Kapitel XVIII Reue

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Auf dem Weg zum Jingshi verrauchte langsam Lan Zhans Wut und Verzweiflung. Er machte sich jetzt ernsthaft Gedanken, ob er wohl zu heftig reagiert hatte. Wenn Wei Ying später nach Hause kommt, sollten wir reden... Zum Glück war es nach 21 Uhr und niemand kam ihm entgegen, wie sollte er denn auch seinen Zustand erklären? Blutig und verschmutzt, wie er war. Lan Zhan erreichte endlich sein Anwesen, schritt durch das Tor und lief den Kieselweg zum Jingshi hinauf. Er ging direkt hinter den Paravent und entledigte sich seiner gesamten Kleidung, um sie im Zuber einzuweichen. Normalerweise wurde ihre Kleidung im Waschhaus gereinigt, aber da dieses auch abgebrannt war, hatte sich jeder entschieden seine Kleidung selbst zu reinigen. Dies kam Lan Zhan jetzt sehr entgegen. Nachdem er die größten Flecken grob entfernt hatte, beließ er es erst einmal so. Er nahm saubere Unterkleidung aus der Kommode und zog diese, nachdem er sich gewaschen hatte, an. Lan Zhan trat hinter dem Paravent hervor und ging zur Tür und schob sie auf. Er trat auf die Veranda und schaute zum Himmel. 

Der Mond stand bereits sehr hoch. Es ist fast Mitternacht... warum ist Wei Ying noch nicht zurück?... So langsam machte er sich Sorgen. War ich doch zu grob zu ihm?... vielleicht sollte ich nach ihm sehen... Lan Zhan sah noch einmal den Weg entlang, konnte aber Wei Yings Gestalt nirgends ausmachen. Er ging zurück ins Haus und zog sich seinen Hanfu über und machte sich auf den Weg. Als Lan Zhan zu der Stelle kam, wo er ihn am frühen Abend zurückgelassen hatte, fand er diese leer vor. Wo ist er?... Er schaute sich um und sah, dass kleiner Apfel wie immer unter seinem Baum lag und tief, umringt von den Kaninchen, schlief. Eine Weile lief er noch in dem Waldstück herum, fand Wei Ying aber dennoch nicht. Wo mag er hingegangen sein?... vielleicht ins Dorf um etwas zu trinken?... Langsam überkam Lan Zhan ein merkwürdiges Gefühl, ignorierte es aber vorläufig und machte sich auf den Weg zum Dorf. 

Es war nun bereits weit nach Mitternacht und das Dorf lag ruhig im tiefen Schlummer. Nur hier und da leuchteten ein paar Papierlaternen die dunklen Gassen aus. Hat er sich etwa für die Nacht im Gasthaus einquartiert?... Lan Zhan begab sich in diese Richtung und fragte dort die Person hinter dem Tresen. Diese verneinte, heute hatten sich keine neuen Gäste eingeschrieben. Entmutigt trat er wieder hinaus auf die Straße. Die Nachtwache lief mit seiner Laterne und einer Geistabwehrfahne an ihm vorbei. Lan Zhan sah auf und folgte dem Mann.

"Entschuldigt bitte..." der Mann blieb stehen und schaute den Fremden an, bevor er ihn erkannte.

"Ah... Hanguang Jun... was führt euch in tiefer Nacht in unser bescheidenes Dorf?... ist etwas geschehen?..."

"Keine Sorge... ich suche nur nach jemanden... vielleicht habt ihr ihn gesehen?... Wei Wuxian... er ist etwas kleiner als ich... und trägt ein schwarzes Ober- und rotes Untergewand..." Lan Zhans sah ihn hoffnungsvoll an. 

"Nein... verzeiht... aber heute war niemand im Dorf, auf dessen Beschreibung es passt..." der Mann verbeugte sich und lief weiter die Straße entlang.

Lan Zhan ließ den Kopf hängen. Wei Ying... wo bist du nur?... Er überlegte, wo er sonst noch hingegangen sein könnte. Nach Yunmeng?... nein warum sollte er?... Jiang Cheng ist in der Cloud Recesses... aber wohin sonst?... er wird doch nicht?... Lan Zhan lief aus dem Dorf hinaus und beschwor Bichen. Er sprang auf die Klinge und erhob sich in die Luft in Richtung Yiling. Dabei blieb er aber oberhalb der Straße, um ihn auf dem Weg nicht zu verpassen, da Wei Ying nach seiner Meinung noch nicht allzu weit sein konnte. Wiedereinmal sah Lan Zhan zum Himmel, um die Zeit zu bestimmen. Es musste jetzt zwischen zwei und drei Uhr sein. Lan Zhan stoppte Bichen. Kein Zeichen von ihm... soweit kann er nicht zu Fuß gekommen sein... wo bist du nur Wei Ying?... willst du nicht gefunden werden?... ist jetzt alles wirklich zu Ende?... endlich waren wir zusammen... Innerlich ohrfeigte sich Lan Zhan die Kontrolle über seine Wut verloren zu haben. Warum musste ich so weit gehen?... habe ich ihn sosehr verletzt?... will er mich jetzt nicht mehr?... Tränen schossen ihm erneut in die Augen. Lan Zhan befahl Bichen zu landen. Er stieg ab, setzte sich am Rand des Weges ins Gras und ließ sich nach hinten fallen. Nun verließen endlich die Tränen, die er die ganze Zeit über zurückhielt, seine Augen. Lan Zhan starrte in den Himmel und sah in jeder vorbeiziehenden Wolke Wei Yings Gesicht. Er streckte seine Hand aus, um nach ihm zu greifen.  

Soulmate II: Beginning of the end or the end of the beginning?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt