46. Kapitel

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Gerade waren die Dreharbeiten zu ende, ich war vollkommen fertig, ich musste einfach nur nach Hause.

" Du Abby, wir gehen morgen was trinken, ich bin fertig, ich brauche dringend Schlaf" sagte ich zu Abby und sie nickte nur verständnisvoll. Ich verabschiedete mich noch von allen und machte mich dann auf den Weg nach Hause.

Ich schloss die Tür und Rilys Hund Renato kam mit entgegen und sprang an mir hoch. Ich streichelte ihn kurz und mache mich dann auf den Weg zur Küche. Da lag ein Zettel.

Hey Kim, ich hoffe du hattest einen schönen Tag ;)

Ich hab Renato hier gelassen, ich hoffe es ist kein Problem für dich, ich komme morgen gegen Mittag wieder, schlaf' schön mein Engel :)

Ich lächelte, als ich das durchließ, er nannte mich seit neustem Engel, weil ich ihm ein neues Leben ermöglicht habe, wir sind nicht zusammen oder so, wir sind halt sowas wie beste Freunde, nicht mehr und nicht weniger. 

Ich gab Renato futter und legte mich in mein Bett. Dieses Gefühl der Einsamkeit überkam mich, ich war alleine und ich konnte mit niemanden reden, der tag war der Horror für mich, ich liebte meine Geige, aber nachdem ich gespielt hatte, danach hasste ich sie auch wieder, es ist nicht zu erklären, wenn ich spielte fühlte ich mich gut, ich konnte abschalten, aber danach war alles wie vorher, ich wollte ich könnte nur Geige spielen und nie mehr in die reale Welt zurück kehren. 

***

Ich lag schon mindestens drei Stunden wach, vereinzelnd rannen mit Tränen aus meinen Augenwinkeln, ich wischte sie mir nicht weg, da würde ich niemals fertig werden. Ich hielt es so nicht mehr aus, ich griff zu meiner Schere, die auf meinem Nachttisch lag, ich zog sie immer wieder über meinen Arm. Einmal...Zweimal...Dreimal......Ich hörte auf zu zählen, ich würde es danach zählen, ich würde alles zahlen, jeden einzelnen schnitt, der mir zeigte, dass ich zu schwach für diese Welt bin, all das zeigt mir schwäche, Tränen sind schwäche, die ganzen Narben sind Zeichen von schwäche. Meine Magersucht ist ein Zeichen von schwäche. ICH BIN SCHWACH!!! 

Ich sah auf meinen Arm, Blut quoll aus jedem einzelnen Schnitt. Es bildete sich zu tropfen und rann meinen Arm hinunter, ich wischte es nicht weg, ich war zu schwach dafür. 

***

Es müssten wieder Stunden vergangen sein, ich hatte kein Zeitgefühl, ich lag einfach nur im Bett. Mein Schlaf wollte einfach nicht kommen, es war jede Nacht so, ich konnte erst ab drei Uhr morgens schlafen, nur musste ich am morgen wieder in die Schule, also bekam ich nur gute drei Stunden Schlaf, aber ich konnte einfach nicht einschlafen, manchmal, wenn Rily da war, dann schlief ich bei ihm im bett, weil ich mich so alleine fühlte. Doch jetzt war Rily nicht hier und Renato war kein Ersatz, er beruhigte mich zwar manchmal, aber nicht so wie es Ryan konnte, niemals so wie es Ryan konnte, ich fragte mich immer wieder wie ich es nur ohne ihn aushalte, ich sehe ihn jedes Mal in der Schule und schon fahre ich dann immer über meine Wunden, wenn er mit anderen Mädchen redet, dann kratze ich sie mir auf. Ich bin in einem tiefen schwarzen Loch, man merkt es mir in der Schule nicht an, aber Nachts, da halte ich das ganze nicht mehr aus, ich lasse es an meinem Arm raus, oder ich setzte mich an mein e-Piano und spielte einfach was mir in den Sinn kam. Heute war es der Arm, e-Piano hätte mir nicht geholfen.

Traurig blickte ich auf meinen Arm, er war überseht von schnitten, manche waren fast verheilt, manche gerade neu. Alte Narben waren auch zu erkennen, die Haut war geschädigt und ich ließ es zu. Alles was man da sah war meine Schuld.

***

Ich wachte auf, das erste was ich machte war, ich sah auf meinen Arm, er schmerzte, aber das war normal, ich war es inzwischen gewöhnt. Ich zog mir schnell eine Jacke drüber, dann ging ich in die Küche und gab dem Hund etwas zu essen. Ich zog mich schnell an, nahm Renatos leine und pfiff einmal und schon kam er angerannt.

Ich ging mit ihm spazieren, ich war bestimmt eine Stunde weg. Unsere Wohnung war nahe eines Waldes, hier ging ich immer mit Renato hin, ich kannte mich sehr gut hier aus, da ich auch früher immer hier gewesen war, Renato gefiel es hier und sprang wie wild durch die Bäume. Ich bekam ein kleine lächeln auf die Lippen als ich das sah. Er hatte so eine Freude am Leben, ich beneidete ihn echt, ich will das auch haben.

Ich stieg die Treppen hoch, mein Bein tat vor Anstrengung weh, die Muskeln konnten sich nicht mehr richtig anspannen, ich hatte einfach keine Energie in meinem Körper. Wann hatte ich das letzte mal etwas gegessen? War es die Handvoll Müsli gestern morgen? Ich konnte mich nicht mehr dran erinnern. Hungergefühl hatte ich schon lange nicht mehr, ich konnte problemlos ohne Bauchschmerzen 24 Stunden nichts essen, ich fühlte mich so besser, ich fühlte mich leichter und schwereloser. Es war ein besseres Gefühl, als dieses, dass man immer etwas im Magen hatte und sich überessen hatte. Die Treppe war zu ende und ich konnte nicht mehr, trotzdem lief ich weiter, mit jedem Schritt knickte mein Bein etwas ein, ich war kurz davor um zu fallen, aber ich lief immer weiter, einmal stolperte ich und fiel, mir war es egal, dass ich jetzt ein Loch in der Hose hatte und mein Knie blutete, es tat nicht mal weh, Renato war langsam auch nicht mehr so überdreht und lief brav neben mir. Schließlich gaben meine Beine nach und ich legte mich auf eine Bank. Renato sprang auf die Bank und machte es sich gemütlich, er kuschelte sich an mich, so als ob er spüren würde, dass ich mich alleine fühlte.

Ich weiß nicht wie lange ich schon auf der Bank lang, aber es muss so 30 Minuten sein, dann stand ich wieder auf, mir wurde zwar kurz schwarz vor Augen, aber ich ignorierte es. Ich ging einfach weiter und dachte nicht darüber nach, dass ich meine Beine kaum noch heben konnte und dass ich noch den ganzen Weg zurück laufen musste. Ich lief im hier und jetzt, die Zukunft war mir egal, das jetzt war scheiße, dann wird die Zukunft nicht besser sein.

Widmung geht an blauer_fluegel

Wörter: 1056


The music of my soul (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt