Kapitel 7

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"Shit! Shit, shit!", sagte ich mit einem Blick auf mein Handy. Auch Jamal begann zu fluchen.
Wir standen am Bahnhof und mein Zug fiel aus! Ganz klasse.
"Und was mache ich jetzt?", fragte ich Jamal, der nur hilflos mit den Schultern zuckte.
"Also du kannst bei mir schlafen, wenn du darfst."
Das war tatsächlich eine Möglichkeit, aber ich war mir nicht sicher, ob ich das wollte. Auf so etwas war ich definitiv nicht vorbereitet und ich hatte keine Ahnung was sich in so einer Nacht entwickeln würde.

Ich rief meine Eltern an, die vorschlagen, dass ich zu meinen Großeltern gehen würde. Von der Idee bei meinem "Freund" zu schlafen, waren sie auch nicht ganz überzeugt, da sie ihn nicht kannten.
Jamal nahm mir daraufhin das Handy aus der Hand und telefonierte mit ihnen.
Nach etwa fünf Minuten willigten sie tatsächlich ein, wobei ich glaubte, dass es an dem Fakt lag, dass Jamal ein Gästezimmer hatte. Dass wir allein in der Wohnung waren, ließen wir aus. Denn andernfalls hätten sie definitiv nicht zugestimmt.

Immernoch mit einem mulmigen Gefühl, fuhren wir noch kurz zum Supermarkt. Wir kauften eine Zahnbürste und ein paar Hygieneartikel und fuhren dann weiter zu Jamals Wohnung.
Er zeigte mir das hübsche Gästezimmer und das anschließende Bad.

Nachdem wir beschlossen hatten, noch einen Film zu schauen, setzten wir uns auf die Couch.
Während Jamal den Film anmachte, suchte ich nach einer passenden Zugverbindung für morgen. Zum Glück fand ich eine, die bereits um 12 Uhr abfuhr.

In der Nacht wachte ich auf. Jamal und ich waren auf der Couch eingeschlafen und er hatte seine Arme um mich gelegt. Obwohl ich Durst bekam, wollte ich ihn nicht wecken und versuchte wieder einzuschlafen.

Nach einer halben Stunde gelang mir das auch endlich und ich träumte komisches Zeug. Leroy Sané war ein böser Cowboy, der mich durch den Wilden Westen jagte, bis wir im Stadion ankamen, in dessen Mitte eine Zugverbindung war, mit Linas und Joshuas Kindern.
Daher war ich auch total froh, dass der Wecker von Jamal uns beide aufweckte.

Wir zogen uns an und gingen in ein Café, um dort zu frühstücken.
"Wann genau fährst du?"
"Also mein Zug geht um 12."
"Juli?"
"Ja?"
"Kommst du bald wieder?"
Lächelnd schaute ich ihn an: "Worauf du dich verlassen kannst!"
Er lächelte zurück und biss dann in sein Brötchen.

Am Bahnhof nahm er mich in seine Arme und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Auch wenn ich nicht ganz klein war, war Jamal dennoch deutlich größer. Wir waren zuvor noch zu seiner Wohnung gegangen und hatten mein Zeug eingepackt. Ich war ein wenig gerädert, aber auch super glücklich.
"Wir telefonieren und schreiben ganz oft", sagte Jamal und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren.
"Versprochen!", antwortete ich und legte meinen Kopf an seine Brust.
"Dein Zug kommt...", murmelte er und schaute ein wenig enttäuscht. Seufzend löste ich mich von ihm und gab ihm zum Abschluss einen Kuss.

Dann stieg ich in den Zug und winkte ihm.
Das Gefühl war unbeschreiblich. Ich war in einer Beziehung! Vor mir stand mein erster, fester Freund! Ein Mensch, auf den ich mich verlassen konnte, der mich kannte, obwohl wir uns erst vor Kurzem kennengelernt hatten. Jemand, der mich nahm, wie ich bin. Überglücklich setzte ich mich auf meinen Platz und schlief nach einer Zeit ein.

Als ich aufwachte, war ich schon fast in Stuttgart.
Ich schaute kurz, ob meine Wertgegenstände noch da waren, denn ich hatte zwei Stunden geschlafen und jeder hätte mir etwas stehlen können. Jedoch stellte ich erleichtert fest, dass alles da war. In diesem Abteil saß auch lediglich eine alte Dame.

Den Rest der Fahrt verbrachte ich am Handy. Ich schrieb mit Jamal, während ich Musik hörte.
Dann sah ich, dass ich eine Nachricht von Sophia erhalten hatte.

Juli, wo bist du???

Im Zug, ich war in München
Warum?

Was machst du in München?

Hab einen Freund besucht, aber was ist denn los?

Ein Freund war Jamal sicher nicht, aber wenn ich es Sophia erzählte, würde ich das persönlich machen. Außerdem wollte ich nichts überstürzen.

Können wir reden?

Ja, aber worüber??

Leo und ich haben Schluss gemacht.

Ich hielt inne. Die Nachricht kam ein wenig verzögert in meinem Hirn an. Sophia und Leo waren seit 3 Jahren unzertrennlich und ich hatte gedacht, die Beziehung würde ewig halten.

Scheiße!
Soph, kann ich irgendwas tun?

Wann bist du wieder da?

In ca 20 Minuten bin ich am Bahnhof

Kann ich zu dir kommen?

Ja klar! Kommst du selbst hin oder soll mein Vater noch zu dir?

Nein, ich nehme den Bus.

Okay.
Bis gleich Soph!

Ich machte das Handy aus. Mein schlechtes Gewissen überrannte mich. Während ich bei Jamal war, ging meine beste Freundin durch die Hölle. Auch wenn Sophia relativ extrovertiert war, ließ sie die Menschen nicht gerne wirklich nah an sich ran. Sie brauchte eine lange Zeit um Menschen wirklich zu vertrauen, und das hatte sie bei Leo bedingungslos getan. Sie hatte ihr Herz geöffnet.

Von einer Nachricht wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Na toll, es war Leo:

Juli? Fuck ich habe Scheiße gebaut.

Das würde ich auch meinen
Warum zur Hölle habt ihr Schluss gemacht? Du weißt ganz genau, wie ungern sie Menschen an sich ran lässt.

Ja, ich weiß. Glaubst du ich hab das mit Absicht gemacht? Fuck ich war bei ner Party. Da war auch Sahra und dieser komische Can. Sie kam auf mich zu, um mich zu begrüßen. Irgendein Depp hat sie dann gegen mich gestoßen und wie aus dem nichts hat Sahra mich geküsst. Das hat irgendjemand gefilmt und Soph geschickt. Dann kam dieser Wi***** Can und hat mir eine verpasst.

Warte was?
Sahra hat was gemacht?????

Egal wie komisch und nervauftreibend Sahra manchmal war, bei Leo hatte sie noch nie irgendetwas probiert. Und ich konnte mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, warum sie vor Can den Freund ihrer besten Freundin küssen sollte.

Ich weiß doch auch nicht, was in sie gefahren ist. Gott, ich wünschte ich wäre nie auf diese dämliche Party gegangen!

Okay okay.
Ich nehme an, Soph und du habt euch noch nicht ausgesprochen?

Nein, sie hat mir nicht die Türe geöffnet. Juli ich liebe sie, und ich würde nue irgendeine Scheiße machen. Das musst du mir glauben!

Das tue ich
Aber ich kann mir nicht erklären, was in Sahra gefahren ist...

Leo und ich schrieben noch kurz, bis ich aus dem Zug ausstieg. Mein Vater wartete schon: "Hey! Na, wie geht's? Die Nacht gut überstanden?"
"Ich bin übermüdet, aber ja, geht... du Papa, Sophia kommt gleich zu uns. Es gab ein riesiges Drama mit Leo."
Er stimmte zu und wir fuhren los. Als wir Zuhause ankamen, schrieb ich Jamal kurz eine Nachricht und wartete dann darauf, dass Sophia kam.

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Young Love - Jamal MusialaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt