Kapitel 47

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"Noch mehr?", Leon sah mich fragend an, ich musste lachen: "Leon, ich hab gerade vermutlich mehr gegessen, als in den letzten 3 Wochen zusammen. Mein Bauch hat die 4-fache Größe angenommen, wenn ich noch was esse, rolle ich nur noch."
Er grinste und setzte sich seine Sonnenbrille auf.
Wir saßen zu dritt auf der Dachterrasse der beiden und hatten eben einen Haufen Chili "sin" Carne gegessen, wie Leon es nannte. Aus irgendeinem Grund fande er das unfassbar witzig.

Es klingelte, Mathea stand seufzend auf.
"Und? Hast du schon fleißig auf deine Klausuren gelernt? Schule ist wichtig!", meinte Leon provokant.
"Keine Sorge, Leon. Englisch ist kein Problem mehr...", sein Blick wurde bedauernd und er wendete sich stirnrunzelnd zur Fensterfront.
Ich steckte mein Gesicht in die Sonne, es war endlich mal wieder wärmer.
"Äh Juli ... ich glaube du hast Besuch.", Leon sah ins Wohnzimmer und wendete sich dann leicht unbeholfen mir zu.
Ich sah stirnrunzelnd ins Wohnzimmer und hob dann meine Augenbrauen.
Vor Mathea stand doch tatsächlich Plastik-Barbie.
"Juli, sie will ... ähm ... mit dir reden."
"Wenn du das nicht willst, werfen wir sie raus. Hab nichts dagegen.", Leon sah die Möchtegern-Blondine von oben bis unten abwertend an.
"Nein, ist schon gut. Ich gehe mal rein...", eigentlich hätte ich ihr liebend gerne eine verpasst, aber irgendwie war ich zu neugierig, was sie von mir wollte.
"Juli, hi. Wir haben uns noch nicht richtig kennengelernt, ich bin Talita. Ich weiß, ich hab absolut kein Recht hier aufzukreuzen und ich hätte es auch liebend gerne per Instagram oder so gemacht, aber du hast deinen Account ja leider still gelegt, deshalb...", sie holte tief Luft und sah dann ein wenig unsicher auf Leon und Mathea, die beide mit verschränkten Armen durch das Fenster starrten. An Talitas Stelle hätte ich mich definitiv auch unwohl gefühlt.
"Warte, wir gehen ins Gästezimmer, da können wir ungestört reden.", ich zog sie hinter mir her und setzte mich dann auffordernd auf das Bett.
"Also ich ... zuerst will ich mich entschuldigen. Jamal hat mir von Anfang an klargemacht, dass er dich liebt und nie was zwischen uns laufen wird. Das habe ich akzeptiert, ich hatte selbst erst vor kurzem eine Beziehung und wollte um ehrlich zu sein keine neue. Außerdem war es nicht mein Ziel, mich an einen vergebenen Typen ranzumachen.
Ich hab in ihm einen engen Freund gesehen, der nach der Trennung für mich da war.
Dafür hab ich mir einiges über euren Streit angehört und ihm eigentlich geraten, den schnellstmöglich zu klären, anstatt mit mir weiter abzuhängen, während ihr euch nicht nahe steht.
An dem Abend hatte er sich vorgenommen am Montag einen Zug zu dir zu nehmen.
Wir haben uns also an den Platz gesetzt, er hat schon die ganze Zeit gequängelt, dass er da doch endlich wieder mit dir hin will.
Als wir da dann da saßen, hab ich irgendeine Kurzschlussreaktion gehabt. Ich hab mich zu ihm rübergebeugt und ihn geküsst.", sie atmete einmal tief durch: "Das ganze ging allein von mir aus.
Er meinte nach eurer Trennung, du hättest den Kuss gesehen?!", sie sah mich fragend an, ich nickte.
"Dann hast du nur den Anfang mitbekommen. Jamal hat mich relativ schnell wieder weggestoßen und mir danach praktisch Lebewohl gesagt.
Das war auch in Ordnung, ich kann es ihm nicht verübeln. Ich war an eurer Trennung immerhin nicht ganz unbeteiligt...
Ich erzähle dir das nur, damit du weißt, dass Jamal das nicht unbedingt wollte und nie was zwischen uns gelaufen ist. Er liebt dich und das unbestreitbar noch immer.
Er wollte mich nach der Trennung nicht mehr sehen, aber ich weiß, dass er ziemlich gelitten hat.
Also wenn du ebenfalls noch so fühlst, dann sprecht euch aus.", sie verstummte und sah mich unsicher an. Es hatte ihr mit Sicherheit nicht ganz leichtgefallen hierherzukommen.
"Ich weiß ehrlich gesagt nicht so ganz, was ich sagen soll..."
"Du musst nichts sagen. Ich wollte das, was ich verbockt habe, wieder geradebiegen.
Hoffentlich habe ich das gerade getan."
"Das hast du. Danke, Talita. Ich find es ziemlich mutig von dir hier einfach so herzukommen und ich bin dir echt dankbar dafür.", ich lächelte knapp, sie lächelte zaghaft zurück.
"Dann gehe ich jetzt wieder. Danke, dass du mir zugehört hast."
"Ich danke dir."

Kurz bevor sie durch die Türe verschwand, drehte sie sich nochmals um: "Juli, auch wenn dir das vielleicht nicht viel bedeutet, es tut mir wirklich leid, was du mitmachen musstest. Ich hoffe es wird bald besser.", sie sah mich mitfühlend an, ich nickte leicht.
"Danke Talita."
Ihr Herkommen hatte meinen Eindruck auf sie definitiv verändert. Ich würde mit Sicherheit nie ein Fan von ihr werden, aber anscheinend hatte sie Anstand und war für Jamal dagewesen, was ich schätzte.

"Und?", Mathea sah mich gespannt an, Leon schaltete sein Handy aus und steckte es gelassen in seine Hosentasche: "Hast du ihr eine verpasst?"
"Leon!", zischte Mathea entsetzt und schlug ihm gegen die Schulter.
Ich grinste: "Leon, so gerne ich das anfangs auch getan hätte, ihr Besuch war ziemlich uneigennützig. Denke ich zumindest...", ich zog die Stirn kraus.
"Das klingt ja interessant. Hätte ich dem Mädel gar nicht zugetraut...", Leon legte seinen Kopf schief und sah zur Tür.
Mathea schüttelte leicht grinsend den Kopf: "Also echt, Leon."
"Was denn? Stimmt doch. Sie ist ziemlich unsympathisch, allein, weil sie nicht Juli ist.", er zwinkerte mir zu, nun musste ich lachen.
"Du bist so ein Trottel, Leon. Aber nein, ich muss zugeben, es war nett, was sie gemacht hat."

"Soll ich dich zu Jamal fahren?", Leon sah mich fragend an. Ich hatte eben, so gut es ging, wiedergegeben, was Talita erzählt hatte.
"Ich glaube das ist nicht mehr nötig.", Mathea zog die Stirn kraus, "Sag mal, wird das hier zu einer Juli-Sprechstunde?", Mathea sah bezeichnend auf den elektrischen Türöffner.
Irritiert drehte ich mich um. Tatsächlich war Jamal dort zu sehen, der nervös auf und ab lief.
"Soll mir recht sein, solange dieses Gespräch euch endlich wieder zusammenbringt.
Ich kann mir das echt nicht mehr länger mitansehen, Juli. Abgesehen davon, seit ihr getrennt seid, ist unser Gästezimmer zu Julis Privathotel umfunktioniert worden. Nicht, dass ich mich beschweren würde, du bist hier immer willkommen, aber trotzdem darfst du gerne wieder bei Jamal schlafen.", er grinste und ich schüttelte leicht den Kopf.
"Es wäre mir neu, dass eine Person alleine bestimmen kann, ob man zusammen ist..."
"Wenn Jamal nicht will, was nicht passieren wird, sage ich für ihn ja.", Mathea zwinkerte mir zu und öffnete dann die Tür.
"Er hat noch nicht mal geklingelt, das ist dir bewusst, oder?"
Sie zuckte mit den Schultern: "Wenn er nicht in die Puschen kommt, muss man eben nachhelfen.", ich schüttelte erneut meinen Kopf, die beiden waren echt unmöglich.
"Jamal, jetzt beweg deine Bambi-Stelzen hier hoch!", Leon schrie vom Balkon nach unten, dieser zuckte erschrocken zusammen.
Dann sah er unsicher auf mich.
Irgendwas seltsames hatte sein Blick, aber ich versuchte mich davon nicht irritieren zu lassen.

Young Love - Jamal MusialaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt