur, auf Fiestas Personenkenntnis zu vertrauen.

„Guten Morgen. Du scheinst gut geschlafen zu haben. Siehst wacher aus als sonst.“, begrüßte Fiesta mich. Ich wandte mich zu ihm und entgegnete fröhlich:
„Ja ausnahmsweise habe ich mal durchgeschlafen. Keine Ahnung wann das das letzte Mal passiert ist, aber ich habe mich lang nicht mehr so erholt gefühlt.“
„Na das schreit ja förmlich nach etwas Training oder?“
Sofort verschwand das Lächeln wieder aus meinem Gesicht und ich senkte meinen Blick bedrückt zu Boden. „Und was ist, wenn ich dich wieder verletze?“, fragte ich deshalb.
„Wir hatten doch schon geklärt, dass du nichts dafür konntest. Aber um in den Trainingsablauf etwas Struktur reinzubringen, hätte ich da folgenden Vorschlag: Wir tackten das mit dem Trainieren so, dass mindestens ein Tag in der Woche frei ist, damit du dich regenerieren kannst. Was du an diesem Tag tust, ist dir selbst überlassen. Meiner Ansicht nach wäre es somit recht logisch das Kampftraining auf den Tag davor zu legen, da du dabei ja etwas mehr Kraft brauchst, als beim Rest. Die anderen Tage, also sagen wir Montag bis Freitag, arbeiten wir an deinen magischen Fähigkeiten. Verständlicherweise kann ich dir nur die Schattenseite näher bringen. Wenn du möchtest können wir aber auch ein bisschen Kräuterkunde zur Abwechslung dazwischenschieben. Und wenn du dich nicht fit genug fürs Training fühlst, dann gibst du mir Bescheid und wir lassen uns was einfallen. Was meinst du, wäre das eine Idee?“
Etwas erschlagen von der ausführlichen Formulierung dieses Vorschlags, konnte ich vorerst nicht antworten. Umso verblüffter war ich, als ich registrierte, dass er diesen Plan genau auf mich abgestimmt zu haben schien.
Ich habe keine Ahnung wann er sich darüber Gedanken gemacht hatte, aber das konnte er sich unmöglich innerhalb von Sekunden überlegt haben.
„Das habe ich auch nicht. Du schienst mir etwas überfordert, als ich jedes Mal, wenn Training anstand, spontan entschieden habe, was wir machen. Daher habe ich nachgedacht und eine Art Trainingsplan erstellt. So weist du zumindest ungefähr, wann wir was machen. Ich hoffe das hilft dir zumindest zu einem kleinen Teil.“
Ich muss mich echt noch an den Gedanken gewöhnen, dass Fiesta meine Gedanken lesen kann.  Bis jetzt hatte ich es noch nicht einmal geschafft, mich nicht zu erschrecken, als er plötzlich einen meiner Gedankengänge aufgriff und darauf antwortete. Als ich zu ihm blickte, umspielte ein leichtest Lächeln seine Lippen.
„Also… Ich weiß nicht wirklich, was ich darauf sagen soll. Danke? Darf ich fragen, wie du darauf gekommen bist, dass ich überfordert war?“, fragte ich wie immer vorsichtig und hatte dabei unterbewusst das Gefühl, ich wäre bedacht, das Raubtier, auf welches ich zulief, nicht zu erwecken. Und das trotz, dass ich mittlerweile wusste, Fiesta würde mir nichts tun.
„Naja das war ja wohl mehr als offensichtlich, Saphira. Ich wage jetzt mal die These aufzustellen, dass du an sich eine sehr ruhige und schüchterne Person bist. Du magst es nicht sonderlich im Mittelpunkt zu stehen. Du bist verschlossen und bevorzugst es zuzuhören. Mit deinem Gegenüber sprichst du nur ‚normal‘, wenn du es schon eine Weile kennst, oder dich in seiner oder ihrer Umgebung wohlfühlst. Sobald es daran geht, etwas Neues zu lernen, bist du sehr unsicher. Selbst wenn man dich zu ermutigen versucht, hilft es dir nicht wirklich. Teilweise wirst du so nur noch unsicherer. Sogar wenn du etwas beherrschst, wie beispielsweise das Teleportieren. Du kannst es und doch fühlst du dich nicht sicher genug, es anzuwenden.
Und du warst vorhin sehr erleichtert, als ich dir von meinem Vorschlag erzählt habe.“
Hatte ich schon erwähnt, dass Fiestas Personenkenntnis ausgezeichnet ist? Falls nicht tue ich es jetzt. Sagen wir es so: Mich hat bisher noch nie jemand so gut beschrieben, wie er es gerade getan hatte.
„Anderen Komplimente auszusprechen ist nicht so deine Stärke oder?“, fragte er mich mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht.
„Nicht so wirklich.“, entgegnete ich nur, während ich schüchtern lächelnd mal wieder den Boden begutachtete. Da mir die Situation gerade mehr als unangenehm war, versuchte ich irgendwie davon abzulenken, indem ich fragte:
„Und was machen wir heute? “
„Auf was hättest du denn Lust?“, beantwortete Fiesta meine Frage mit einer Gegenfrage. Gott sei Dank, er ist darauf eingegangen. Erleichtert atmete ich auf.
Aber Moment. Ich? Was wollte ich denn? Wann wurde ich das jemals gefragt? Wenn ja, dann lag dieser Augenblick einige Zeit zurück.
„Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht so wirklich, was ich machen möchte.“, sagte ich vorsichtig.
„Naja du interessierst dich doch sicherlich für Kräuter, oder? Wie wäre es denn dann, wenn wir mal ins Kräuterlager wandern und du dich dort mal etwas umsehen darfst?“ Sofort begonnen meine Augen zu leuchten.
„Ja.“, antwortete ich, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.
Wir liefen also, wie schon so oft, den langen Gang nach vorne, bis zur Treppe und stiegen diese bis in die zweite Etage hinauf. Oben angekommen lag vor uns ein Raum dessen Türen verschlossen waren. Fiesta lief entschlossen an jenem vorbei und bog links in den hinter der Treppe liegenden ab. Ich folgte ihm. Auch wenn ich zu gerne gewusst hätte, was hinter diesen Türen lag. Aber wer weiß, vielleicht erfuhr ich es irgendwann.
Als wir den Gang einige Meter entlang gelaufen waren, standen wir augenscheinlich vor dem Kräuterlager, denn Fiesta verkündete in diesem Moment, das wir da wären.

Genau wie in den unteren Stockwerken war auch hier die Decke sehr hoch, was durch die recht kleine Tür noch zusätzlich unterstützt wurde. Als wir den Raum betraten, fühlte ich mich vorerst etwas erschlagen, aufgrund der hohen Regale, die das gesamte Zimmer auskleideten. Um genau zu sein waren es fünf Stück, welche sich vor uns über die gesamte Länge Raum erstreckten.
An sich nichts beeindruckendes, doch sah man genauer hin, konnte man die verschiedensten Kräuter und Gräser auf den je vier einzelnen Regalebenen erkennen. In den beiden linken Regalen befanden sich jene, die man häufig benötigte, wie zum Beispiel:
Arnika, welches als Salbe bei Verstauchungen oder auch Muskel- und Gelenkschmerzen hilft.
Lindenblüten, die als fiebersenkendes Mittel bei einer Erkältung nicht wegzudenken sind,
Pfefferminze gegen Kopfschmerzen, ebenso wie Ringelblumen, die bei Wunden die Heilung fördern.
Auf dem mittleren Regal befanden sich eher Kräuter, wie Baldrian, der vorallem bei Einschlafproblemen nützlich ist, Fenchel zur Anregung des Appetits oder aber Ingwer, der wiederum gegen Übelkeit von großer Wirkung sein soll.
Dort waren auch viele, deren Namen und Indikation ich nicht benennen konnte, aber ich war mir sehr sicher, dass Fiesta sie alle kannte.
Auf den zwei äußeren rechten Regalen befanden sich lediglich Gefäße und Fläschchen, in denen er vermutlich Tränke aufbewahrte. Aber wenige waren das keineswegs.
Als ich meinen Blick etwas anhob und nach oben blickte, sah ich, dass die obersten Regalböden stellenweise pauschal miteinander verbunden waren. So bildeten lose Bretter eine Fläche, auf der einige Kräuter ausgebreitet waren, die auch im getrockneten Zustand, zermahlen und in Wasser aufgebrüht, durchaus auch ihre Wirkstoffe entfalten können.
Im linken hinteren Drittel des Raumes stand ein schwerer, alter Holztisch, der offenbar zur Zubereitung der Heilpflanzen diente. Dahinter standen zwei runde Holzfässer mit Wasser.
Jene Regale hatte ich bereits vor einigen Tagen wahrgenommen, als ich Fiesta auf den Aussichtspunkt auf dem Dach der Festung gefolgt bin. Aber genauer hatte ich nicht hingesehen.
Im Großen und Ganzen bot das Kräuterlager hier eine wunderschöne Atmosphäre, die sehr beruhigend auf mich wirkte. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass ich hier in Zukunft, genau wie in der Bibliothek, einige Zeit verbringen würde.

„Mein kleines Lager hier ist eher bescheiden, aber es erfüllt seinen Zweck. Frag mich aber nicht nach etwas, dass du nicht findest, oder hier oben verloren hast. Das wird vermutlich nie wieder auftauchen.“, meinte Fiesta lächelnd.
„Klein und bescheiden? Das ist doch hoffentlich ein Witz. Es ist riesig und ich für meinen Teil finde es wunderschön.“, widersprach ich ihm sofort.
„Naja wie du meinst. Meiner Meinung nach müsste hier dringend mal wieder aufgeräumt wird, nur komme ich einfach nicht dazu.“, meinte er seufzend.
„Hast du wirklich so viel zu tun?“, fragte ich nun neugierig.
„Nun sagen wir es so… Ich sitze nicht den ganzen Tag einfach nur herum und tue garnichts. Es gibt einige Wege die ich täglich erledigen muss, oder möchte. Zudem muss die Festung auch einigermaßen sauber gehalten werden, wobei ich dabei das Kräuterlager hierbei mal eben ausklammere. Und was meine Bibliothek angeht bin ich ein kleiner Ordungsfanatiker.  Dummerweise lässt da meist Jemand einige Bücher einfach auf dem Boden liegen, die ich dann wieder einsortiere.“, erwähnte er, während er mich kurz mahnend ansah.
„Und auch ich lese gerne, weswegen ich mir dafür jeden Tag ein bisschen Zeit nehme, um mich selbst etwas weiterzubilden, denn man lernt ja nie aus, nicht?“
Zustimmend nicke ich.
„Um ehrlich zu sein, muss ich auch leider wieder los. Ist es okay für dich, wenn ich dich alleine lasse?“, fragte Fiesta mich nun und ich meine Besorgnis aus seiner Stimme herauszuhören.
„Ja, wieso sollte es das denn nicht sein?“, hinterfragte ich.
„Weil… Naja… ist egal. Ich wollte nur sichergehen, dass es kein Problem für dich darstellt.“, antwortete er nur kurz angebunden.
Kurz darauf war er auch schon verschwunden.

Okay Notiz an mich: Frage nicht nach dem warum, wenn Fiesta besorgt erscheint.

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Long time no see...
Ich weiß es ist viel zu lange her, dass hier ein Update kam. Ich nehme alle Tipps gegen Schreibblockaden.. Ich hasse sie.

Trotzdem hoffe ich, dass euch das neue Kapitel gefällt.
Über Feedback freue ich mich immer wieder.

LG GiroScheckie

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 29, 2022 ⏰

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