Young Love - Jamal Musiala

Kapitel 42

Es war mittlerweile Anfang Februar und Jamal und ich hatten nur sehr brüchigen Kontakt. Er machte immer mehr mit dieser Talita und ich versuchte mich, so gut es ging, auf die Schule zu konzentrieren, um mich von dem ganzen Dreck abzulenken und nicht ständig ihr Profil zu stalken.
Die Situation verletzte mich so unglaublich tief und ich hatte in den letzten Wochen um die 3 Kilo verloren. Nicht nur, weil ich keinen Hunger hatte, oftmals wurde es mir einfach bei dem Gedanken an diese Situation so schlecht, dass ich nichts anderes tun konnte, als auf die Toilette zu rennen.
Ich fühlte mich absolut ekelhaft und dreckig, abgesehen davon war ich ständig den Tränen nahe.
Dennoch wollte ich nicht in München auftauchen, zu groß war meine Angst, dass er mich nicht mehr wollte, oder es ihn erneut aufregte, dass ich einfach auftauchte.

"Hey, ist hier noch ein Platz frei?", ich wurde von einem dunkelblonden Mädchen aus den Gedanken gerissen, die mich freundlich ansah und auf den Stuhl neben mir zeigte, auf dem früher Sophia gesessen hatte.
"Äh, ja klar. Ich bin Juli, du?", ich hatte sie noch nie gesehen und da das 2. Halbjahr noch nicht begonnen hatte, war es ein wenig verwirrend, dass sie hier war.
"Ich bin Eli. Wir sind erst vor kurzem hergezogen und leider durfte ich nicht bis zum 2. Halbjahr Zuhause bleiben, also...", ich grinste und machte Platz für sie.
"Danke. Sag mal, sind die Lehrer hier auch so scheiße?"
"Keine Ahnung, was du als Richtwert hast, aber ich schätze es gibt nur wenige, die besser sind als deine Grenze..."
Sie seufzte auf und zog dann ihr Handy hervor um irgendein Game zu starten. Ich musste mir ein weiteres Grinsen verkneifen, Eli war mir jetzt schon sympathisch.

"Warte, du hast Jude seither nicht mehr geschrieben?", sie pfiff durch ihre Zähne.
"Also ich kann die Beziehung eh nicht verstehen, dafür ist mir das alles zu hetero, aber solltest du dem armen nicht mal schreiben, oder so? Ich meine, der hat dir ja eigentlich nichts getan.", sie nahm sich die Chilisoße und gab sie großzügig über ihre Nudeln.
Eli und ich saßen im Chinesischen Restaurant und ich hatte ihr soeben die komplette Geschichte erzählt.
"Du hast ja recht, aber ich weiß echt nicht, ob ich Jamal das antun kann. Die Funkstille ist immerhin ursprünglich wegen Jude ausgebrochen."
"Ja, schon klar. Aber Jamal klingt gerade nach einem echten Idioten, oder nicht? Gut, ich hab keine Ahnung von Beziehungen, schon gar nicht mit Jungs, aber der Typ hält dich auf Abstand, weil er mit seiner Eifersucht nicht klarkommt und trifft sich stattdessen lieber mit Plastik-Barbie?! Nicht gerade sehr nett und schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass es dein fester Freund ist.", sie sah genüsslich auf ihre Nudelbox und steckte sich eine Frühlingsrolle in den Mund.
"Gut, da spreche ich wiederum nicht aus Erfahrung, aber als ob eine Beziehung mit einem Mädchen so anders ist? Ich meine ich kenne nicht viele lesbische Mädchen, aber ich hab in letzter Zeit nicht sonderlich gute Erfahrungen mit den Heterosexuellen gemacht...
Und Jamal war außerdem noch nie so drauf. Aber dafür gefällt mir dein Ausdruck für Talita, to be honest.", ich grinste ein wenig.
"Du kennst den Typen jetzt wie lange? Sorry, aber ich hab das Gefühl du vertraust sehr schnell. Ich meine wir kennen uns gerade mal ein paar Stunden und ich kenne deine halbe Beziehung...", sie sah mich bezeichnend an.
"Warst du nicht die Person, die unbedingt jedes Detail wissen wollte?"
"Du hast 5 mal in einer Stunde dein Handy gecheckt, weil du auf eine Nachricht gewartet hast, die, ganz nebenbei bemerkt, nie kam. Dann war da dieser Chris mit seiner 'Star'-Bemerkung, da wärst du auch neugierig geworden.
Und ich bin auch anders, ich bin immerhin niemand, der sich vor deinem Freund ausziehen würde. Sorry für die Aussage. Wobei ... eigentlich not sorry.", sie wendete sich wieder ihrer Nudelbox zu und ich schüttelte den Kopf.
"Ja okay, ich melde mich heute mal bei Jude. Vielleicht hätte er wirklich eine Entschuldigung verdient..."
"Ha, ich bins einfach. Ab heute kannst du dich auf meinen Rat verlassen.", sie sah mich zufrieden an, ich zog eine Augenbraue hoch.
"Wenn es danach noch schlimmer wird, bist du schuld."
"Pff... Vielleicht verliebst du dich ja in Jude, das wäre mal eine Story. Wobei ich dann ziemlich vorsichtig sein würde, das Internet wäre daran bestimmt ziemlich interessiert...
Am besten du wirst einfach auch lesbisch.", sie zuckte mit den Schultern.
"Ja, ähm nein. Beides nicht. Was wäre ich für ein Mensch, wenn ich mir den besten Freund von ihm kläre, während wir noch zusammen sind? Und das andere ist wohl eh keine Option, sorry..."
"Schade, aber no worries, bist eh nicht mein Typ.", sie zwinkerte mir zu und wir liefen anschließend aus dem Restaurant.