#9 realtalk?

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- Kapitel 9 -
Vor mir stand niemand geringer als Max, mein Vater. Immer noch liefen mir Tränen über die Wangen, jedoch wischte ich diese mir sofort weg. Meine Atmung ging auch noch so schnell wie bei einem Marathonlauf. Doch richtig atmen konnte ich nicht. Es kam mir vor, als würden sich Hände eisern an meine Kehle zusammen ziehen.

Schweratmend saß ich also da. Hilflos blickte mich mein Vater an, doch sobald seine Augen Miene trafen, wichen meine ihm aus. Bitte, kann er nicht einfach wieder verschwinden? Er hat mich viel zu verletzt gesehen. Nach dem Tod meiner Mutter, hatte ich mir geschworen nie wieder gegenüber jemanden schwäche zu zeigen.

Schwäche bedeutete gleich Verletzlichkeit. Und die Menschen lauerten nur darauf, jemanden schwaches zu zerstören. Sofort huschte eine Gänsehaut über meinen Körper.

„Liv....", hauchte Max, als befürchtete er, würde er lauter sprechen, könnte ich wieder in Panik verfallen. Doch wenn ich mal ehrlich war, er hatte recht. Jede kleinste Bewegung nahm ich von ihm ganz genau wahr. Als er dachte, es wäre alles sicher, riskierte er es und machte eine Ruckartige Bewegung auf mich zu. Wie ein aufgescheuchtes Reh gerat ich wieder in Panik und drückte mich gegen die Wand in meinem Rücken, so als hoffte ich auf die Verschmelzung uns beider.

Sofort hielt er inne. Er merkte das es keinen Sinn machte zu mir zu gelangen. Seine Arme hoben sich langsam, um mir zu signalisieren, das von ihm keine Gefahr ausgeht. Er ging mit gleicher Geschwindigkeit in die Hocke und kniete sich letztendlich auf den Boden vor mich.

„Hey Liv. Es ist alles gut. Ich bin's Max. Dein Vater.", sprach er zögerlich aus. Etwas verletzlich blickte er zu mir. Ich hatte zwar immer noch einen rasenden Pulz, doch nahm ich keine Gefahr wahr. Zumindest bis jetzt. Er lies seine Arme neben sich fallen und blickte zu Boden.

Morgen werde ich das sicherlich bereuen, doch in diesem Moment fühlte es sich einfach richtig an. Ich kroch zu Max und schlang mich um ihn. Ich erdrückte ihn ja schon fast. Max erstarrte als ich in seine Nähe suchte, doch fing sich gleich wieder und schloss seine Arme fest um mich. Wir saßen einfach nur so da. Keiner sprach etwas. Wir brauchten keine Worte. Er wusste, dass ich einfach jemanden brauchte der mich hielt. Damit ich nicht fiel. Fiel, so wie in all den letzten Jahren. Nach einer Weile hob er mich hoch und legte mich wieder in mein Bett. Sofort zog ich mir meine Decke über mich und vergrub mich in ihr. Als würde sie mich vor all den grausamen Kreaturen dort draußen bewahren. Doch ich wusste, der grausamsten Kreatur der ich in meinem Leben begegnet bin, nahm mir mein Lächeln sowie den Sinn zum Leben. Die Tränen nahmen ganz still ihren Lauf.

„Gute Nacht Liv. Wenn was ist, scheu dich nicht zu mir zu kommen. Wir sehen uns morgen früh.", verabschiedete er sich und ging zur Tür. Als seine Hand zum Lichtschalter fuhr, schrie ich ängstlich auf. Sofort schaute er mich alarmierend an. „Bitte. Kannst du das Licht anlassen..", krächzte ich. Meine Stimme war heißer vom ganzen Schreien.

Er nickte zustimmend und schloss die Tür leise hintersich.

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