22. Rückschlag (P.o.V. Saphira)

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5/? Wochen

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Den Rest der letzten Woche hatte Fiesta das Training, welches er vorerst so schnell wie nur möglich beginnen wollte, nicht fortgesetzt. Warum genau er das so entschieden hatte, weiß ich nicht, aber es wird schon Gründe gegeben haben. Mir ist das um ehrlich zu sein garnicht einmal so unrecht. Ich weiß zwar, dass er mich trainieren möchte, aber in was? Es gibt sicherlich Vieles, das er mir beibringen kann. Er ist immernoch Fiesta und mir fällt keiner in Nimarya ein, der ein größeres Mysterium aufgrund seines Könnens darstellt. Ich meine: Was kann er nicht? Er ist ein ausgezeichneter Stratege im Kämpfen. Er scheint immer richtig vorauszusehen, was sein Gegenüber als nächstes tut. Ganz abgesehen von seinem Wissen über Magie. Andere wissen sicher auch viel darüber, aber bisher hat keiner Fiesta übertrumpft.

Kurz halte ich inne und bin von mir selbst überrascht. Ich lobe ihn geradezu bis zum Himmel.
Ja, als ich ihm das erste Mal begegnet bin, hatte ich Angst vor ihm. So wie jeder hier. Denn mir waren wie Jedem auch nur die Gerüchte über ihn bekannt. Ich wusste so viel über ihn, wie jeder andere auch: Nichts. Denn diese Geschichten sind alle nur entstanden, weil ihn eben niemand hier richtig kannte. Wobei ich bezweifle, dass das jetzt anders ist. Sie denken sich Gegebenheiten aus, die auf Kämpfen oder anderen zufälligen Begegnungen basieren. Keiner von ihnen hat wahrscheinlich auch nur ein Wort mit ihm gewechselt, das ihm nicht feindlich gesinnt war.
Aber da ich es nicht besser wusste, habe ich ihnen geglaubt. Ich habe alles geglaubt, ohne auch nur daran zu zweifeln und das vermutlich nur, weil Wörter wie Bedrohung oder gefährlich fielen. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, war das recht dumm von mir. Unlogisch.
Klar, ich war und bin schon immer sehr vorsichtig. Bisher ist mir das auch noch nicht zum Verhängnis geworden, allerdings war ich bis zu dem Zeitpunkt, als er mich mitnahm, noch nie allein in Fiestas Gesellschaft.
Bisher hatte er mir auch noch nichts angetan, wie es alle anderen vermutet hatten. Er hatte eher versucht, an mich heranzukommen. Das war zumindest der Eindruck, der mir sein Verhalten mir gegenüber vermittelt. Zwar habe ich unbewusst die ein oder andere Sache fabriziert, die er nicht sonderlich toll fand, aber auch dann war er stets ruhig geblieben. Naja, er hat es immerhin versucht.

Ein Knall. Erschrocken halte ich erneut inne. Wer oder was war das? Im nächsten Moment wird mir bewusst, dass es sehr wahrscheinlich Fuego sein könnte, der mal wieder sämtlichen Inhalt seiner Zelle gegen die Tür vor jener befördert. Es scheint so, als habe Fiesta diesen Geräuscheschutz nicht noch einmal erneuert. Vermutlich, da ich jetzt weiß, dass er Fuego hier festhält. Warum, weiß ich nicht, aber vielleicht würde ich später nachfragen.

So versunken in meinen Gedanken bemerke ich garnicht, wie Fiesta zu mir herein kommt und mich beobachtet. Erst als er beginnt mit mir zu sprechen, nehme ich hin war. „Über was denkst du denn schonwieder so verkrampft nach?“ Als ich ihn anblicke, erscheint ein amüsantes Lächeln auf seinem Gesicht. Ich sah wahrscheinlich aus, wie gerade aufgestanden und überrascht zugleich. Und schon bricht er in ein hallendes Gelächter aus. Fiesta lacht. Fiesta lacht? Träume ich? „Nein tust du nicht.“, sagt Fiesta noch immer lachend. Daran hatte ich kurzzeitig gezweifelt. Warte. „Ich habe das vorhin nicht laut gesagt, sondern nur gedacht.“, meine ich abrupt. Augenblicklich verstummt sein Lachen und er sieht mich überrumpelt an. „Ich… Ähm.. Ich kann–“, beginnt er zu stottern. Er scheint sichtlich überfordert und nicht zu wissen wie er sich verhalten soll, schon fast panisch. Sollte ich nicht Diejenige sein, die in Panik verfällt? Er hat gerade meine Gedanken gelesen und ich gehe sehr stark davon aus, dass er diese Fähigkeit nicht über Nacht erlernt und gerade das erste Mal eingesetzt hat. Warum bin ich verdammt nochmal so ruhig?

„Saphira ich kann dir das erklären.“ Seine Stimme ist ruhig, aber genau das ist es, was dazu führt, dass sich meine Atmung beschleunigt und mein Herz schneller schlägt. Plötzlich bemerke ich, wie ich anfange panischer zu werden, auch wenn ich nicht wirklich weis weshalb. Wobei– dass Fiesta gerade meine Gedanken gelesen hat und dies vermutlich auch schon die ganze Zeit tat, war und ist Grund genug, beunruhigt zu sein.
Mein Herz schlägt mir innerhalb weniger Sekunden bis zum Hals und mein Puls ist sicherlich alles andere als normal, trotzdem weiche ich nicht zurück, als mein Gegenüber sich langsam, scheinbar vorsichtig, auf mich zubewegt.
„Ja, ich kann Gedanken lesen. Das ich dir das jetzt so sage, ist wahrscheinlich alles andere als beruhigend für dich, ich weiß.“ „K-kannst du das schon die ganze Zeit?“, frage ich zögerlich und bin erstaunt, wie fest meine Stimme klingt. „Ja, ich besitze diese Fähigkeit schon seit fast 18 Jahren. Allerdings kann ich sie auch kontrollieren, was heißt, dass ich nicht immer automatisch deine Gedanken lese, sobald ich dir in die Augen sehe.“ „Von wem kannst du das?“, frage ich weiter, jedoch ohne einen noch so kleinen Hauch von Unsicherheit in meiner Stimme. „Eine sehr gute Freundin hat es mir damals beigebracht, als ich–“ Er stockt. Es wirkt so, als würde er abwiegen, ob er mir diesen Teil wirklich erzählen möchte. Er ist… unsicher.
„Sie war damals Diejenige, die mir als Einzige von allen geholfen hat. Von ihr habe ich all mein jetziges Wissen und Können erlernt. Sie war es, die mir auch das Gedankenlesen beibrachte. Und sie warnte mich vor dieser Fähigkeit. Auch wenn sie noch so harmlos wirkt, sie ist es keineswegs. Belauscht man die falschen Gedanken, kann einem das durchaus sehr schnell zum Verhängnis werden. Es verletzt. Diese Fähigkeit mag zwar faszinierend sein, aber sie ist auch Fluch und Segen zugleich. Vermutlich gibt es deshalb auch so Wenige, die sie beherrschen.“
Zu meiner Verwunderung hat sich mein Puls wieder normalisiert, auch meine Atmung ist wieder völlig normal. Was mich aber noch mehr verwirrte, waren die Worte, die ich jetzt an Fiesta richtete: „Kann ich sie erlernen?“ „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Nein, auf gar keinen Fall.“ „A –“

„Saphira, ich bitte dich! Du hast noch nicht einmal die Kontrolle über deinen eigenen Körper, geschweige denn kannst du deine eigenen Kräfte und Fähigkeiten kontrollieren oder anwenden. Und dann willst du etwas erlernen, zu dem man all das bis zur Perfektion beherrschen muss? Abgesehen davon: Wenn du dich verteidigen musst, dann bringt es dir reichlich wenig, deinem Gegenüber das an den Kopf zu werfen, was er oder sie gerade denkt. In solch einem Fall solltest du dich wehren können, sei es mit Magie oder im Kampf. Ja, bisher mag dir das noch nicht passiert sein, aber glaube mir, wenn bestimmte Personen erst einmal herausfinden, dass du existierst und wer genau du eigentlich bist, dann stehst du bei einigen auf der Abschussliste. Vielleicht war dein Leben bisher unbeschwert, aber durch deine Eltern ist das jetzt beendet, glaube mir. Aphrodite hat genug Feinde, bei deinem Vater fang ich besser garnicht erst an. Er ist der größte Abschaum von Nimarya.“ „Du weißt doch nicht einmal wer er ist! Wie kannst du dann wissen, ob er eine so schlechte Person ist?“, schreie ich Fiesta entgegen. Ich kann es nicht fassen, dass er ihn so schlecht darstellt. „ Oh doch, glaube mir, ich kenne ihn besser als mich selbst. Jeder, aber auch wirklich jeder hier hasst oder fürchtet ihn. Leiden kann ihn hier keiner.“
„Doch, ich.“ „Wie kannst du das von Jemandem behaupten, den du noch nicht einmal im Ansatz kennst?“, fragt er mich nun. Seine Stimme ist voller Hass, im vollständigen Gegensatz zu vorhin, als er lachte. „Ganz einfach: Ich weiß nur, dass er zu 99% nicht einmal von meiner Existenz weiß. Mein größter Wunsch ist und wird es immer bleiben, ihn zu finden. Denn er ist der Teil von mir, den ich nie kannte. Ich suche ihn schon mein ganzes Leben lang.  Ich will wissen, wer er ist, was er ist. Jeder hat die Chance verdient, dass man ihm ohne Vorurteile gegenübertritt. Mir ist es egal, wie gut oder schlecht er ist, oder ob ihn alle hassen. Ich tu es nicht. Und da kannst du ihn noch so schlecht reden, ich werde ihn nie hassen.“ Erst jetzt bemerke ich, dass mir Tränen über die Wangen kullern. Ich schluchze leicht auf. Trotzdem blicke ich Fiesta fest in die Augen, auch wenn meine Sicht erneut verschwimmt, da sich neue Tränen in meinen Augen sammeln.

Fiesta aber ist verstummt. Nun sieht er mich nur noch an. Ich weiß nicht, was gerade in ihm vorgeht und wissen will ich es noch weniger. Ich habe gerade keine Kraft mehr, mich weiter mit ihm auseinanderzusetzen, weshalb ich all meinen Mut zusammennehme, an ihm vorbeigehe und diese Zelle verlasse. „Wo willst du hin?“, fragt er forsch. Seine Stimme klingt genauso kalt, wie an dem Tag, an dem er mich gefangengenommen hatte. Ich antworte ihm nicht, sondern gehe einfach weiter. Er steht plötzlich direkt vor mir im Gang und hindert mich am Weitergehen. „Versuchst du auch nur abzuhauen, weißt du, wer darunter leidet.“ Meine Schwester. Fiestas Gesicht ziert wieder einmal ein triumphierendes Grinsen, als er sich abwendet und den Gang in Richtung der Treppen entlangläuft. „Training morgen um 13 Uhr. Und sei pünktlich.“, wirft er mir noch zu, bevor er sich am Ende des Ganges in Luft auflöst und ich allein zurückbleibe.

So viel zum Thema, Fiesta versucht an mich heranzukommen. Selbst wenn er das bisher versucht und eventuell auch etwas Erfolg hatte. Mit dieser Aktion hat er all die bisherigen Erfolg wieder zunichte gemacht. Immerhin ist er gut darin, andere von sich wegzudrängen.

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Hallöchen
Da ich etwas verpeilt habe das der nächste Monat schon angebrochen ist, kommt das neue Kapitel dieses Mal erst 3twas später.
Lasst mir gerne euer Feedback in den Kommentaren da.

LG GiroScheckie

"Wer bin ich?"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt