Alishba Viper

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"Wie bei so vielen Dingen ist es das Innere und nicht das Äußere, was zählt."
-Der alte Händler

Alishba Viper war erst 15 Jahre alt, als sie verlobt wurde und das mit dem Sohn ihrer Herren. Es gab einen riesen Aufschrei darüber, dass eine Viper, eine Familie, die den Al-Asims über Generationen hinweg gedient hatte, das nächste Familienoberhaupt ehelichen sollte, doch die Zeit rannte Ihnen davon. In wenigen Monaten würde Kalim achtzehn werden und ein Mann seines Standes musste in diesem Alter doch verheiratet sein.
Alishba war so schön wie der Tag und so rein wie das Wasser in einer Oase, weshalb man ihr ihren niedrigen Stand nicht ansah und sobald sie den Namen Alishba Al-Asim annehmen würde, würde sowieso jeder vergessen aus welchem Hause sie stammte. Alles schien perfekt und der Hochzeit stand nichts mehr im Wege.

Jamil Viper hingegen wusste nicht so ganz was er tun sollte, als er das Zimmer im Bediensteten Flügel betrat, das er sich mit seiner kleinen Schwester teilte, und eben diese weinend auf dem Bett vorfand. Die meisten ihrer Sachen waren gepackt und das weiße Hochzeits Gewand hing auch schon bereit auf der Anziehpuppe. Sie war erst 15 und genau wie Jamil konnte sie den naiven, albernen und unreifen Kalim nicht ausstehen. Sie war nicht bereit zu heiraten und schon gar nicht diesen Idioten. Jamil setzte sich vorsichtig zu ihr auf das Bett und strich ihr beruhigend über die Schulter. „Lass mich in Ruhe“, schluchzte sie ins Kissen, doch Jamil hätte die "Bester Bruder der Welt" Tasse nicht zum Geburtstag bekommen, wenn er für sowas keine Lösung hätte. „Ach? Dann werde ich den Kakao wohl alleine trinken müssen.“ Ein Schwung mit dem Magic Pen und die dampfenden Tassen standen auf Alishbas Nachttisch, die sofort den Blick hob. Der nostalgische Duft trieb ihr erneut Tränen in die Augen. „Ist dir klar, dass wir nie wieder wie Bruder und Schwester Kakao trinken, lachen und sprechen werden? Ich werde die Frau deines Herren sein und jeglicher außer Dienstlicher Umgang mit dir wäre... "unangemessen".“
Ja, darüber hatte Jamil auch schon nachgedacht. Seit die Verlobung bekanntgegeben wurde, kreisten seine Gedanken um nichts anderes mehr und soziale Welten von seiner kleinen Schwester entfernt zu sein, würde alles andere als angenehm sein. „Ich weiß und ich hoffe du weißt, dass mir das alles andere als leicht fällt und ich dich immer lieben werde, aber vielleicht ist es besser so. Ami und Baba können dir keine andere Perspektive bieten, als auf ewig eine Dienerin zu sein, aber als Kalims Frau ist deine Zukunft gesichert und er selbst ist im Grunde ein netter Kerl!“
Alishba schnaufte verächtlich, während Jamil gar nicht so genau wusste wieso er überhaupt versuchte seiner Schwester eine Ehe mit diesem Nichtsnutz schmackhaft zu machen. Vielleicht, weil es sowieso unausweichlich war und er sie nicht so tot unglücklich sehen wollte. Er sah dabei zu, wie seine Schwester sich aufsetzte und von dem Kakao trank. Die Tränen trockneten von alleine und sie beruhigte sich allmählich, doch an ihrer Situation änderte das jetzt auch nichts. „Erzählst du sie mir ein letztes Mal? Das Märchen von dem Dieb und der Prinzessin?“, fragte sie zaghaft. Jamil nickte lächelnd, nahm ihr die Tasse ab und half ihr dabei unter die Bettdecke zu klettern. Sie kuschelte sich ein letztes Mal in das Bett, das nicht mehr lange ihr gehören würde und schloss ihre Augen, während die Stimme ihres Bruders sie das letzte Mal in eine längst vergessene Welt führte. 

Das ernergische Klopfen an der Tür lies Jamil hochschrecken. Sein Zimmer wurde vom Sonnenlicht geflutet und er lag in seinen Alltagsklamotten und immer noch geflochtenen, aber dennoch Zerzausten Haaren auf dem Bett seiner Schwester. Von Alishba fehlte jede Spur, also war sie vermutlich schon im Bad.
Die Person vor seiner Tür hatte er völlig vergessen, bis diese einfach öffnete und sich selbst hereinlies. Als der Teenager sah wer es war, sprang er sofort aus dem Bett und nickte so höflich wie er konnte. „Guten Morgen, Baba.“
„Guten Morgen, Jamil. Ich könnte dich jetzt fragen, wieso du aussiehst, als ob ein Sandsturm dich durchgeschüttelt hat, aber deswegen bin ich nicht hier. Wo ist deine Schwester? Deine Mutter will die letzten Änderungen an ihrem Brautkleid vornehmen.“
Wenn Mr. Viper versuchte den Stolz in seiner Stimme zu verbergen, misslang ihn das gewaltig. Wie auch? Seine Tochter würde das Schubladensystem sprengen und trotz ihrem niedrigen Geburtstsrang hoch aufsteigen. Er musste ziemlich stolz sein, ungeachtet dessen wie sein Kind sich fühlte. „Ich bin selber gerade erst aufgewacht, Baba. Vielleicht ist sie ja im Bad“, antwortete Jamil gleichgültig, woraufhin sein Vater nickte. „Ja, da wird sie wohl sein. Und du solltest da vielleicht auch hin. Wenn Kalim oder irgendwer sonst seiner Familie dich so sieht, haben wir Beide ein Problem, verstanden?“ Jamil nickte. „Gut. Wir sehen uns beim Frühstück.“ Mr. Viper ging und Jamil ging rüber zu Alishbas Bett, um das erst mal wieder ordentlich zu machen, als er den Zettel auf ihrem Kopfkissen bemerkte. "Jamil, Baba und Ami" stand vorne in ihrer Handschrift drauf. Er nahm den Zettel, drehte ihn um und las was dort stand, auch wenn er mit jeder weiteren Zeile das Vertrauen in seine Augen verlor.

Die Frau des SultansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt