Not my World

Kapitel 5

Layla POV

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht laufe ich Richtung Cafeteria. Wenn ich vorhabe die nächste Vorlesung und die Übungsgruppe am Nachmittag zu überleben, dann brauch ich Kaffee und zwar in rauen Mengen.
„Woher kommt denn diese gute Laune?" ich hör seine Stimme nah an meinem Ohr. Als ich mich umdrehe blicke ich in zwei müde Augen mit dicken Ringen darunter. Der Rest seines Gesichts jedoch strahlt über beide Ohren. Dumpf erinnere ich mich daran, dass er mit irgendeinem Kerl auf der Tanzfläche rumgemacht hat, kurz bevor ich gegangen bin.
„Ach nichts weiter, sag mir lieber was oder wer deine Laune zu verantworten hat." Das wer betone ich besonders, wobei seine Wangen niedlich rosa werden.

Mit Kaffee bewaffnet setzen wir uns an einen freien Tisch an der Seite und reden über den gestrigen Abend. Jaro ist völlig vertieft in seine Schilderungen, dass er gar nicht bemerkt, dass ich nur mit halbem Ohr zuhöre. Mein Blick schweift immer wieder durch den Raum, dann hin zu Tür und wieder zurück zu Jaro.
Sollte ich nach ihr sehen? Ich erinnere mich an die Tränen in ihren Augen, ihren verzweifelten Gesichtsausdruck. Vielleicht hätte ich mich doch heute morgen aufraffen sollen. Ich muss zugeben, dass ich sie wirklich sehr süß finde, selbst ihr Name ist so besonders. Elyna.
Innerlich schmunzle ich, weil ich weiß, dass dieses Kribbeln einfach aus purer Verliebtheit kommt. Ich mag, wie nervös sie in meiner Anwesenheit ist und wie sehr sie sich bemüht mich nicht anzusehen. Heimlich schmiede ich schon einen Plan, wie ich es schaffe heute wieder neben ihr zu sitzen.
Meine Gedanken spinnen sich immer weiter. Ob sie heute früh bemerkt hat, dass ich nicht hier war? Ob sie mit ihren scheuen Augen unbeabsichtigt nach mir gesucht hat? Ich könnte die ganze Zeit nur an sie denken und das, obwohl ich doch so wenig über sie weiß.

Jetzt da ich ihren Namen weiß überkommt mich der Drang sie in den sozialen Medien zu suchen. Dieses Stalkergen scheint eine Krankheit unserer Generation zu sein. Meine Hände zittern leicht vor Vorfreude, aber auch weil ich aufgeregt bin. Was wenn mir die Person, die ich dadurch etwas kennenlerne, nicht gefällt?
Relativ schnell finde ich einen Nutzer, dessen Profilbild mir mehr als bekannt vorkommt. Ich frage bei ihr an und in wenigen Sekunden hat sie mich angenommen. Sie hat nicht viele Bilder auf ihrem Account, aber die wenigen zeigen mir eine viel glücklichere Elyna, als ich sie hier zu Gesicht bekommen habe.
„Jetzt zeig schon her?" Jaro lehnt sich zu mir und sieht mit in mein Instagram. Seine Augen weiten sich, als er die kleine auf meinem Bildschirm sieht. Sie sitzt am Strand, ihr Blick ist aufs Meer gerichtet, das Bild wurde so geschossen, dass man nur ihr Profil sieht.
„Nicht das was ich erwartet hätte, definitiv." sagt Jaro mit einem Lächeln auf den Lippen, während er mir dabei zusieht, wie ich das Bild mit großen Augen und breitem Grinsen anstrahle.
„Was hättest du denn erwartet?" sag ich spielerisch beleidigt und wackle anzüglich mit den Augenbrauen. Erst bekommt er einen Lachanfall, bevor er mir ernsthaft antworten kann.
„Weiß nicht, irgendwie jemanden, der mehr ist wie du..." er zuckt mit den Schultern und sieht mich dann entschuldigend an. Ich weiß, dass er es nicht böse gemeint hat, aber ja, sie sieht nicht aus, als wäre sie lesbisch oder wenigstens bi.

Wir reden noch eine ganze Weile, bevor ich mich verabschiede. Ich will eher zur Vorlesung, damit ich wieder einen Platz neben ihr bekomme. Ein aufregendes Gefühl und doch etwas seltsam und ungewohnt. In meinem Magen fliegen die Schmetterlinge um die Wette, wenn ich nur an sie denke.
Meine Beine tragen mich den Weg zum Hörsaal von ganz allein, ein beflügelndes Gefühl, dass mich im Himmel schweben lässt. Ich wusste, dass dieses Jahr toll werden würde, so viel besser als meine Zeit zuhause.

Der Hörsaal ist noch relativ leer, als ich ihn betrete, auch Elyna scheint noch nicht hier zu sein. Mein Blick wäre magnetisch zu ihr gewandert, aber da er es nicht tut, setze ich mich an den selben Platz wie gestern. Ich starre die Tür an in der Hoffnung, dass sie jeden Moment herein kommt.
Meine Tasche habe ich neben mir auf den Sitz gestellt, damit sich niemand ungebeten dahin setzt, aber diese Geste scheint nicht bei jedem anzukommen. Ein Kerl schnappt sich den Henkel und will sie gerade mit einem anzüglichen Lächeln hochheben. Hat dieses männliche Geschlecht denn gar keinen Anstand mehr?
All diese Typen halten sich für Gentleman, dabei nehmen sie sich einfach das, was sie haben wollen, aber nicht mit mir. Ich reiß meine Tasche zurück auf ihren Platz, schenke dem ungebetenen Lackaffen einen Blick, der ihm meine Abneigung nur zu gut zeigt.
„Verpiss dich." zisch ich ihm zu, wobei meine Augen ihn wie Dolche durchbohren. Tatsächlich lässt er den Gurt los und macht zwei Schritte zurück. Abwehrend hält er die Hände vor sich, aber ich wende einfach meinen Blick ab und blicke sogleich in die scheuen Rehaugen, die mich nervös anblicken, erschrocken von dem Temperament, dass sie gerade gesehen haben.