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Regungslos sah ich ihn an. Mir fiel es schwer etwas zu sagen oder zu tun.

Ich hatte zwar nun den Erzeuger meines Kindes gefunden und es war genau die Person, mit welcher ich eine Sommer Romance gestartet hatte, doch ich konnte mich nicht freuen. Zu sehr saß der Schock wegen Rafaels verunstalteten Gesicht und seinem geschundenen Körper.

Damiano ging es scheinbar nicht anders. Auch er war nach seinem Geständnis unfähig zu reden. Sein Kopf hing herunter, sodass ich sein Gesicht und die Emotionen nicht erkennen konnte. Seine Schultern hingen herunter und auch sonst war seine Körperhaltung anders als zuvor. Sie war eingesackt und nicht so erhoben wie sonst.

"Ich muss gehen.", hauchte ich und drehte mich auf dem Absatz um. Danach lief ich zu Tür und drehte mich noch ein einziges Mal um. Er sah nicht zu mir auf und sprach auch nicht zu mir. Also verließ mit schnellen Schritten das Haus und steuerte auf das Auto von Rafael zu.

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"Du warst viel zu lange weg.", vernahm ich Rafaels Stimme, als ich sein Gesicht verarztete. Rafael wollte ums verrecken nicht ins Krankenhaus, weswegen ich nun die Rolle der Krankenschwester einnehmen musste.

"Du wusstest es die gesamte Zeit oder?", stellte ich ihm die Gegenfrage und ging so auf seine indirekte Frage ein. Da ich seinen Kopf durch mein verarzten nicht senken konnte, wich er meinem Blick aus. "Ja.", seine Stimme klang leise. Ich nickte darauf nur und nahm dann den auffordernden Blick seinerseits wahr.

"Er weiß nun Bescheid.", ließ ich ihn wissen und sah dabei zu, wie Rafaels Augen immer größer wurden. "Wie hat er reagiert?", in seiner Stimme konnte ich deutlich hören, dass er hoffte das es gut verlaufen war. Ich wank jedoch nur ab und verarztete ihn weiter.

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"Hast du gut geschlafen?", hauchte ich leise in das Ohr meines Sohnes und strich ihm durch die Haare.

Ich hatte Nino, als wir zuhause ankamen ins Bett gebracht. Er brauchte nach diesem nervenaufreibenden Erlebnis eine Mütze Schlaf. Und scheinbar hatte er diese auch gebraucht, denn er schlief ganze zwei Stunden.

Nun lag ich mit ihm in seinem Kinderbett und hielt ihm im Arm. Währenddessen strich ich ihm durch seine dunklen Haare, welche er von seinem Vater geerbt hatte.

"Ich würde gerne mit dir reden.", begann ich unsicher das Gespräch zu beginnen und strich über seine Wange. Sofort sah mich Nino mit seinen funkelnden Augen an, welche meinen so sehr ähnelten.

"Es wird vermutlich sehr fiel für dich sein, doch ich möchte nach all der Zeit ehrlich zu dir sein.", meine Worte sprach ich langsam und bedacht aus. Ich wollte, dass er sie verstand und nicht noch überfordert wurde.

"Deine Eltern, Großoma, mein Papa und ich haben ein Geheimnis. Dieses Geheimnis wurde vor zwei Tagen erst bei deinen Brüdern gelüftet und betrifft dich." Ich war unsicher, wie ich dieses Gespräch beginnen sollte. Immerhin war Nino gerade mal sechs Jahre alt und das was ich ihm Beichten wollte, war nicht ohne.

"Das Geheimnis betrifft dich, da es einzig und allein darum um dich geht.", nun begann mein Herz schneller zu schlagen. "Denn am 14.06.2015 brachte nicht deine Mama dich in Deutschland auf die Welt, sondern ich. Ich bin deine leibliche Mutter."

Gebannt sah ich in Ninos Gesicht und sah dabei zu, wie seine Augen sich weiteten. "Die Erwachsenen hielten es für die beste Idee, dich von mir wegzunehmen. Ich war gerade einmal 19 Jahre alt, meine Mama war fast ein Jahr tot und ich war gerade frisch ausgelernt."

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